Deutsche Nationalelf:Löw soll bleiben - egal, was passiert

Lesezeit: 2 min

  • Bundestrainer Löw muss trotz des möglichen Abstiegs aus der Nations League nicht fürchten, dass er seinen Job verliert.
  • Beim DFB ist man überzeugt vom Reformwillen des Bundestrainers.
  • Ein Szenario für den Fall weiterer Niederlagen gibt es jedoch nicht.

Von Philipp Selldorf, Leipzig

Als Joachim Löw vor ein paar Wochen in Amsterdam unter dem Eindruck der 0:3-Niederlage gegen die Niederlande gefragt wurde, wie es um seine Arbeitsstelle stehe, gab er eine Antwort, wie sie vor ihm schon Hunderte, Tausende Fußball-Trainer bei ähnlichen Gelegenheiten gegeben hatten: Er verwies auf die Entscheidungsgewalt seiner Vorgesetzten. Die Zuhörer waren anschließend einig, dass Löw nun wie ein gewöhnlicher Klubcoach den Tücken des Abstiegskampfes und der Laune des Präsidenten ausgeliefert sei.

Faktisch hat sich vier Wochen später daran nichts geändert, abgesehen davon, dass der DFB-Präsident Reinhard Grindel ja nicht allein über den Bundestrainer entscheidet. Löw könnte mit seiner Mannschaft schon am Freitag in die zweite europäische Liga absteigen, falls die Niederländer ihr Nations-League-Heimspiel gegen Frankreich gewinnen sollten. Gäbe es beim Wiedersehen mit den Niederlanden am Montag in Gelsenkirchen keinen Sieg, wäre das Schicksal ebenfalls besiegelt. Deutschland nicht mehr erstklassig - das würde fast den Sturz des Hamburger SV übertreffen, denn dieser war ja schon in der ersten Liga seit Längerem zweitklassig.

Deutsche Nationalmannschaft
:Joachim Löw muss etwas beweisen

Mit neuem Personal will der Bundestrainer zum Jahresabschluss für positive Stimmung sorgen. Der Abschied von den alten WM-Helden vollzieht sich schleichend.

Von Sebastian Fischer

Allerdings hätte der HSV Löw im Laufe dieses von Misserfolgen geprägten Länderspieljahres schon längst entlassen und mit einer stattlichen Abfindung ausgestattet. Auch beim DFB hatte man im Sommer den Vorsatz gefasst, auf Misserfolg rigoros zu reagieren. Zwar waren die Herren im Präsidium erst mal froh, dass Löw zugesagt hatte, seine Arbeit fortzusetzen. Doch wussten sie auch, dass nach dem Scheitern bei der WM große Teile des Fußballvolkes anders dachten.

Ein Szenario für den Fall weiterer Niederlagen gibt es nicht

Mittlerweile ist keine Rede mehr davon, Löw zu entlassen. Die Spitzenvertreter von DFB und DFL sind einig, dem Bundestrainer auch dann nicht das Mandat zu entziehen, wenn dessen Team in der Nations League in die nächsttiefere Etage verbannt werden sollte. Einerseits weil der neue Uefa-Bewerb wenig emotionale Wirkung besitzt, andererseits weil man überzeugt ist vom Reformwillen des Bundestrainers.

Das 0:3 in Amsterdam habe Löw die Augen geöffnet, dass er den Umbruch heftiger forcieren müsse, als er ihn im September begonnen hatte, heißt es beim DFB und bei der DFL. Der Weltmeister Jérôme Boateng, 30, hat das bereits zu spüren bekommen, er erhielt keine Einladung zu den Länderspielen; auch seinem Klubkameraden Thomas Müller, 29, droht der Bedeutungsverlust im Nationalteam. Löws Vorgesetzte sind trotzdem gespannt, wie sich die Auswahl in den letzten beiden Partien des verflixten Länderspieljahres 2018 schlagen wird. Ein Szenario für den Fall weiterer Niederlagen gibt es jedoch nicht.

Die Resultate sind nicht unwichtig, aber auch nicht entscheidend. Die Verbandsverantwortlichen sind entschlossen, bis zur EM 2020 mit Löw weiterzuarbeiten, die Vertreter der Bundesliga unterstützen diesen Plan. Löw selbst gab sich am Mittwoch in Leipzig gelassen. Auf die Frage, wie er mit einem möglichen Abstieg umgehen würde, erwiderte er: "Wenn wir absteigen, müssen wir es einfach so hinnehmen. Dann spielen wir eben in einer anderen Gruppe unten dran." Offenbar hält er eine Relegation nicht für schändlich. "Für ein Turnier" - eine EM oder WM - "ist das nicht so entscheidend", betonte der Bundestrainer.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMarco Reus im Interview
:"Wirklich gezweifelt habe ich nie"

BVB-Kapitän Marco Reus erzählt, warum er seinem Körper trotz zahlreicher Verletzungen immer vertraut hat - und erklärt, wie er beim DFB die Position von Mesut Özil übernehmen will.

Interview von Christof Kneer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: