Domenico Scala bei der Fifa:Blatters Vertrauter im Schlamassel

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Hat nun eine wichtige Rolle bei der Fifa: Domenico Scala (Foto: Ennio Leanza/dpa)

Domenico Scala agierte stets im Hintergrund der Fifa, nun soll er innerhalb von nur wenigen Monaten einen Wandel im Fußball-Weltverband herbeiführen. Ist er dafür der Richtige?

Von Lisa Sonnabend

Als Sepp Blatter bei seinem kaum für möglich gehaltenen Auftritt am Dienstag das Feld geräumt hatte, baute sich ein großer, kräftiger Mann mit gestreifter Krawatte vor dem Pressepult des Fifa-Stammhauses auf. Domenico Scala, der jahrelang im Hintergrund des Fußball-Weltverbandes gewerkelt hatte, stand plötzlich im Mittelpunkt. Der eben zurückgetretene Blatter präsentierte den 50-jährigen Scala als denjenigen, der bis zur Wahl eines neuen Präsidenten die Geschäfte bei der Fifa übernehmen soll.

"Jetzt ist es an der Zeit für die Fifa, nach vorne zu gehen", sprach Scala ins Mikrofon. "Es ist erhebliche Arbeit zu verrichten, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen und das Ansehen der Fifa - wie es die Menschen sehen - fundamental zu reformieren." Es waren bedeutsame Worte, doch wird Scala ihnen auch Tatkräftiges folgen lassen? Daran gibt es Zweifel.

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Mehrere Monate lang wird Scala nun die Fäden im Weltfußball ziehen, bis beim nächsten Kongress der neue Präsident gewählt wird. Blatter ist zwar weiterhin offiziell der Chef, doch seine Kompetenzen führt nun ein anderer aus. Der Schweizer wählte Scala aus, weil er ihn der Öffentlichkeit als Reformer präsentieren kann. Aber auch weil er ein Vertrauter von ihm ist.

Scala, der die italienische und Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, ist keiner, der früher als Fußballer Erfolge feierte, sein Spielfeld ist die Wirtschaft. Er arbeitete bei Pharma-Unternehmen, war Finanzchef bei einem Agrarkonzern und Geschäftsführer der Firma Nobel Biocare, die sich auf Zahnimplantate spezialisiert. 2004 wurde Scala sogar vom World Economic Forum zum "Young Global Leader" gewählt.

Fußballfan Scala kam 2012 zur Fifa und wurde Chef der Fifa-Compliance-Kommission, die die Aufgabe hat, die Finanzen des Verbandes zu überwachen. Vergangene Woche beim Kongress in Zürich hielt Scala einen langen Vortrag, indem viele beeindruckend hohe Zahlen vorkamen. Ein Finanzexperte soll nun also die von einem Korruptionsskandal erschütterte Fifa aus dem Schlamassel führen.

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Mit Personen wie Scala rühmt sich die Fifa gern für ihren Aufklärungswillen. Doch als großer Reformer ist Scala bislang nicht in Erscheinung getreten und so unabhängig, wie Scala von der Fifa dargestellt wird, ist er wohl nicht. Im November wurde Scala die Aufgabe zuteil, zu bewerten, in welchem Umfang der Bericht von Michael Garcia zur WM-Vergabe 2018 und 2022 für das Exekutivkomitee öffentlich gemacht werden soll. Der Untersucher fand keinen Grund zur Kritik an der Fifa. Einen Monat später trat Garcia entnervt zurück.

Nun soll Scala einen raschen Wandel der Fifa organisieren und gleichzeitig Blatters Willen fortführen. Es wird um Fragen gehen wie diese: Werden Gehälter und Boni offengelegt? Wird eine Beschränkung der Amtszeit auf acht Jahre eingeführt? Eine Altersgrenze für Funktionäre? Wird die Integrität von Fifa-Funktionären künftig durch externe Personen überprüft? Dies fordern Anti-Korruptionsexperten wie Sylvia Schenk von Transparency International (TI).

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Ob die Fifa in den kommenden Monaten tatsächlich den Willen zur radikalen Veränderung aufbringen wird? Ob der Geldspezi Scala die richtige Person dafür ist? Bislang ist der Fußball-Weltverband ja vor allem dadurch aufgefallen, Reformen zu verhindern.

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