Fußball:Fans feiern geplatzten Investoren-Einstieg

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An den vergangenen Bundesliga-Spieltagen hatte es dutzende Protestaktionen in den Stadien gegeben. (Foto: David Inderlied/dpa)

Der Dachverband "Unsere Kurve" spricht von einem "guten Tag für Deutschlands Fußball-Fans". Die massiven Proteste seien "der Schlüssel zum Erfolg gewesen".

Der Sprecher des Fan-Dachverbandes "Unsere Kurve", Thomas Kessen, wertet den gestoppten Investoren-Einstieg bei der Deutschen Fußball Liga als einen "großen Erfolg für alle aktiven Fußball-Fans und alle Mitglieder der Vereine". Dem Sportinformationsdienst sagte Kessen, die "umfassenden, aber sehr friedlichen und sehr kreativen Proteste" seien "der Schlüssel zum Erfolg gewesen". Dieser zeige, "dass der deutsche Fußball mitgliederbasiert und demokratisch ist und dass eben diese Mitglieder bei solch richtungsweisenden Entscheidungen mitgenommen werden müssen". Kessen sprach von einem "guten Tag für Deutschlands Fußball-Fans".

Zuvor hatte die DFL mitgeteilt, dass sie die Verhandlungen zum Abschluss über den geplanten Milliarden-Deal nicht mehr fortführen wird. "Eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht mehr möglich", sagte Hans-Joachim Watzke, Sprecher des DFL-Präsidiums. Die Liga wollte für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen von einem Finanzinvestor eine Milliarde Euro erhalten. Ein derartiges Modell soll es nicht mehr geben. "Dieser Prozess ist ad acta gelegt. Wir müssen mal ganz neu anfangen", sagte Watzke auch mit dem Blick auf eine bessere Auslandsvermarktung der Liga.

"Das DFL-Präsidium steht einmütig zur 50+1-Regel"

Bei der Abstimmung der 36 Proficlubs über den Investoren-Einstieg war im Dezember des vergangenen Jahres die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nur äußert knapp zustande gekommen. Aufgrund der umstrittenen Rolle von Hannover-96-Geschäftsführer Martin Kind steht der Verdacht im Raum, dass es bei dem Votum einen Verstoß gegen die 50+1-Regel gegeben haben könnte, die den Einfluss externer Geldgeber bei den Clubs der 1. und 2. Liga begrenzen soll.

Der Mutterverein Hannover 96 hatte den Geschäftsführer Martin Kind angewiesen, mit "Nein" zu stimmen. Es gibt erhebliche Zweifel daran, ob Kind das getan hat. Er selbst hat sich nicht zu seinem Stimmverhalten geäußert, die Wahl war geheim.

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:Ach wie gut, dass niemand weiß ...

... wie Martin Kind bei der Wahl zum Investorendeal der Fußballbundesliga votiert hat. Hannover 96 wies ihn an, mit "Nein" zu stimmen, doch Kind kann das egal sein. Wie wohl erst die Aushöhlung der 50+1-Regel der DFL ihren Investor beschert hat - eine Rekonstruktion.

Von Philipp Schneider

Auch Watzke ging auf die besondere Rolle von Kind ein. Es dürfe "nicht verkannt werden, dass es diesem Votum aufgrund der Vorgänge um Hannover 96 an breiter Akzeptanz fehlt. Darüber hinwegzugehen, darf vor dem Hintergrund des hohen Guts, das wir mit der 50+1-Regel in unseren Händen halten, nicht unser Ansatz sein. Das DFL-Präsidium steht einmütig zur 50+1-Regel."

Im Anschluss an das umstrittene Votum der Vereine hatten insbesondere die organisierten Fanszenen wochenlang gegen den Einstieg eines Investors protestiert. Etliche Spiele in den nationalen Top-Ligen hatten in den vergangenen Wochen unterbrochen werden müssen, weil Fans unter anderem Tennisbälle und Schoko-Goldtaler aufs Spielfeld warfen.

Das Bündnis Faszination Fankurve stellte fest, die Proteste seien nun von Erfolg gekrönt. Die Bürgerbewegung Finanzwende, die zuletzt eine Petition gestartet hatte, sprach von einer guten Nachricht für alle Fußball-Fans. "Öffentlicher Druck aus der Zivilgesellschaft kann auch das ganz große Geld aufhalten. Für uns ist das ein Anlass zur Freude", sagte Geschäftsführer Daniel Mittler in einer Stellungnahme.

VfB Stuttgart begrüßt "nachvollziehbare Entscheidung"

Es gebe "eine große Mehrheit für die unternehmerische Notwendigkeit der strategischen Partnerschaft", wurde Watzke zitiert. Jedoch stehe der deutsche Profifußball "inmitten einer Zerreißprobe, die nicht nur innerhalb des Ligaverbands zwischen den Klubs, sondern teilweise auch innerhalb der Klubs zwischen Profis, Trainern, Klubverantwortlichen, Aufsichtsgremien, Mitgliederversammlungen und Fangemeinschaften für große Auseinandersetzungen sorgt". Mit zunehmender Vehemenz gefährdeten diese "den Spielbetrieb, konkrete Spielverläufe und damit die Integrität des Wettbewerbs". In Anbetracht der Umstände könne die Tragfähigkeit eines erfolgreichen Vertragsabschlusses im Sinne der Finanzierung der 36 Klubs nicht mehr sichergestellt werden.

Der VfB Stuttgart begrüßte "diese nachvollziehbare Entscheidung des DFL-Präsidiums, die uns allen, die wir den Fußball lieben, wieder zusammenkommen lässt". Geschäftsführer Thomas Herrich von Zweitligist Hertha BSC nannte den Schritt in der Gesamtsituation die richtige Entscheidung. Maßgeblich werde nun sein, wie sich die DFL und ihre Clubs künftig ausrichten würden und welche langfristigen Zielsetzungen vereinbart würden, die die Ligen nachhaltig stärken können.

© SZ/SID/dpa/jael/schm/fse/saul - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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