Deutsches Basketball-Nationalteam:Harte Entscheidungen und was fürs Herz

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Der ehemalige deutsche Nationalspieler Robin Benzing erlebt mit seiner Ehefrau Katharina und Tochter Ainhoa einen emotionalen Moment des Abschieds vom DBB. (Foto: Marius Becker/dpa)

Bundestrainer Gordon Herbert schickt nach dem ersten WM-Test gegen Schweden unter anderem zwei Bronzegewinner aus seinem EM-Team nach Hause - nicht nur deshalb gibt es rund ums Nationalteam emotionale Momente.

Von Jonas Beckenkamp

Die Mitteilung des Verbands kam spät in der Nacht, und wer noch wach war, konnte erahnen, mit welcher Mannschaft die deutschen Basketballer diesen WM-Sommer bestreiten wollen. 18 Profis in der Vorbereitung waren doch etwas viel, schließlich passen im Basketball immer nur fünf gleichzeitig aufs Spielfeld - also musste Bundestrainer Gordon Herbert nach dem ersten offiziellen Test gegen Schweden in Bonn (87:68) unliebsame Entscheidungen treffen.

Herbert gilt als knorriger Pragmatiker, aber dieser "Cut" am Samstagabend wurmte ihn, denn wen lässt man daheim, wenn es eigentlich alle verdient hätten? Und trotzdem: Den Weg Richtung Weltmeisterschaft in Japan, Indonesien und auf den Philippinen (25. August bis 10. September) setzt die Auswahl des Deutschen Basketballbundes (DBB) nun ohne Chris Sengfelder (Bonn), Jonas Wohlfarth-Bottermann (Hamburg), Jonas Mattisseck und Louis Olinde (beide Berlin) fort.

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Der Kapitän der deutschen Basketballer hat mit seinen Aussagen über Maxi Kleber ohne Not den Zusammenhalt im WM-Team angekratzt - denn er zwingt Bundestrainer und Verband in ein Dilemma.

Kommentar von Jonas Beckenkamp

"Vielen Dank, Jungs, für euren großartigen Einsatz! Ihr kommt alle wieder", lautete der Gruß des DBB an die Heimfahrer. Nachrichtenwert hatte vor allem das Adieu an die beiden Erstgenannten, mit dem Herbert den Beleg erbrachte, dass er durchaus bereit ist, das erfolgreiche EM-Bronze-Team von 2022 zu verändern. Das viel besprochene "Commitment" der Nationalspieler, um das zwischen Dennis Schröder und Maxi Kleber eine Debatte entstanden war, mag dem Bundestrainer eine Priorität sein - eine Garantie für eine Turnierteilnahme ist es nicht. Außerdem ist Herbert bewusst, dass er Platz schaffen muss in seinem endgültigen 12er-Kader: Platz für zwei, die sich vergangenes Jahr kurz vor der EM verletzt hatten.

Isaac Bonga (FC Bayern) und Moritz Wagner (Orlando Magic) sind mit ihren Qualitäten fest eingeplant, und wer Wagner gegen Schweden die Kollegen mitreißen sah, weiß auch, warum. Zwölf Punkte erwirtschaftete der NBA-Center nach einer Steigerung in der zweiten Hälfte, fast so viele wie sein Bruder Franz (ebenso Orlando Magic, 15) und Schröder (Toronto Raptors, 17), und zudem noch neun Abpraller .

Die Wagner-Brüder zeigen gegen Schweden ihr Können im DBB-Trikot - und das bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt

"Er gibt uns sehr viel. Offensiv und defensiv", lobte Kapitän Schröder den älteren der Wagner-Brüder, dessen emotionale Spielweise (samt einiger spektakulärer Dunk-Versuche) das Team aus seiner Starre in den ersten 20 Minuten löste. Auch Franz Wagner gefiel das: "Moritz hat super gespielt. Er hat viel Energie gebracht. So kenne ich den ja." "Franz" und "Moritz", so stand es entsprechend auf den Trikots der gebürtigen Berliner, die erstmals gemeinsam ein Länderspiel bestritten. Ein Wink, der an die Gasol-Brüder im spanischen Nationalteam erinnern sollte. Die waren dort jahrelang als "Pau" und "Marc" aktiv - berühmte Vorbilder, wie Franz Wagner einräumte. Zudem war es "eine ästhetische Frage: Wir finden, es sieht cooler aus".

Das Grundgerüst der Mannschaft steht somit, schließlich zeigte auch der vierte NBA-Mann Daniel Theis (Indiana Pacers, zehn Punkte), dass er nach sechs Monaten ohne Basketball seine Kniebeschwerden endlich überwunden hat. Dass die ausverkaufte Halle in Bonn noch was fürs Herz bekam, lag an der Zeremonie zum Abschied des langjährigen DBB-Kapitäns Robin Benzing. Den 34-Jährigen hatte Bundestrainer Herbert schon vor der EM im vergangenen Sommer nicht mehr nominiert, ein heftiger Schlag für ihn. Doch die Zeit hat offenbar allen Kummer geheilt, so dass Benzing (künftig in der 2. Liga in Gießen aktiv) nun strahlend vom Nationalteam als "meine Familie" sprach, nachdem er noch ein letztes Mal im Mannschaftskreis alle umarmte.

Der Familienausflug findet seine Fortsetzung nun in Berlin, am Mittwoch (19.30 Uhr, Magentasport) steht das nächste Vorbereitungsspiel gegen Kanada an. Gordon Herbert ist derweil wirklich nicht zu beneiden: Er muss in den nächsten Tagen zwei weitere Spieler nach Hause schicken. Dann zeigt sich, ob es noch weitere Bronze-Gewinner aus dem Vorsommer erwischt.

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