Zu den Wesenszügen des sogenannten "Kopfballungeheuers" zählt gemeinhin, dass es sich bei dieser Spezies gerne um Männer handelt. Vertreter dieser Art tragen das Haar wuschelig oder in anderer Ausprägung des Mähnenhaften. Sie sind furchtlose Krieger der Lüfte, können sich in bemerkenswerte Höhen schrauben und hören auf klingende Namen wie Kalle "Air" Riedle oder - ohne Kosename - Horst Hrubesch. Eher nicht mit ausgeprägter Ungeheuerlichkeit in Erscheinung getreten sind bislang die Fußballerinnen Melanie Leupolz und Lena Petermann.
Diese Wahrnehmung dürfte sich nach dem 4:0 der deutschen Fußballfrauen bei der WM gegen Thailand bald ändern. Aus Sicht der eher klein gewachsenen Asiatinnen fegte am Montag in Winnipeg nämlich ein Flugmonster in DFB-Kleidung über den Rasen - gegen das höchstens ein kurzfristig erwirktes Flankenverbot geholfen hätte. In Ermangelung einer solchen Richtlinie erlebten Thailands Frauen wie das so ist, wenn der Gegner eine Etage höher Fußball spielt. Wenn der Größenvorteil sich ungeheuerlich auswirkt.
Drei Kopfballtore erzielte die körperlich überlegene Elf von Bundestrainerin Silvia Neid - eines durch die Münchnerin Leupolz (24. Minute), zwei durch die Freiburgerin Petermann (56., 58.) und schließlich traf auch noch ihre Vereinskollegin Sara Däbritz. Immerhin, die 20-Jährige benutzte für ihr zweites Turniertor den Fuß. Nach zähem Vortrag in der ersten Hälfte war die deutsche Auswahl auf eine Steigerung nach der Pause angewiesen, um die Vorrunde positiv abzuschließen. "In der zweiten Halbzeit haben wir geradliniger, mehr in die Tiefe gespielt", sagte die Bundestrainerin, die vor allem mit den Schluffigkeiten vor dem Tor haderte.
"Wenn wir gegen stärkere Gegner spielen, können wir uns das nicht leisten. Da bekommst du weniger Chancen. Die musst du dann machen. Sonst ist es vorbei." Das Stimmungsbild gestaltete sich entsprechend gedämpft, richtig freuen wollte sich über den Gruppensieg mit insgesamt 15:1 Treffern niemand. Platz eins vor den Norwegerinnen (sie gewannen 3:1 gegen die Elfenbeinküste) nehmen die Deutschen zwar gerne mit - er verringert Reise-Strapazen und hält fürs Erste größere Kaliber des Welt-Frauenfußballs als Widersacher fern. Aber längst geht es dieser ehrgeizigen Gruppe ja um mehr. Gewinnen und gleichzeitig gut Fußball spielen, dieses Ziel sahen viele als verfehlt an.