DFB-Team gegen die USA:Härtetest beim härtesten Gegner

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In diesem Sommer geht es für Jule Brand (links) und das deutsche Nationalteam nach Australien und Neuseeland - in vier Jahren möchte der DFB die Weltmeisterschaft gerne nach Deutschland holen. (Foto: Robert Michael/dpa)

Die deutschen Fußballerinnen reisen in die USA und treten innerhalb von drei Tagen gleich zweimal gegen den Weltmeister an. Auch deutsche Nationalspielerinnen sehen in den Größen des US-Teams noch Vorbilder.

Von Frank Hellmann

Vom goldenen Herbst in Deutschland an die sonnige Küste von Florida: Es hätte schlechtere Orte für eine Aktivierungseinheit gegeben, als sich barfuß am Strand von Miami die ersten Bälle zuzuspielen. Unter dem Motto "Beach vibes" posteten die DFB-Frauen in den Sozialen Medien nach der Ankunft eine Bilderserie, die den Eindruck von viel Spaß vermittelte. Eine positive Grundstimmung braucht es nämlich, wenn die deutschen Fußballerinnen mitten in der heißen Phase von Bundesliga und Champions League gleich zweimal binnen drei Tagen beim Weltmeister USA antreten. Die Duelle am Freitag (1 Uhr/zdf.de) in Fort Lauderdale und am Sonntag (23 Uhr/sportschau.de) in Harrison/New Jersey sollen auch ohne etliche Stammkräfte Erkenntnisse über Wettkampfhärte und Widerstandskraft bringen.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg spricht ungeachtet vom Jetlag von zwei "coolen Spielen", nachdem die 54-Jährige im Nachgang des stimmungsvollen Länderspiels gegen Frankreich (2:1) noch deutliche Kritik an der lange vorher fixierten Abmachung geübt hatte. Es sei "nicht der beste Zeitpunkt, noch mal so weit zu reisen", sagte sie vor einem Monat in Dresden und erinnerte an "eine vertragliche Verpflichtung", die man gerne geändert hätte. Inzwischen hört sich das etwas anders an, schließlich sei es zwischen den Verbänden "ein Geben und Nehmen, und vielleicht haben wir noch ein Heimspiel in Deutschland gegen die USA". Fraglos gibt es keinen prominenteren Prüfstein als den vierfachen Weltmeister, der unter dem 2019 für die zurückgetretene Jill Ellis installierten Nationaltrainer Vlatko Andonovski zuletzt aber seine Testspiele in England (1:2) und Spanien (0:2) verlor. "Wir freuen uns auf zwei tolle Spiele in zwei tollen Stadien", beteuert Voss-Tecklenburg. "Sportlich ist es sehr interessant: Wir haben lange nicht gegen die USA gespielt."

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Von Frank Hellmann

Die jüngsten Vergleiche fanden vor ihrem Amtsantritt im Rahmen des SheBelieves Cup statt: Deutschland verlor von 2016 bis 2018 alle drei Duelle beim Ausrichter. Ausbaufähig ist die Bilanz gegen die US-Fußballerinnen allemal: In 35 Vergleichen gab es nur vier deutsche Siege, der letzte war ein Höhepunkt der vor 40 Jahren begonnenen Länderspielgeschichte der deutschen Frauen: Der 3:0-Triumph im WM-Halbfinale 2003 beim Gastgeber USA gilt bis heute als ein Meisterstück der Generation um Birgit Prinz, Maren Meinert und Renate Lingor.

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Die heutigen Nationalspielerinnen ticken ein bisschen anders, sind weltoffener und wissbegieriger und unternehmen allerlei Anstrengungen, um die bei der EM in England aufgekommene Begeisterung ums Team auch bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland zu entfachen. "Das ist für uns die nächste Riesenchance", sagt Laura Freigang, 24, die deutlich hörbar auf mehr Spielanteile im DFB-Team drängt. Frankfurts Torjägerin hat von 2016 bis 2018 an der Pennsylvania State University studiert, aber noch nie gegen die USA gespielt, "jetzt möchte ich zeigen, dass ich gut drauf bin."

Jule Brand, 20, die erstmals in ihrem Leben überhaupt über den Atlantik geflogen ist, reizen die Duelle gegen die weit über den Sport strahlenden Größen wie Megan Rapinoe, 37, und Alex Morgan, 33. Die Neu-Wolfsburgerin bezeichnete die beiden Spielerinnen sogar als "Vorbilder". Auch für Linda Dallmann, 28, lohnt es sich, "so eine lange Reise auf sich zu nehmen". Denn: "Man kann nicht alltäglich gegen die USA spielen. Das ist ein Gegner, wo man weiß, dass sie physisch extrem weit sind", meint die Münchnerin. Voss-Tecklenburg hat angekündigt, möglichst vielen Spielerinnen ausreichend Einsatzzeit zu gönnen.

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Körperliche Robustheit, sagt Voss-Tecklenburg, werde wichtiger denn je. Dass zwei Härtetests zwischen Weltmeister und dem EM-Zweiten selbst zu später Stunde nur im Livestream der Öffentlich-Rechtlichen laufen, wollte die Bundestrainerin kürzlich übrigens nicht näher kommentieren. "Ich richte meinen Fokus auf die sportlichen Belange", erklärte die nebenbei als ZDF-Expertin arbeitende Cheftrainerin, die hinter den Kulissen aber ihr Unverständnis angebracht haben soll.

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