DFB-Elf in der EM-Qualifikation:Spannend ist, was sich im Team entwickelt

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Joachim Löw verfolgte die Auslosung vor Ort in Dublin. (Foto: AP)
  • Bundestrainer Joachim Löw muss mit seiner umgebauten Nationalelf in der EM-Quali 2019 beweisen, dass er den Umbruch schafft.
  • Die Gegner sind machbar: Holland, Estland, Weißrussland und Nordirland.

Von Benedikt Warmbrunn

Wie weit der deutsche Fußball trotz allem gekommen ist, das zeigt ein Blick zurück in den Mai 2008. Die deutsche Nationalmannschaft empfing damals die Auswahl aus Weißrussland, eingewechselt wurden: Jermaine Jones, Marko Marin, Oliver Neuville, Patrick Helmes, Piotr Trochowski und Clemens Fritz. Das Testspiel endete 2:2, das Tor zum Ausgleich fiel in der 88. Minute. Dennoch störte das Ergebnis niemanden wirklich lang, weil der Trainer ja dieser aufregende, moderne Joachim Löw war.

Das jüngste Spiel des DFB endete ebenfalls 2:2, der Gegner war die niederländische Auswahl, eingewechselt wurden Marco Reus, Thomas Müller und Leon Goretzka. Der Ausgleich fiel in der ersten Minute der Nachspielzeit, und dennoch störte das Ergebnis niemand wirklich lange (was auch daran lag, dass es das letzte Gruppenspiel im Format der Nations League war, mit dem sich noch keiner porentief auseinander gesetzt hatte). Hauptsächlich lag das jedoch an den ausgewechselten Spielern, an Timo Werner, Serge Gnabry und Leroy Sané, die mit ihrer Dynamik, mit ihrem Tempo, mit ihrem Spielwitz gezeigt hatten, wie aufregend die Gegenwart sein kann. Und ein bisschen lag es auch am Trainer. Es lag daran, dass Joachim Löw erneut gezeigt hatte, wie aufregend er sein kann.

EM-Qualifikation
:DFB-Team trifft auf Niederlande, Nordirland, Estland und Weißrussland

Bei der Auslosung zur Fußball-Europameisterschaft 2020 bekommt es die Mannschaft von Joachim Löw mit einer interessanten Gruppe zu tun. Erstmals findet die Endrunde in zwölf europäischen Städten statt.

Von Weißrussland bis zu den Niederlanden, das ist der Spannungsbogen der nun auch über der deutschen Gruppe in der EM-Qualifikation liegt. Neben den beiden genannten Nationen trifft die DFB-Auswahl auf Nordirland und Estland, Löw bezeichnete die Gruppe nach der Auslosung am Sonntag in Dublin als "normal schwierig". Der Schwierigkeitsgrad ist ja tatsächlich überschaubar, da sich alle Gruppenersten und alle Gruppenzweiten für das paneuropäische Turnier 2020 qualifizieren. Löw sieht Deutschland und die Niederlande als die Favoriten, dass es für einen der beiden eng werden könnte, erwartet der Bundestrainer nicht: "Es sollte für beide reichen."

Die Spannung in dieser Gruppe entsteht aus deutscher Sicht daher allein aus dem Blick nach innen, aus dem, was innerhalb dieser deutschen Mannschaft passieren wird, was sich in ihr entwickeln wird. Die Spannung entsteht daraus, ob Löw sich weiter an den jungen, experimentierfreudig und doch an seine Ideen glaubenden Trainer erinnert, als der er bei der EM 2008 in sein erstes Turnier als Bundestrainer ging, kurz nach dem 2:2 gegen Weißrussland. Die Spannung entsteht aber auch daraus, dass sich zeigen wird, was Deutschland aus den vergangenen Spielen gegen die Niederlande gelernt hat.

Im ersten Duell in der Nations League, beim 0:3 in Amsterdam, hatte Löw wie ein Trainer gewirkt, der so stur an seinen einst aufregenden Gedanken festhält, dass er der Moderne nicht mehr hinterherkommt. Wenige Tage später verlor er zwar ein zweites Spiel in der Nations League, in Paris gegen Frankreich, aber dort präsentierten sich der Trainer und die Mannschaft wieder als ein aufregendes Kunstwerk.

Löw hatte Werner, Gnabry und Sané als junge, frische, unverschämt unbekümmerte Offensive installiert, die zum Ausklang eines erschütternd erfolglosen Jahres (Aus nach der Gruppenphase der WM in Russland, Abstieg in der Nations League, die schwächste Bilanz in 111 Jahren Länderspielgeschichte) gerade noch rechtzeitig für den überfälligen Schwung gesorgt hatte. Wie stabil dieser Schwung ist und wie sehr er auch andere Mannschaftsteile sowie weitere personelle Maßnahmen des Bundestrainers vitalisieren wird, darum also geht es in dieser EM-Qualifikation.

Wenige Tage vor der Auslosung hatte das DFB-Präsident Reinhard Grindel betont, indem er nicht nur "eine souveräne Qualifikation" forderte, sondern auch, "dass wir den Umbruch konsequent fortsetzen, dass das veränderte Gesicht, das wir in den Spielen gerade in der Nations League gezeigt haben, zu einem ganz neuen Bild der Mannschaft wird".

Ob er den Umbruch zu lange verzögert habe, wurde Löw in Dublin gefragt. "Ich habe das Gefühl, dass er jetzt richtig ist", sagte der Bundestrainer. Allzu radikal will er aber auch 2019 nicht werden: "Die Jungen brauchen Halt und Orientierung." Es dürfte ein aufregendes Jahr werden.

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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