Delegiertenversammlung des TSV 1860:Abstimmung über Ismaik

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Robert Schäfer (l.), hier nach der Vertragsverlängerung mit Trainer Schmidt (r.): Am Donnerstag ist Delegiertenversammlung. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Mit Investor oder ohne? Bevor sich die Delegierten des TSV 1860 München selbst abschaffen, treffen sie am Donnerstag bei der Monatzeder-Wahl noch eine weichenstellende Grundsatzentscheidung.

Von Gerald Kleffmann und Markus Schäflein

Wie dieser Donnerstagabend beim TSV 1860 München abläuft, ist kaum vorherzusehen, aber Michael Scheele hat davon eine ziemlich genaue Vorstellung. Der Anwalt des jordanischen Investors Hasan Ismaik sagt ganz offen, was er sich nach den Tagen des Donners von den Delegierten des Fußball-Zweitligisten auf deren Versammlung erhofft: "Herr Ismaik hat die Erwartung, dass Herr Monatzeder von den Delegierten nicht bestätigt wird."

Klare Ansage: Wird Hep Monatzeder, Münchens dritter Bürgermeister und seit 1. April amtierender Präsident des Klubs, von der Delegiertenversammlung offiziell ins Amt gehoben, bleibt es dabei, dass Ismaik kein frisches Geld mehr zuschießt und auf juristischem Weg versuchen wird, seine getätigen Darlehen von knapp zehn Millionen Euro zurückzuerhalten. "Er wird sich mit Herrn Monatzeder nicht mehr an einen Tisch setzen", sagt Scheele. Die Argumentationskette hatte Ismaiks Cousin und Statthalter Noor Basha in der ihm eigenen Klarheit schon beim Spiel gegen den FSV Frankfurt (1:2) dargelegt: "Es ist ganz einfach: Wenn Monatzeder bestätigt wird, bleibt Schäfer auch. Und wenn Schäfer bleibt, dann wird die Partnerschaft sterben."

So geht es an diesem Abend in der Gaststätte Heide-Volm in Planegg nicht nur um Monatzeder, sondern auch um Geschäftsführer Robert Schäfer, den Ismaik wegen "Missmanagements" (Scheele) loswerden will. Dabei hat die KGaA gerade stolz bekannt gegeben, dass sich die "Vermögensverhältnisse gegenüber dem Zustand vor Einstieg des Investors wesentlich verbessert" hätten (diese Verbesserung beeindruckte Ismaik offenbar nicht, bloß weil er mit seinen Millionen dazu beigetragen hat).

Dazu geht es um Aufsichtsratschef Otto Steiner, Sportdirektor Florian Hinterberger und Trainer Alexander Schmidt. Schlicht um alle, die sich in der Trutzburg an der Grünwalder Straße gegen den polternden Investor verschanzt haben und die aus Ismaiks Sicht vor allem zwei Dinge verbinden: ihr Dilettantismus und ihre Weigerung, ihre Posten abzugeben.

Zusätzlich kurios wird die Lage dadurch, dass ausgerechnet an diesem Abend eine seit Jahren vorbereitete Satzungsänderung ansteht. Die Delegierten wollen sich selbst abschaffen und den Weg für ein demokratisches Mitgliederwahlrecht ebnen. Natürlich schafft es 1860, selbst aus diesem langweiligen Formalprozess einen Showdown zu basteln: An ihrem letzten Abend im Amt stellen die Delegierten die Weichen, welchen Weg der Klub künftig gehen soll.

Eine Wahl Monatzeders bedeutet automatisch den "Plan B", der vorsieht, mit den bisher Verantwortlichen und einem relativ sparsamen Kurs zu überleben, ohne neues Geld des Investors - und mit dem großen Risiko, das jährliche strukturelle Defizit in Millionenhöhe nicht lange auffangen zu können. Bestätigen die Delegierten Monatzeder nicht, wählen sie - wenigstens symbolisch - die vom Ismaik-Clan in bunten Farben gemalte Zukunft mit frischem Geld und den viel zitierten neuen professionellen Kräften in der Führung. Das Präsidium um Monatzeder will dagegen mit den - dem Vernehmen nach bereits auf den Weg gebrachten - Rückführungen des Nachwuchsleistungszentrums und der Markenrechte von der Profifußball-KGaA in den e.V. kräftig punkten.

Die Satzungsänderung bedeutet auch, dass es in wenigen Wochen zu einer ersten Mitgliederversammlung kommen wird. Dann können alle Vereinsmitglieder, herrlich verrücktes Sechzig, die Entscheidung der Delegierten prinzipiell wieder auf den Kopf stellen. Monatzeder, der zuletzt länger in Afrika weilte und als Präsident in München nicht aktiv sein konnte, hat angekündigt, er werde sich dem Votum der Mitglieder auch dann stellen, wenn er von den Delegierten bestätigt worden wäre. Würde er gleich bei den Delegierten durchfallen, würde er - so hatte er es angedeutet - zurücktreten. Am Mittwoch befand sich Monatzeder noch in Simbabwe, laut Verein wurde er am Abend zurückerwartet.

Spätestens bei der Mitgliederversammlung will dann auch Erich Meidert auf den Plan treten. Der Unternehmer, der vor vielen Jahren einige Positionen bei 1860 besetzte, will auch Präsident werden, er hat Ismaik am Wochenende in Abu Dhabi besucht und in bester Wahlkampftonlage von konstruktiven Gesprächen berichtet.

An diesem Donnerstag wird der Aufsichtsrat um Steiner, der Kandidaten für die Wahl der alten Satzung gemäß vorschlagen muss, Meidert nicht aufstellen - auch nicht bei einem Scheitern Monatzeders. "Wir glauben nicht, dass er uns weiterhilft", sagte Steiner vorbeugend über Meidert. Wenn die neue Satzung gilt, kann sich der Unternehmer dann allerdings zur Abstimmung stellen. "Mein Konzept heißt: aus eigener Kraft", sagt Meidert, der dieses so umschreibt: "Der Verein muss es endlich schaffen, selbständig klarzukommen. Immer um Almosen zu betteln, ist entwürdigend."

Das solle aber nicht heißen, dass er mit dem Investor brechen mag, betont Meidert, im Gegenteil. "Im Idealfall setzt man sich wieder zusammen an einen Tisch, das wäre für Sechzig auch angenehmer." Einen Konfrontationskurs nach derzeitiger Art schließt er aus: "Nein, man sieht doch, was die jetzige Führung erreicht hat. Es braucht neue Kräfte. Die Löwen haben genug Millionen verbrannt, auch nach dem Einstieg von Herrn Ismaik."

Ob Meidert bei den Mitgliedern Chancen hat, ist schwer einzuschätzen, aufgrund seiner Rollen in der Vergangenheit spaltet auch er die Fangemüter. In einem Punkt aber dürften ihm auch Kritiker recht geben: "Es muss etwas passieren. Es kann so nicht bei 1860 weitergehen."

© SZ vom 25.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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