Fußball-WM der Frauen:Weltklasse im Laufen, Grätschen und Kämpfen

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Die DFB-Spielerinnen feiern das Tor von Sara Däbritz zum 1:0. (Foto: REUTERS)
  • Die deutschen Fußballerinnen stehen nach dem 1:0 gegen Spanien kurz vor dem Gruppensieg bei der WM.
  • Der zweite Erfolg im zweiten Spiel basiert auf Willen und Kampf.
  • Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist trotz spielerischer Defizite ihrer Elf hochzufrieden.

Von Ulrich Hartmann, Valenciennes

Es war kein "Tor des Monats", aber das war Sara Däbritz auch egal. "Das war eine Kampfleistung, eine Willensleistung", schwärmte die Mittelfeldspielerin vom FC Bayern München nach dem glücklichen 1:0-Sieg der deutschen Fußballerinnen gegen Spanien im zweiten Spiel bei der Weltmeisterschaft. Däbritz beschrieb mit dem Kampf und dem Willen eigentlich die hervorstechenden Eigenschaften der deutschen Mannschaft gegen spielerisch bessere Spanierinnen, aber irgendwie beschrieb sie mit diesen beiden Vokabeln auch ihr Siegtor in der 42. Minute.

Svenja Huth hatte geflankt, Alexandra Popp hatte geköpft, Spaniens Torfrau Sandra Paños hatte abprallen lassen, und als der Ball eine gefühlte Ewigkeit kurz vor der spanischen Torlinie lag, dachte man eigentlich, die sich nähernde Abwehrspielerin Marta Torrejón würde ihn energisch wegdreschen. Doch sie zögerte, wollte den Ball vielleicht nicht mit zu viel Schwung versehentlich selbst über die Linie befördern und hatte keine Augen für die deutsche Spielerin, die sich in ihrem Rücken näherte wie eine Dampflok. Sara Däbritz rauschte heran, und als sie nur noch zwei Meter entfernt war, setzte sie zur Grätsche an. Durch Torrejón hindurch bugsierte sie den Ball ins Tor. Das war der Sieg, "ein absoluter Kampfsieg", sagte Däbritz hinterher lächelnd.

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Die Spanierinnen spielten viel mehr Pässe als die Deutschen, sie hatten 59 Prozent Ballbesitz, sie schlugen mehr Ecken und hatten häufiger aufs Tor geschossen. Doch es gab zwei statistische Werte, die erklären können, warum das deutsche Team gewann. Erstens, weil die abschlussschwachen Spanierinnen von ihren 16 Schüssen Richtung Tor nur zwei auch wirklich aufs Tor brachten, wo Almuth Schult dann parierte. Und zweitens, weil die Deutschen zusammen fünf Kilometer mehr liefen als die Spanierinnen. Deren Trainer Jorge Vilda sagte zwar hinterher, die Deutschen seien nun mal eine "Weltklasse-Mannschaft", aber damit konnte er diesmal eigentlich nur gemeint haben, dass sie weltklasse gelaufen sind, weltklasse gegrätscht und weltklasse gekämpft haben. Sogar das Siegtor ergrätschten sie sich. Das sagt alles.

"Wir haben uns reingekämpft, und das zählt"

Über spielerische Defizite wollten die deutschen Fußballerinnen nach diesem zweiten etwas glücklichen 1:0-Sieg im zweiten Spiel eigentlich nicht so gern sprechen. "Wir haben uns reingekämpft, und das zählt", sagte Däbritz, und es klang wie ein Befehl. Spielerisch, okay, könne man es schon noch ein bisschen besser machen, aber dazu habe man ja noch das dritte Spiel am Montagabend gegen Südafrika. Mit mindestens einem Unentschieden dort hätten die Deutschen ihren ersten Gruppenplatz sicher und träfen dann im Achtelfinale (22. Juni in Grenoble) auf einen Gruppendritten. Das ist tausend Mal besser als das Schicksal des Gruppenzweiten, vermutlich Spanien, der im Achtelfinale wohl auf den Titelverteidiger USA träfe.

Zwei spielerisch maue Partien, zwei Willensleistungen und zwei 1:0-Siege nehmen die deutschen Fußballerinnen mit in das weitere Turnier, und wer sich fragt, ob man mit dieser diskutablen Mischung wohl zum Weltmeister geeignet ist, der sollte die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hören. Nach dem Spanien-Spiel nörgelte sie keineswegs, sondern sang ein Loblied auf den Teamgeist und betonte mehrfach, wie stolz sie auf ihre Mannschaft sei. "In einer herausfordernden Gruppe haben wir trotz großen Drucks aus den ersten beiden Spielen sechs Punkte geholt und können im nächsten Spiel mit etwas weniger Druck vielleicht auch besseren Fußball spielen", sagte sie. Bis zur K.o.-Phase wolle man mehr Sicherheit ausstrahlen und in bestimmten Situationen auch nicht mehr so oft den Ball verlieren.

Es gibt also noch viel zu tun in den kommenden Tagen, bloß um eines muss sich die Bundestrainerin wirklich keine Sorgen machen: Dass man sich hinterher eingestehen müsste, die WM nicht mit aller erforderlichen Leidenschaft angegangen zu sein. Genau das, was den deutschen Männern bei deren WM 2018 gefehlt hat, war bei den deutschen Frauen bislang die allergrößte Stärke.

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