DFB-Team:Erster in Katar

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Joshua Kimmich feiert mit Timo Werner sein Tor zum 3:0. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Die deutsche Fußball-Nationalelf qualifiziert sich beim 4:0 gegen Nordmazedonien als erster Verband der Welt für die WM 2022. Ausschlaggebend sind eine späte Leistungssteigerung - und Hansi Flicks spezielles Förderprogramm.

Von Philipp Selldorf, Skopje

Manuel Neuer hatte schon vor dem Anpfiff gewonnen: einen Länderpunkt nämlich. Der Nationaltorwart pflegt mit einigem Vergnügen seine persönliche Globetrotter-Sammlung, und nach Skopje hatte ihn der Karriere-Weg noch nicht geführt. Das Toše-Proeski-Stadion, benannt nach einem in jungen Jahren tödlich verunfallten Schlagersänger, wird er wegen seines angejahrten Charmes gewiss in guter Erinnerung behalten. Das heimische Publikum ging vergnügt mit und der Dauerregen fiel zumindest nicht mehr monsunartig wie am Nachmittag.

Dennoch wird das Spiel in seiner Rangliste vermutlich keinen vorderen Platz einnehmen. Die deutsche Mannschaft setzte sich zwar mit einem 4:0-Sieg standesgemäß durch, ein großes Vergnügen hat sie den Zuschauern an diesem Abend allerdings nicht bereitet. Das Ergebnis legt eine souveräne Vorstellung nahe, davon konnte aber erst in der zweiten Halbzeit ernsthaft die Rede sein.

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Den mitgereisten Fans in der Kurve war das jedoch einerlei. "Auswärtssieg", riefen sie und feierten den Fernseh-Experten Lothar Matthäus auf der blauen Laufbahn, und letztlich hatten sie ja recht damit. Drei Punkte waren das Ziel der Reise und dieses zunehmend ungemütlichen Abends, und zu feiern gab es auch etwas: Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft ist den Deutschen nicht mehr zu nehmen, auch wenn sich die Sorgen um ein mögliches Scheitern sicherlich in Grenzen hielten. Der DFB steht somit als erster Verband auf der Gästeliste für das Turnier am Persischen Golf.

Bundestrainer Flick wählt nach einer Stunde die richtigen Wechsel

Die Meteorologen, die von Berufs wegen das Geschäft betreiben, Hansi Flicks Aufstellungen zu weissagen, hatten - anders als Neuer - schon vor dem Anpfiff verloren, wieder mal. Denn der neue Bundestrainer lässt sich gern Neues einfallen. Er baute die Mannschaft nicht wie allgemein erwartet hier und da, sondern in großem Stil um. Lukas Klostermann und David Raum übernahmen die Außenverteidigung, Thilo Kehrer rückte an Antonio Rüdigers Stelle, Kai Havertz an die von Leroy Sané, Thomas Müller übernahm den Posten von Marco Reus. Dass diese neu formierte Elf nach kaum zwei Minuten die erste große Chance herausspielte - Joshua Kimmich scheiterte um eine Handbreit mit einem Kopfball -, erwies sich als falsche Verheißung. Der Schwung, der Antrieb und der Eifer, der dem DFB-Team am Freitag zum 2:1 gegen Rumänien verhalf, waren offenbar in Hamburg geblieben.

Die deutsche Mannschaft nahm zwar ordnungsgemäß die Position des Favoriten ein, der das Spiel bestimmt, aber mit dem Einsatz von Tempo und Intensität - den Faktoren, die Flick ein Wochenende lang ausdauernd gelobt hatte - hielten sich die meisten Spieler bis zur Pause ziemlich zurück. Die deutsche Dominanz brachte wenig Produktives hervor, die Hausherren wussten ihren Strafraum abzudichten, und hätte nicht Niklas Süle immer wieder autoritär und kraftvoll interveniert, wären die Nordmazedonier mit ihren regelmäßigen Kontern vielleicht erfolgreicher gewesen.

Flick stand stumm im Regen und blickte nachdenklich auf das Geschehen. Seine Leute fanden nicht die Räume, die sie für ihren Auftritt brauchten (Leon Goretzka), sie trabten mitunter teilnahmslos nebenher (Havertz), verpatzten das Abspiel (Serge Gnabry) oder wie Timo Werner den Torschuss. Kritische Bemerkungen über den Angreifer hat Flick in den vergangenen Tagen wie ein Leibwächter abgewehrt, Werners erneute Nominierung ist als Teil eines speziellen Förderprogramms zu verstehen. Der Effekt blieb zunächst wechselhaft: Einmal trat der Angreifer beim Versuch der Volley-Abnahme am Ball vorbei, dann traf er in der Nachspielzeit nach einer guten Aktion den Pfosten.

Kai Havertz trifft locker und leicht nach perfekter Vorarbeit von Thomas Müller. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Aber seine Erfolgsmomente sollten noch kommen. Gleich nach der Pause gingen die Deutschen nach einem schönen Pass von Gnabry und altersweiser Vorarbeit von Müller durch Havertz in Führung (49.), und nun änderte sich das Bild allmählich. Die Nordmazedonier hatten Kraft gelassen, das 0:1 ging an die Moral. Die Deutschen hatten jetzt mehr Platz, und Flick wählte zudem nach einer Stunde die richtigen Wechsel. Goretzka und Havertz gingen, Florian Wirtz und Karim Adeyemi kamen.

Zehn Minuten später nahm sich Müller die Freiheit, einen Pass von Wirtz zu zweckentfremden, indem er ihn mit der Hinterhaxe geradewegs in den Lauf des nun frei vor dem Tor auftauchenden Werner leitete. Und dieser nutzte - jawohl: eiskalt - nicht nur die Chance zum 2:0, sondern ließ kurz darauf schon den nächsten Treffer folgen (73.). Jetzt verstummte das Publikum, auf den Tribünen lichteten sich die Reihen, während die Gäste auf dem Rasen sich noch ein bisschen vergnügten. Der eingewechselte Jamal Musiala setzte mit dem 4:0 den Schlusspunkt.

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