Stuttgarter Pokalerfolg in Nürnberg:Schlag auf Schlag ins Halbfinale

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Den Ball mitten ins Herz des Clubs gelupft: Enzo Millot (links) überwindet Nürnbergs Torwart Peter Vindahl Jensen und schießt den VfB Stuttgart ins Pokal-Halbfinale. (Foto: Wolfgang Zink/Imago)

In der ersten Partie unter Trainer Sebastian Hoeneß zieht der VfB Stuttgart durch ein 1:0 beim Club ins Semifinale des DFB-Pokals ein. Nach der Pause zeigen die Schwaben sogar, warum sie noch in der ersten Liga spielen.

Von Sebastian Leisgang, Nürnberg

Das wäre doch ein interessantes Experiment gewesen. Alexander Wehrle, nur mal so als kleines Gedankenspiel, hätte es Dieter Hecking ja gleichtun und sich nach all den verunglückten Personalentscheidungen der vergangenen Monate selbst an die Seitenlinie des VfB Stuttgart stellen können. Wie wäre das wohl gewesen? Hätte Wehrle einen Anzug getragen, wie er es sonst als Vorstandsvorsitzender immer tut? Oder hätte er sich einen Trainingsanzug übergezogen und sich eine schwarze Kappe aufgesetzt, wie es Sebastian Hoeneß am Mittwochabend im Nürnberger Max-Morlock-Stadion tat? Interessant wäre das ja schon, aber gut, man wird's vermutlich nie erfahren.

In Stuttgart können sie es sich nicht mehr leisten, abwegige oder auch weniger abwegige Experimente zu wagen - schließlich hat es der VfB mittlerweile sogar geschafft, sich in der Tabelle der Bundesliga hinter hinter einem Verein namens FC Schalke 04 einzureihen. Den Schwaben droht der dritte Abstieg in nur sieben Jahren, seit Mittwochabend und dem 1:0-Erfolg beim 1. FC Nürnberg sind sie beim VfB aber wieder optimistisch, dass nun bessere Zeiten anbrechen. Überzeugend war der Stuttgarter Auftritt zwar nur in der zweiten Hälfte, Hoeneß ist das allerdings nicht anzulasten.

Er hatte ja erst am Tag vor dem Spiel neben Wehrle Platz genommen, um der Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. "Es ging alles Schlag auf Schlag", sagte Hoeneß nach seinem Einstand am Mittwochabend und betonte: "Wichtig war, die Mannschaft nicht zu überladen. Die Abläufe gegen den Ball mussten natürlich klar sein, mit Ball haben wir relativ wenig gemacht, außer mit einer kleinen Gruppe die Positionierungen durchgegangen."

Bloß nicht überfrachten: Stuttgarts neuer Trainer Sebastian Hoeneß ging sparsam mit Hinweisen um. (Foto: Daniel Marr/Sportfoto Zink / Imago)

Hoeneß, 40, ist bereits der 18. VfB-Trainer in den vergangenen zehn Jahren - eine Zahl, bei der man eigentlich nicht mehr umhinkommt, als sich die Geschäftsräume des Klubs wie ein Labor vorzustellen: dass da also ein gesetzter Mann mit grauen Haaren und weißem Kittel unter Röhrenlicht ein paar Substanzen in einem Reagenzglas vermengt und verrührt, im Grunde aber selbst nicht so genau weiß, was er da eigentlich macht. Hauptsache, es knallt am Ende. In den vergangenen Jahren hat es in Stuttgart gleich mehrere Männer gegeben, die vermengt und verrührt haben. Und nun ist es also an Hoeneß, die Mannschaft nach dem lauten Knall um Bruno Labbadia vor dem Abstieg aus der Bundesliga zu bewahren.

Am Mittwochabend genügte ihm schon ein 45-Minuten-Eindruck unter Wettkampfbedingungen, um seiner Mannschaft ein paar zielführende Anweisungen an den Fuß zu geben. Die erste Hälfte war ohne eine einzige Torchance verstrichen, weil es der VfB bei all seinen Bemühungen nicht verstanden hatte, die Nürnberger Abwehr auszuhebeln, doch dann brachte Stuttgart den Zweitligisten gleich mehrmals in Verlegenheit. Erst hatte Luca Pfeiffer aus fünf Metern das 1:0 auf dem Fuß, schoss den Ball aber in den Nürnberger Abendhimmel - dann näherte sich der eingewechselte Serhou Guirassy gleich zwei Mal an, fand seinen Meister allerdings in Vindahl Jensen. "Wir haben eine erste Halbzeit gesehen, die aus unserer Sicht durchwachsen war, aber das war auch die Erwartung. Die zweite Halbzeit war dann deutlich besser, weil wir viel mehr vorne reingekommen sind", sagte Hoeneß nach dem Spiel.

Enzo Millot hatte den Bann sieben Minuten vor dem Ende doch noch gebrochen und das entscheidende Tor erzielt. Ein Anfang ist also gemacht nach dem erneuten Trainerwechsel, nun widmet sich der VfB der Rettungsmission in der Bundesliga. Mit dem Namen Hoeneß verbindet man ja ohnehin auch all die Wohltaten der vergangenen Jahre. Uli Hoeneß hat schon mehreren Vereinen mit einem sogenannten Retterspiel unter die Arme gegriffen, nun wird sein Neffe mehr als nur ein Retterspiel meistern müssen, um den VfB in der Bundesliga zu halten.

Wenn aber selbst ein Künstler wie Tiago Tomas an der Außenlinie grätscht, um einen Befreiungsschlag zu blocken - ist das dann nicht ein gutes Zeichen? Bestimmt. Mit solchen Experimenten könnte der VfB tatsächlich noch die Klasse halten.

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