Martín Demichelis:Gerüchte über "Michos" Heimkehr

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Alle Wege führen zu "Micho": Martin Demichelis debütierte einst als Profi bei River Plate - nun könnte er Trainer beim "FC Bayern Südamerikas" werden. (Foto: Sven Leifer/Foto2press/Imago)

Bayerns Nachwuchstrainer Martín Demichelis wird in Argentinien als Nachfolger von Marcelo Gallardo bei River Plate gehandelt, dem Klub seiner Jugend. Sogar sein Trainerteam soll schon skizziert worden sein - mit dem früheren Nürnberger Javier Pinola als Assistent.

Von Javier Cáceres, Berlin

Wer den Schmerz kalibrieren wollte, den die Anhänger von River Plate verspüren, der brauchte nur ein Transparent zu lesen, das im Estadio Monumental zu Buenos Aires aufgespannt wurde: "Pfeif nicht ab, Schiedsrichter! Gallardo will uns verlassen!" Marcelo Gallardo, 46, hatte am Donnerstag seinen Rücktritt als Trainer von River Plate angekündigt - und damit ein Beben ausgelöst, das auf der nach oben offenen Richterskala Höchstwerte erzielte.

Gallardo verabschiedet sich als der erfolgreichste Coach in der Geschichte Rivers. Und das will etwas heißen: In der Ahnengalerie des Klub finden sich legendäre Namen wie Labruna, Di Stéfano, "El Charro" Moreno, Sívori, Passarella, Carrizo, "Beto" Alonso, Francescoli, Ortega, Saviola oder Hernán Crespo. Oder auch: Martín Demichelis, 41, aktuell Trainer der viertklassigen U23 des FC Bayern. Gemäß der argentinischen Presse vom Dienstag ist er der designierte Nachfolger Gallardos.

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Bislang hat Enzo Francescoli, Manager bei River Plate, noch nicht durchblicken lassen, wer Gallardo beerben soll. Im Klub aber heißt es, dass ein Trainer gefunden werden soll, der "mit der Geschichte Rivers verwoben" ist. Das trifft nicht nur auf Kandidaten wie Hernán Crespo (Al Duhail, Katar) oder Argentiniens U-17-Trainer Pablo Aimar zu. Sondern definitiv auch auf Demichelis.

"Micho", wie er genannt wird, kam in Jugendtagen zu River Plate, zog dort in die Klubakademie ein, kümmerte sich in der Presseabteilung des Klubs als Bote - und erfüllte sich im September 2001 einen Traum: Er debütierte als Profi. Mitte 2003 wurde er an den FC Bayern transferiert, später ging er - unter anderem - zum FC Málaga nach Spanien und zu Manchester City nach England. Er wollte seine Karriere gern bei River beenden. Das zerschlug sich, weil der damalige Klubchef Passarella, Weltmeister von 1978, völliges Desinteresse zeigte. Kehrt Demichelis nun in anderer Funktion in seine fußballerische Wiege zurück?

Schon vor einem Jahr soll sich Demichelis gemeinsam mit Pinola vorgestellt haben

In den argentinischen Zeitungen hieß es am Dienstag in bemerkenswerter Übereinstimmung, dass alle Wege zu "Micho" führen. Sogar sein Trainerteam soll schon skizziert worden sein. Demnach würde Demichelis seinen Jugendfreund und ehemaligen Mannschaftskameraden Germán Lux sowie einen Ex-Bundesligaprofi ins Trainerteam berufen: Javier Pinola, ehedem Verteidiger beim 1. FC Nürnberg. Pinola ist noch bei River Plate aktiv, als 39-Jähriger aber dem Ende seiner Laufbahn sehr nah.

Demichelis und Pinola kennen einander aus ihren gemeinsamen Tagen in Süddeutschland. Die Zeitung Olé berichtete am Dienstag, dass Demichelis schon im vergangenen Jahr auf dem Zettel des "FC Bayern Südamerikas" stand, wie River Plate genannt wird. Zusammen mit Pinola soll er sogar ein virtuelles Vorstellungsgespräch mit den Vereinsbossen bei River geführt haben; der Klub wappnete sich damals für den Fall eines Rücktritts Gallardos. Und fand Gefallen daran, Impulse von einem Duo zu beziehen, das in der deutschen Bundesliga den eigenen Horizont erweitert hatte.

Demichelis gab auch am Dienstag keinen Kommentar zu den Gerüchten um seine Person ab. Sicher war damit nur: Wer immer auf Gallardo folgt, wird ein schweres Erbe antreten. In acht Jahren holte Gallardo 14 Titel, darunter den süßesten, den River je gewann. Im Dezember 2018 besiegte River im Finale der Copa Libertadores den Erzrivalen Boca Juniors. Im Rückspiel um das Pendant zur europäischen Champions League war auch Demichelis dabei. Als River-Fan. Das Finale war wegen gewalttätiger Zwischenfälle am Rande des Hinspiels nach Madrid verlegt worden. Monate später übernahm Demichelis die U19 des FC Bayern, 2021 wurde ihm die U23 angetragen.

Was aus Gallardo wird, ist offen. Es gilt als sicher, dass er sich erst einmal zurücknimmt, die letzten Monate waren aufreibend und von eher durchwachsenen Resultaten geprägt. An Perspektiven dürfte es ihm nicht mangeln. Er rief in der Vergangenheit nicht nur wegen seiner Titel, sondern auch wegen des intensiven, offensiven Stils, den er bei River spielen ließ, das Interesse europäischer Klubs hervor. Zuletzt war er beim FC Sevilla im Gespräch, die Andalusier holten nach der Entlassung des früheren spanischen Nationaltrainers Julen Lopetegui den früheren Argentinien-Coach Jorge Sampaoli. Gallardos Leumund ist in der Branche jedenfalls vorzüglich. Pep Guardiola, Trainer bei Manchester City, sagte erst im April, er "bewundere", wie sich Gallardo über einen so langen Zeitraum behauptet habe: "Sie verkaufen ihm alle Spieler - und trotzdem ist er immer da. Er erneuert sich und macht weiter." Sollte Demichelis tatsächlich die Erbfolge von Gallardo antreten, so wäre zumindest eine Sehnsucht gestillt. "Es wäre ein Traum, eines Tages Trainer bei River zu werden", sagte Demichelis vor Jahren.

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