Champions League:Ein Finale fürs reingewaschene Image

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So glänzend wie die Champions-League-Trophäe hätte Katar gerne auch das eigene Image in der Welt. (Foto: SVEN SIMON / Pool)

Paris gegen Bayern, das ist auch das Champions-League-Endspiel zweier Geschäftspartner Katars. Damit geht die fragwürdige Strategie des Landes auf, den Sport zu benutzen.

Kommentar von Sebastian Fischer

Es dürfte hervorragender Fußball geboten werden, wenn der FC Bayern im Finale der Champions League gegen Paris Saint-Germain spielt. Jeder, der etwas mit diesem Sport anfangen kann, wird einen Grund sehen, zuzugucken: Das Spektrum von Bayerns perfekt synchronisiertem Offensivspiel bis hin zu Neymars Dribblings ist groß. Man kann daran Gefallen finden, obwohl Zuschauer im Stadion diesmal fehlen müssen.

Aber man sollte dabei nicht vergessen, dass dieser Abend auch einem Akteur nutzt: Dem Staat Katar, der Erbmonarchie am persischen Golf, die vor allem wegen des Umgangs mit Arbeitsmigranten in der Kritik steht. Dieser Staat hat es doppelt ins Finale geschafft - als Besitzer von Paris Saint-Germain und als Sponsor des FC Bayern.

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2012 übernahm eine Investorengruppe den Klub aus der französischen Hauptstadt, die zum katarischen Staatsfonds gehört. Seitdem deformiert PSG mit Fantasiesummen den Transfermarkt, berühmt sind die rund 400 Millionen Euro Ablöse für Neymar und Kylian Mbappé. Sportswashing, dieser Begriff steht seit 2018 im Oxford-Wörterbuch und beschreibt das Phänomen, dass Machthaber den Sport nutzen, um ihr Image reinzuwaschen. Das soll bei der WM 2022 in Katar geschehen. Und es geschieht am Sonntag, wenn man mit Katar Weltklassefußball verbinden soll, wofür nichts so sehr wie das Champions-League-Finale steht.

Wovon der silberne Glanz des wichtigsten Vereinsfußballpokals ablenkt, noch mal zur Erinnerung und in Auszügen: Erst vor ein paar Wochen berichtete Amnesty International, dass auf einer WM-Baustelle rund 100 Arbeiter mehr als ein halbes Jahr nicht bezahlt wurden. Kein Einzelfall, heißt es. Das Arbeitsmigranten ausbeutende "Kafala"-System, das Katar nach massiver Kritik abzuschaffen ankündigte, gebe es weiterhin, auch wenn es nicht mehr so heiße. Was es auch gibt: Berichte über unwürdige Arbeits- und Lebensumstände der Arbeiter. Was es laut Menschenrechtlern nicht gibt: unabhängige Untersuchungen zu Todesfällen.

Die Fluglinie Qatar Airways bejubelt nun nicht nur PSG. In einem Tweet schreibt sie vom #Qlassico, und gratuliert ihren beiden Partnern, also auch dem FC Bayern. Der deutsche Rekordmeister fliegt seit Jahren ins Trainingslager nach Doha, Qatar Airways ist ein Premiumsponsor und hat es auf den Trikot-Ärmel der Münchner geschafft. Der FC Bayern könnte seine Rolle nutzen, um sich öffentlich für die Einhaltung der Menschenrechte auszusprechen. Aktivisten, Fans und Münchner Stadträte forderten den Klub dazu auf. Der Dialog geschehe "in vertraulicher Atmosphäre" heißt es dazu vom FC Bayern in der Regel - eine Atmosphäre, die auch den katarischen Geldgebern besser gefallen dürfte.

Solche Beziehungen nach Europa und globale Aufmerksamkeit durch den Sport nutzen dem kleinen Staat wiederum vor allem auf einem anderen Spielfeld: in einem schwierigen politischen Spannungsfeld am Persischen Golf, bedrohlich umzingelt von Widersachern. Am Geld für Katars Soft-Power-Politik als Lebensversicherung mangelt es nicht. Dass es quasi keine Absurditätsgrenzen gibt, sah man kürzlich bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft. Die wurde auch in die Wüste vergeben. Beim Marathon um Mitternacht kollabierten zahlreiche Athleten.

Was den Fußball betrifft, ist ein Katar-Derby im wichtigsten Spiel des Jahres natürlich eine besondere Pointe, aber eher ein Beispiel dafür, wohin die Branche gesteuert ist. Der Hyper-Kapitalismus hat ihn interessant werden lassen für derartige politische Vorhaben. Aber auch bei einem anderen Finale wären Symptome zutage getreten.

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Wären im Halbfinale Leipzig und Lyon weitergekommen, dann hätte ein zu Marketingzwecken gegründeter Klub gegen ein Team gespielt, das für die Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate wirbt, dem zweiten Staat, der für sein Sportswashing im Fußball bekannt ist - vor allem durch den Besitz des Klubs Manchester City, der in der nächsten Saison einen neuen Angriff auf den Champions-League-Titel unternehmen darf, zum Entsetzen der gutgläubigen Fußball-Gemeinde: ManCity wurde vom Sportgerichtshof Cas so gut wie freigesprochen vom Vorwurf, die durch das Urteil verzwergten Regeln des Financial Fairplay zu umgehen.

An all das kann man sich ja mal kurz erinnern, bevor das Spiel beginnt. Vielleicht wenn die Champions-League-Hymne durch das leere Stadion in Lissabon hallt. "Sie sind die Besten", singt darin ein Chor. Die Besten auf dem Platz. Und sehr versiert in einem fragwürdigen Wettstreit daneben.

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