Nationalmannschaft:Löw meldet seine Wunschbesetzung

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Muss diesmal niemanden enttäuschen: Bundestrainer Joachim Löw zieht mit 26 statt sonst 23 Spielern in das EM-Turnier. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Vor vergangenen Turnieren musste der Bundestrainer noch Spieler aus seinem EM-Kader streichen - diesmal bleiben die Tränen aus. Auf Kroos und Goretzka muss er im ersten Testspiel gegen Dänemark aber noch verzichten.

Von Philipp Selldorf, Seefeld

In früheren Jahren waren die Meldetermine im Trainingslager der Nationalmannschaft nicht nur Grundlage für ein beliebtes Gesellschaftsspiel ("wer muss nach Hause fahren?"), sondern auch Anlass für nervöse Stimmung im Teamhotel. Bis der Bundestrainer am Stichtag der Nominierung seinen vorläufigen zum endgültigen Kader zusammengestrichen hatte, ging es im DFB-Quartier meist zu wie in einem dieser Klassiker von Edgar Wallace, in dem einer nach dem anderen dran glauben muss: Dass es Hauptdarsteller wie Joachim Fuchsberger und Eddie Arent (respektive Manuel Neuer oder Miroslav Klose) nicht treffen würde, das war klar - umso größer war dann die Unruhe in der zweiten und dritten Reihe der Nationalspieler.

Alle zwei Jahre gab es also bittere Gesichter und versteckte Tränen, wenn hoffnungsvoll in den Turniersommer gestartete Menschen wie Patrick Helmes, Marko Marin und Karim Bellarabi doch noch nach Hause fahren mussten. Dem Chefcoach Joachim Löw fiel die Aufgabe zu, den enttäuschten Seelen Linderung zu verschaffen. Aber ob sich zum Beispiel Jermaine Jones wirklich getröstet fühlte, als er 2008 auf Mallorca hörte, seine Ausmusterung sei das Ergebnis einer "Millimeter-Entscheidung" gewesen?

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Dieser sei "der beste" Innenverteidiger der vergangenen Saison gewesen, urteilt Schweinsteiger. Jan-Lennard Struff überrascht bei den French Open - auch Nadal und Djokovic sind weiter.

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Sogar Löw selbst hat an diesen Prozeduren gelitten, wie er nun in einem Zeit-Interview berichtete: "Natürlich berührt mich das, sehr sogar. Manchmal liege ich nachts wach. Ich bin doch auch ein Mensch." Dass er sich nicht grundlos mit schweren Gedanken geplagt hat, das hat ihm jetzt Leroy Sané bestätigt, als dieser erzählte, seine überraschende Ausbootung vor der Weltmeisterschaft 2018 sei das bislang schlimmste Erlebnis seiner Karriere gewesen - schlimmer sogar als der ein paar Monate später erlittene Kreuzbandriss.

Thomas Müller sei auf der "Motivationsebene sehr vorreitend", sagt Serge Gnabry

Vor seiner letzten Mission als Bundestrainer hat die Uefa dem Fußball-Lehrer nun die ärgsten Sorgen abgenommen. Der Europa-Verband erlaubt wegen der besonderen Beschwernisse in der Corona-Saison 26 statt der üblichen 23 Mitglieder des Kaders, Löw brauchte niemanden zu enttäuschen, bevor er am Dienstag sein Team melden ließ. "An den Namen hat sich nichts geändert", sprach Pressechef Jens Grittner am Dienstag einen bedeutsamen Satz gelassen aus. Die Übermittlung der 26 Namen war dennoch mehr als ein bloßer Verwaltungsakt: Die Aufnahme der immer wieder bezweifelten Leon Goretzka (Muskelverletzung) und Toni Kroos (Corona-Infektion) in den Teilnehmerkreis zeigt an, dass Deutschland in der gewünschten Besetzung ins Turnier gehen kann.

Für einen Einsatz beim ersten der zwei Testspiele während der kurzen Vorbereitung wird es aber weder bei Kroos noch bei Goretzka reichen. Beide sollen schonend in den Betrieb integriert werden, dringend vermisst werden sie ohnehin noch nicht. Die Partie gegen Dänemark am Mittwochabend im nahegelegenen Innsbruck steht im Zeichen zweier Rückkehrer: Sowohl Mats Hummels als auch Thomas Müller sind Anwärter auf Plätze in der Startelf. Mancher Mitspieler weiß bereits von der umfassenden Präsenz der beiden alten Herren zu berichten: Schon jetzt sei Müller "auf Motivationsebene sehr vorreitend", erzählte dessen Vereinskollege Serge Gnabry.

Der Trainerstab des DFB möchte gern sehen, dass gegen Dänemark schon etwas vom Wettkampfgeist zu sehen ist, den die Nationalelf bei der EM benötigen wird. Man werde das Team entsprechend "sensibilisieren", so Co-Trainer Marcus Sorg, "trotzdem bleibt es ein Vorbereitungsspiel, es sollen so viele Spieler wie möglich spielen". Am Mittwochabend geht es also erst einmal nur ums Einspielen und darum, einen ordentlichen Eindruck zu machen. Zumindest muss sich kein Spieler in letzter Sekunde noch hervortun, damit er doch noch mitfahren darf.

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