Debatte um Slalom-Kurs:Wo Trainer den größten Einfluss nehmen

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Felix Neureuther, enttäuscht und wütend in Lenzerheide. (Foto: AFP)

Die Vorwürfe gegen den österreichischen Trainer nach dessen Kurs beim Slalom-Finale in Lenzerheide waren heftig - aber gerechtfertigt. Er hatte seinen Fahrer Marcel Hirscher über die Maße bevorteilt. Der Ski-Weltverband muss reagieren.

Ein Kommentar von Michael Neudecker, Lenzerheide

Unmittelbar, nachdem das letzte Slalom-Rennen der alpinen Skisaison zu Ende war, hätte Wolfgang Maier die ganze Sache am liebsten sofort für beendet erklärt. Marcel Hirscher sei der Beste gewesen, fertig, aus, sagte der Alpinchef der Deutschen, er habe verdient gegen Felix Neureuther gewonnen, es gebe da jetzt nichts mehr zu debattieren. Wolfgang Maier kann emotional diskutieren, er stellt sich jedem Thema, wenn es nötig ist, aber er wollte nicht unsportlich wirken. So einfach allerdings war die Sache dann nicht.

Es gab viel Aufregung am Sonntagnachmittag beim Finale der alpinen Skirennfahrer in Lenzerheide. Grund war, mal wieder, ein auf den ersten Blick recht spezieller: Es ging um die Setzung des Kurses im ersten Durchgang. Im Skirennsport werden die Kurssetzer vor der Saison ausgelost, für diesen Lauf war Mike Pircher gezogen worden, der Individualtrainer des Österreichers Marcel Hirscher. Pircher steckte dann einen Kurs, der seinen Fahrer so extrem begünstigte, dass sich danach alle heftig beschwerten, es fielen Worte wie "Frechheit", "lächerlich", die Konkurrenz warf den Österreichern unfaires Handeln in einem besonders schweren Fall vor. Das gesamte Slalomfeld war ja zu einem Spielball im Duell Hirscher gegen Neureuther degradiert worden.

Die Vorwürfe waren heftig, aber sie waren gerechtfertigt.

Es ist eine Eigenheit des Skirennsports, dass die Trainer direkten und großen Einfluss auf das gesamte Rennen nehmen können, in keinem anderen Sport ist das so. Schon bei den Olympischen Spielen in Sotschi gab es ähnliche Debatten, damals ging es - wie so oft in den vergangenen Jahren - um die Setzung des kroatischen Trainers und Sportlervaters Ante Kostelić. Die Debatten werden bleiben, solange der Ski-Weltverband das Reglement zur Kurssetzung nicht ändert. Ein neutraler Kurssetzer, wie von Felix Neureuther vorgeschlagen, wäre eine sinnvolle Lösung; eine Veränderung der weit gefassten Definition, wie der Kurs auszusehen hat, wie von Hirscher vorgeschlagen, wäre zumindest ein Anfang.

Ob Felix Neureuther den Titel gewonnen hätte, wäre der erste Durchgang von einem anderen Trainer gesetzt worden? Nicht zu beantworten und daher müßig, natürlich. Marcel Hirscher hat oft genug gezeigt, dass er eine Qualität hat, die ihn vom Rest abhebt: Er kann im richtigen Moment fehlerfrei fahren, und das immer wieder.

Für den Skirennsport aber wäre es kein Nachteil, wenn derart fachspezifische Debatten nicht mehr die Siegerehrungen überlagern.

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