Die Fußballtrainergattin Truus van Gaal wird das Wochenende auf ewig als Tiefpunkt ihrer Karriere in Erinnerung behalten. Das hat nichts mit dem 0:0 des FC Bayern beim HSV zu tun, das ihr Gatte als Trainer verantwortete; an dieses laue Spiel kann sich ja längst niemand mehr erinnern.
Vielmehr kassierte Feyenoord Rotterdam, der Heimatverein von Frau van Gaal, ein apokalyptisches 0:10 beim PSV Eindhoven. Bis zum 0:6 hat sie daheim vorm Fernseher mitgelitten, dann empfahl der Ehemann, ganz uneigennützig natürlich, den Kanal zu wechseln. "Dann hab' ich mir Dortmund gegen Hoffenheim angeschaut", erzählt Louis van Gaal, "zum Glück für meine Frau."
Mit der Wahl des Alternativprogramms hat van Gaal einerseits verraten, welchen der aktuellen Topteams er zurzeit als Rivalen besonders ernst nimmt; andererseits zeugte die vorausgegangene Duldung, ein Spiel der niederländischen Ehrendivision dem Kampf um die Bundesliga-Spitze vorziehen zu dürfen, nicht nur von erstaunlicher Toleranz. Sondern auch von jener Gelassenheit, welche die Bayern trotz ihrer recht unbefriedigenden Lage vorleben. "Wir haben mit dieser Mannschaft in drei Spielen sieben Punkte geholt, Louis van Gaal ist froh über sie", lobt Louis van Gaal sein Rumpfteam und fügt fidel hinzu: "Ich bin in guter Verfassung."
Das könnte sich rasch ändern, sollten die Bayern am Dienstag gegen Werder Bremen erstmals seit 19 Jahren (2:4 gegen den FC Homburg) wieder ein Heimspiel im DFB-Pokal verlieren. Van Gaal wertet die Neuauflage des letzten Finals (4:0) nicht nur als erstes "Tod-oder-Gladiolen-Spiel" der Saison. Er erhofft sich zudem von einem Erfolg in diesem Prestigeduell den Beginn einer schönen Zeit und das Ende der Periode aus Krankmeldungen und miesen Resultaten.
"Wenn wir diese Situation überleben und dann auch in der Bundesliga auf sechs oder acht Punkte zur Spitze aufschließen", sagt er mit Blick auf die nächsten Aufgaben in Freiburg, Gladbach und Nürnberg, "dann haben wir noch alle Optionen offen. Wir haben dann sogar immer noch die Möglichkeit, alles zu gewinnen, und das ist phantastisch!"
Einstweilen leben seine Visionen im Konjunktiv, wie auch die personellen Pläne. Van Buyten kehre zwar gegen Werder in den Kader zurück, meldet van Gaal, Klose dagegen wohl noch nicht: Der Faserriss sei auskuriert, dafür aber eine Erkältung eingetroffen. Somit bliebe Gomez als Spitze gesetzt, es sei denn, van Gaal überrascht mit Olic' Nominierung. Sicher sei nur das Fehlen van Bommels auch noch am Freitag gegen Freiburg, erklärt van Gaal. Sein Kapitän ist wohl dennoch obenauf: Van Bommels Heimklub ist die PSV.
DFB-Pokal: FC Bayern - Werder Bremen:Von Kutzop bis Ribéry
Verschossene Elfmeter, überlupfte Torleute - und ein 2:5 ausgerechnet zur Wiesn-Zeit: Diese zehn Duelle zwischen dem FC Bayern und Werder Bremen werden die Anhänger beider Klubs niemals vergessen.
Tim Wiese ist nicht dabei am heutigen Dienstagabend, wenn Werder Bremen versucht, beim FC Bayern in der zweiten Hauptrunde des DFB-Pokals Revanche zu nehmen für das 0:4 im Berliner Cup-Finale im Mai. Das wirkt auf den ersten Blick wie eine extreme Schwächung, denn wann immer die oft brüchige Werder-Abwehr unter Druck stand, hat der Nationalkeeper Nummer zwei noch manches ausgebügelt.
Dass sich die Bremer trotzdem nicht als potenzieller Verlierer auf den Weg gemacht haben, hat mit Wieses Stellvertreter Nummer zwei zu tun. Christian Vander, Ersatzmann Nummer eins, ist ja ebenfalls verletzt. Und der 21 Jahre alte Sebastian Mielitz war, nachdem sich Wiese am Dienstag vor einer Woche beim Champions-League-Spiel beim FC Twente Enschede (1:1) am Knie verletzte, in einer Weise eingesprungen, dass daraus kein Qualitätsverlust entstand.
Erst in Twente, dann am Wochenende beim 4:1 in Mönchengladbach, wo der Stammtorhüter des U23-Teams Werders klaren Sieg sicherte. Mielitz war bei etlichen Borussia-Chancen derart präsent, dass das Fachblatt Kicker ihn in die "Elf des Tages" wählte. "Das kann man fast nicht besser spielen", urt
eilte Werder-Boss Klaus Allofs, "für mich ist er schon jetzt ein guter Bundesliga-Torwart." Das frisch gewonnene Selbstvertrauen hat der im brandenburgischen Oranienburg aufgewachsene Profi, der als B-Jugendlicher nach Bremen kam, sofort auf die nächste Partie übertragen. Natürlich träume man als Junge davon, mal gegen die Bayern zu spielen, sagte er erst bescheiden, um dann aber sofort beherzt nachzuschieben: "Wir können mit breiter Brust nach München fahren, wir können da auch gewinnen."
Sebastian Mielitz hat seinen Auftritt in Gladbach am nächsten Tag noch ein paar Mal im Fernsehen angeschaut, er habe diesen Tag "ein bisschen genossen", sagt er. Doch nicht nur Werders Torwarttrainer Michael Kraft ist sicher, dass der "schlaue und lerngierige" Keeper nicht abheben wird. Obwohl der Kollege Per Mertesacker dem derzeitigen Stammtorwart auch eine Warnung mit auf den Weg gab. Dieser habe tatsächlich einen "tollen Job" gemacht, aber er sei so spät in die Kabine gekommen, weil alle etwas von ihm wollten: "Er muss das schnell verarbeiten und sollte nicht gleich sein ganzes Pulver verschießen."
Eine weitere Spitzenleistung wird beim FC Bayern nötig sein, denn auch in Gladbach habe sich die Abwehr oft "naiv" angestellt, befand Allofs. Kapitän Torsten Frings sagte es so: "Bayern ist eine andere Hausnummer. Da dürfen wir uns nicht solche Fehler wie in Gladbach erlauben."