Club unterliegt Schalke:In aller Freundschaft

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Befreiung für die Gäste: Schalkes Dominick Drexler erzielt hier gegen Christian Mathenia das 0:1. (Foto: Daniel Marr/Sportfoto Zink/Imago)

Während die Fans beider Klubs ihre Verbundenheit feiern, zeigen der 1. FC Nürnberg und Schalke 04 einen Zweitliga-Durchschnittsfußball, der nur für die Gäste einen Fortschritt darstellt.

Von Christoph Ruf

Das Spiel, das da am Samstag im Nürnberger Südosten angepfiffen wurde, war keine normale Zweitliga-Partie. Natürlich nicht. Wenn Schalke und Nürnberg schon mal in einer Liga spielen - was in den vergangenen Jahren nicht so häufig der Fall war -, gilt es schließlich, die nun schon rund 40 Jahre währende älteste Fanfreundschaft im deutschen Fußball gebührend zu feiern. Und das geschah: akustisch - mit wechselseitigen Liebesbekundungen aus beiden Kurven; optisch - mit einer gemeinsamen Choreographie von einer Kurve zur anderen ("Bündnis für die Ewigkeit"); historisch - mit gemeinsamen Stadtführungen und einem Besuch des Club-Museums, bei dem sich Westfalen wie Franken dem Vernehmen nach gleichermaßen interessiert gezeigt hatten; und irritierend - denn auch die Vereinspolitik kam nicht zu kurz.

Dass Nürnbergs Aufsichtsratschef Thomas Grethlein bei den Club-Ultras nicht so beliebt ist wie Ex-Torwart Raphael Schäfer, ist nichts Neues. Dass der Wahlkampf vor der Mitgliederversammlung am 23. November nun auch schon über die Gästekurve läuft, hingegen schon. Die Schalke-Fans schienen jedenfalls bei aller räumlichen Distanz eine genaue Analyse der jüngeren Club-Geschichte vorgenommen zu haben, bevor sie ihren Vorschlag dafür präsentierten, wie der 1. FC Nürnberg endlich wieder so erfolgreich sein könnte, wie es auch Schalke gerade nicht ist: "Club-Fans, stellt euch die Grethlein-Frage: Weiter Talfahrt oder Verhinderung jetzt?", stand auf einem sehr großen Transparent.

Die Zuschauer zelebrieren die älteste Fanfreundschaft im deutschen Fußball. (Foto: Daniel Marr/Zink/Imago)

Andererseits war dann irgendwie doch ein ganz normales Zweitliga-Spiel angepfiffen worden. Es ging schließlich um drei Punkte, die beide Seiten dann doch ganz gerne bei sich behalten hätten. Schalke war das letztlich nach einem 2:1-Sieg vergönnt. Und damit jener Mannschaft, die im Vergleich zu ihrem jämmerlichen Auftritt beim 0:3 in Karlsruhe, dem ersten Spiel unter Karel Geraerts, nicht wiederzuerkennen war. Seit der neue Trainer übernommen hat, gelangen ihr in der Liga nun zwei Siege, beim Pokal-Aus auf St. Pauli war sie zumindest konkurrenzfähig. Alles in allem also keine ganz schlechte Bilanz, sofern man nicht den Maßstab anlegt, den man an einen renommierten Bundesliga-Absteiger anlegen sollte, sondern den, der für ein Team gemacht ist, das in den ersten Saisonspielen völlig desorientiert auftrat und dem offenbar gerade wieder Schritt für Schritt die Basics beigebracht werden.

"Gegen eine solche individuelle Qualität kann man ein Spiel auch mal verlieren", fand Club-Coach Cristian Fiél

In Sachen Zweikampfhärte und Organisation auf dem Platz war es ein solider Zweitligaauftritt, aber natürlich hatte Nürnbergs Jan Gyamerah schon recht, als er anmerkte, dass beim Gegner "außer Standards und langen Bällen nicht so viel kam". Immerhin: Der erste Schalker Treffer durch Dominick Drexler war halbwegs herausgespielt, aber auch begünstigt durch das schwache Abwehrverhalten von Ahmet Gürleyen, der Vorbereiter Kenan Karaman weglaufen ließ (36.). "Gegen eine solche individuelle Qualität kann man ein Spiel auch mal verlieren", fand Club-Coach Cristian Fiél nach dem Spiel. Und sprach damit unbewusst tiefsitzende Schalker Selbstzweifel an. Denn ob die individuelle Qualität des Schalker Kaders Richtung Wiederaufstieg, Zweitliga-Mittelfeld oder dritte Liga führt, wissen sie in Gelsenkirchen ja selbst nicht so genau.

Den Nürnbergern gehörte die zweite Hälfte. Vielleicht hätten sie deshalb tatsächlich "einen Punkt verdient gehabt", wie Gyamerah fand, doch dafür hätten sie nach dem Ausgleich durch Florian Flick (47.) ihre wenigen Chancen nicht so klar vergeben dürfen - und verhindern müssen, dass kurz vor Schluss der Schalker Danny Latza zwischen zwei Innenverteidigern durchmarschierte und per Kopf zum 2:1 traf (89.).

Die bis dahin ziemlich gute Nürnberger Heimbilanz versaute er damit gleich mit: Drei Siege und zwei Remis hatte es bis dato gegeben. Nun also die erste Niederlage. Seit dem Sommer hat der Club unter Fiél fußballerisch einen Schritt nach vorn gemacht, doch genau das war am Samstag nicht oft zu erkennen. Stattdessen gab es den Zweitliga-Durchschnittsfußball zu sehen, der für Schalke ein evolutionärer Fortschritt ist - für den Club hingegen eher ein Rückschritt. Er steht nun punktgleich mit Greuther Fürth (das 2:0 in Kaiserslautern siegte) im Tabellenmittelfeld, Schalke am Rande der Abstiegszone. Mildernde Umstände für den Club gab es vielleicht auch. Erst am Mittwoch hatten die Franken 120 Minuten Fußball spielen müssen, um Rostock aus dem Pokal zu werfen, das Spiel gegen Schalke war das dritte in zehn Tagen.

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