Champions League: Stuttgart siegt:Die Rettung des Babbel

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Der VfB Stuttgart siegt gegen die Glasgow Rangers verdient mit 2:0, erkämpft sich ein Endspiel um den Achtelfinal-Einzug - und glaubt sich am Ende seiner Krise.

Es muss ein seltsames Gefühl gewesen sein für die Fußballer des VfB Stuttgart. Das Spiel bei den Glasgow Rangers war fast zu Ende und sie mussten sich um nichts mehr bemühen. Um keinen Führungstreffer, um keinen Ausgleich, um keinen besseren Eindruck. Ihre Gegner, die Schotten in Blau, liefen resigniert über den Rasen. Sie dagegen, die Stuttgarter, die diese Saison bisher als eine einzige Krisensituation erlebt haben, waren ganz locker. Ließen den Ball laufen. Hielten die Köpfe hoch. Sie waren gerade dabei zu gewinnen, und wenige Minuten später war es tatsächlich geschafft: 2:0 (1:0) den schottischen Meister bezwungen und einen Arbeitsplatz gesichert.

Christian Träsch (rechts) und der VfB Stuttgart glauben, die Krise überwunden zu haben. (Foto: Foto: dpa)

Seit Wochen schleppen sich die Stuttgarter nun schon von Endspiel zu Endspiel für ihren Trainer Markus Babbel. So lange steht der Coach nun schon auf der Kippe, dass man ihm fast schon eine Erlösung von dieser ständigen Bedrohung wünschte, seinen Job zu verlieren. Sei es, indem er ihn nach weiteren Niederlagen tatsächlich verliert, sei es, indem seine Mannschaft zu einer Siegesserie anhebt, die alle Zweifel verschwinden lässt.

Aber in der jüngsten Zeit schien der VfB ja nicht einmal mehr verlieren zu können: vier Spiele ohne Niederlage brachte das Team zustande, ohne dabei auch nur eine Partie zu gewinnen. Es war, als könnten sich die Fußballgötter nicht entscheiden, ob sie den Daumen heben oder senken sollten, weil ihnen dieser Babbel einerseits sympathisch ist, weil sie dem jungen Mann andererseits aber auch keine zu glatte Karriere als Coach gestatten wollen, die er in der vergangenen Saison als Armin-Veh-Nachfolger ohne Trainerschein so erfolgreich begonnen hatte.

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Insofern ist dieser Erfolg am Dienstagabend in der Tat kein ganz geringer gewesen, für Trainer Babbel, den der Verein bei einer Niederlage wohl endgültig nicht mehr gehalten hätte. Aber auch für den VfB Stuttgart insgesamt, wenn man bedenkt, welche Dynamik sich manchmal aus einem guten Abend entwickeln kann, der einem Team das Selbstbewusstsein zurückbringt.

Alle Probleme ist der VfB deswegen noch nicht los. Erstens weil die komfortable Position in der Champions-League-Gruppe G, die gute Chancen auf den Aufstieg ins Achtelfinale lässt (in zwei Wochen kommt es zu einem Endspiel gegen Urziceni), nichts am Bundesliga-Rang 16 ändert. Zweitens weil selbst dieses Spiel nicht über die Schwächen der Stuttgarter hinwegtäuschen konnte: Denn sie hatten zwar beschwingt begonnen, ballsicher, selbstbewusst. Sie hatten auch dieses 1:0 durch den 19-jährigen Sebastian Rudy vorgelegt, dem eine hübsche Doppelpass-Staffette zwischen Aljaksandr Hleb und Cacau vorausgegangen war.

Aber dann machten sie ihren Gegner eben doch wieder stark mit leichten Ballverlusten und einer seltsamen Angst vor der eigenen Courage. Nach 33 Minuten erst sahen die Rangers-Anhänger den ersten verheißungsvollen Schuss ihres Teams aufs Tor; Kris Boyd war der Absender, aber dann geriet der VfB unter Druck. Und beim Kopfball von Kris Boyd (37.) hatte er Glück, dass Boyd seine Stirn nicht richtig hinter den Ball brachte.

Pogrebnjak vergibt freistehend

Die perfekte Leistung kann es wohl nicht geben in Krisenzeiten, insofern passte es wohl ins Bild, dass Stürmer Pawel Pogrebnjak zu seiner starken Leistung nicht das passende Tor beisteuerte. Der Russe trifft zu selten, in der 62. Minute scheiterte er freistehend vor Glasgows Torwart McGregor und in der 79. traf er den Pfosten.

Aber da führte der VfB ja schon 2:0, weil der aufgeweckte Rudy in der 59. Minute einen Stuttgarter Konter mit einer präzisen Flanke auf Zdravko Kuzmanovic abgeschlossen hatte, welche dieser ebenso präzise verwertete. Kuzmanovic hatte in der ersten Halbzeit noch etwas irritiert geschaut, weil der italienische Schiedsrichter Roberto Rosetti sein Freistoßtor in der 18. Minute zu Recht wegen Abseits nicht anerkannte. Das war jetzt vergessen, der serbische Nationalspieler hatte Markus Babbels Zittern beendet. Und damit auch die Krise?

Sebastian Rudy, der starke junge Torschütze und Vorbereiter des Teams wollte jedenfalls daran glauben nach dieser starken Leistung seiner Mannschaft. Er wehrte alle persönlichen Komplimente mit schwäbischer Bescheidenheit ab, indem er auf eine "klasse Mannschaftsleischtung" verwies. Und er sagte: "Wir nehmen das Positive mit, auch in die Bundesliga."

© SZ vom 25.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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