Eishockey:Der Rockstar wacht zu Hause

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Zuletzt gab es für Chris DeSousa (wie hier gegen Iserlohn) häufig Grund zum Jubeln, auch wenn er am zweiten Feiertag gegen Straubing mal wieder torlos blieb. (Foto: Heike Feiner/Eibner/Imago)

Angreifer Chris DeSousa ist wieder unverzichtbar für den EHC Red Bull München - was viel mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn zu tun hat. Nur gegen die Straubing Tigers will es auch beim 33-Jährigen nicht so recht klappen.

Von Christian Bernhard

Etwas mehr als eine Minute war noch auf der Spieluhr, da tat Chris DeSousa das, was von ihm erwartet wird: Binnen weniger Sekunden gab der Angreifer des EHC Red Bull München zwei potenziell gefährliche Torschüsse ab, einen auf die Fanghandseite von Hunter Miska, den anderen flach auf den Torhüter der Straubing Tigers. Beide waren aber nicht so präzise wie von DeSousa gewünscht, Miska entschärfte sie, und die Straubinger siegten am Dienstag mit 4:2. Es war die dritte Münchner Niederlage der Saison gegen die Tigers, in der Tabelle der Deutschen Eishockey Liga (DEL) wuchs der Rückstand des Meisters auf die drittplatzierten Niederbayern auf fünf Punkte an.

Auch wenn es gegen Straubing nicht klappte: DeSousa ist wieder der EHC-Spieler, der die wichtigen Schüsse nimmt. Der Kanadier hatte zu Beginn der Saison Probleme, seinen Rhythmus zu finden, da er die ersten Saisonspiele in der Champions Hockey League (CHL) verletzt verpasste. Ende September war er zwar wieder regelmäßig dabei, traf in seinen ersten zehn DEL-Spielen aber nur einmal - für einen Scorer seiner Klasse viel zu wenig. "Für jemanden, der es gewohnt ist, regelmäßig zu treffen, ist das hart und frustriert einen natürlich", erzählte er.

"Chris ist ein Spieler, der einen freien Kopf braucht, um gut zu spielen."

Seit der Länderspielpause im November ist DeSousa aber wieder auf dem Weg zu dem DeSousa, den die DEL mittlerweile seit zweieinhalb Jahren kennt: einem verlässlichen Scorer, der "ein Näschen" für gefährliche Situationen vor dem gegnerischen Tor hat, wie Toni Söderholm es nennt. "Wie Chris jetzt spielt, das hilft uns auf jeden Fall", unterstrich der EHC-Trainer, "er hat sehr wichtige Tore für uns geschossen."

In sechs seiner vergangenen neun Spiele hat der 33-Jährige getroffen, zwei dieser Treffer waren spielentscheidende, drei die jeweils ersten im Spiel, die allesamt knappe EHC-Siege einleiteten. Mit elf Treffern führt er auch die klubinterne Torjägerliste an. "Ich habe das Gefühl, dass ich zurück bin", sagte der Kanadier nach dem 3:2-Heimsieg gegen die Iserlohn Roosters am Abend vor Heiligabend, bei dem er nicht nur das 1:0 markierte, sondern auch Patrick Hagers Überzahltor vorbereitete und den späten 3:2-Siegtreffer einleitete.

Die größte Befreiung aber erlebte er Anfang Dezember, als seine Frau sein erstes Kind zur Welt brachte. Söderholm verwies explizit auf dieses einschneidende Erlebnis im Leben DeSousas. Vieles spiele eine Rolle, ob ein Spieler mit einem freien Kopf spielen könne oder eben nicht. "Chris ist ein Spieler, der einen freien Kopf braucht, um gut zu spielen." Und dieser Kopf war in den Wochen vor der Geburt wohl nicht immer auf Eishockey fixiert, denn DeSousa erzählte von "einigen Sorgen", die es im letzten Teil der Schwangerschaft gegeben habe. "Seit der Kleine aber da ist und gesund ist, fühle mich viel befreiter." Daran ändert auch der stark verringerte Schlaf nichts - zumal sich in den Nächten vor den Spielen einzig seine Frau um das Söhnchen kümmert, damit der Profi zur Ruhe kommt. Sie sei ein "absoluter Rockstar", schwärmt DeSousa dankbar.

Gegen Iserlohn ist das Söhnchen erstmals in der Halle dabei

Das Heimspiel gegen Iserlohn wird ihm vielleicht nicht aufgrund seiner zwei Scorerpunkte in Erinnerung bleiben, sondern vielmehr deshalb, da der Sohnemann erstmals in der Eishalle war und DeSousa nach Spielende schnell zur Bank lief, wo seine Frau mit dem Kleinen auf ihn wartete. Die mentale Befreiung hat nicht nur DeSousas Leichtigkeit auf dem Eis zurückgebracht. Söderholm verweist darauf, dass der Kanadier besser zum Tor gehe und sich in der Mitte des Eises sowie im Torraum besser positioniere, was ihm mehr Torchancen ermögliche.

Das wurde gegen Iserlohn deutlich, als DeSousa innerhalb eines Wechsels gleich drei seiner gefürchteten Direktabnahmen abfeuerte. Auch gegen Straubing gab kein Münchner mehr Torschüsse ab als er (vier). Die Chemie zwischen ihm und seinen zwei Reihenkollegen Patrick Hager und Maximilian Kastner passt, alle drei agieren sehr körperlich und sind für den Gegner unangenehm zu spielen. Diese Reihenkonstellation war bereits in den letztjährigen Playoffs ein Faktor, als die Münchner in DeSousas erstem Jahr an der Isar den Meistertitel holten.

Was die Klubverantwortlichen noch hoffnungsvoller stimmen dürfte, ist das Wissen, dass DeSousa mit seiner körperlichen und unangenehmen Spielweise einer jener Spieler ist, die in den Playoffs meist noch einmal wichtiger werden. Das war auch einer der Hauptgründe, warum EHC-Manager Christian Winkler ihn im Sommer 2022 aus Wolfsburg geholt hatte. DeSousa habe in seinen letzten Playoffs für Wolfsburg gegen die Münchner ein paar Checks gefahren, "bei denen es mich geschüttelt hat", sagte Winkler. So einen, der für das "ungemütlichere Element" stehe, habe man gerne in der eigenen Mannschaft, der könne "eine Message senden". Söderholms Einschätzung der Leistungsfähigkeit von DeSousa ("Da ist auch noch Luft nach oben") kann also durchaus als Warnung an die Konkurrenz verstanden werden.

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