BVB in der Bundesliga:Dortmunds Windhunde jagen Bayern

Lesezeit: 3 min

Auf dem Sprung: Marco Reus (rechts) freut sich mit Matthias Ginter über mit über sein Tor in Bremen. (Foto: Fishing4)
  • Der überzeugende Dortmund in Bremen nährt die Hoffnung, dass es wieder spannend werden könnte in der Bundesliga.
  • Sogar Thomas Tuchel beginnt schon zu träumen.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen und zur Tabelle der Bundesliga.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Als die Werder-Profis Florian Grillitsch, Clemens Fritz und Fin Bartels ihre Arbeit zwischen der 77. und der 83. Minute beenden durften und ausgewechselt wurden, gab es aufmunternden Beifall. Sie hatten alles gegeben gegen einen Gegner, der in einer anderen Liga zu Hause zu sein schien. Der Reporter von Radio Bremen zeigte sich derart beeindruckt von den wieselflinken Stürmern der Dortmunder Borussia, dass er Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang sogar in einem Windhund-Rennen eine Siegchance einräumte. Und Werder-Trainer Viktor Skripnik zog das Fazit des Tages, das über den Rand des Weserstadions ins Fußball-Land hinaus schallte: "Dortmund jagt Bayern, allein das zeigt, wie viel Qualität in ihnen steckt."

Jagt Dortmund wirklich die Bayern? Bereits heute, obwohl die 1:5-Niederlage in München erst wenige Wochen her ist? Noch will selbst der BVB nichts von dieser These wissen, Trainer Thomas Tuchel richtet den Fokus nach dem durchaus beeindruckenden 3:1-Sieg in Bremen auf das Innenleben seines Vereins. Glücklich sei er über "die positiven Signale", die aus dieser Gala herauszulesen waren.

Im Torjäger-Fernduell zwischen Lewandowski und Aubameyang steht es 13:13

Nach einer längeren Lobhudelei auf seine Profis sah er sich am Ende noch zu einer ausdrücklich als Scherz deklarierten Feststellung herausgefordert: "Ja, ja, nur noch fünf Punkte Rückstand, und sie kommen ja auch noch zu uns." Irgendwann im fernen Frühjahr 2016 wird es so sein, dass die Bayern nach Dortmund kommen. Doch nun hoffen die Dramaturgen der Liga, dass dieser elfte Spieltag der Saison auch ein Signal ist. Dahin gehend, dass die Kluft zwischen Platz eins und dem Rest der Welt nicht wieder derart anwachsen muss wie in den Vorjahren, in denen die Münchner mit exorbitanten Vorsprüngen (2013: 25 Punkte; 2014: 19; 2015: zehn) die Meisterschaft erreichten.

BVB-Sieg gegen Werder
:Nur noch fünf Punkte hinter Bayern

Henrikh Mkhitaryan wird von einem Gegenstand getroffen, doch danach läuft es für Borussia Dortmund. Durch das 3:1 gegen Bremen ist die Bundesliga nun wieder ein bisschen spannender.

Von Lisa Sonnabend

Der FC Bayern hat am Freitag beim 0:0 in Frankfurt erstmals in dieser Saison überhaupt Punkte verloren, Dortmund hat am Samstag durch den Sieg beim SV Werder zwei Punkte gut gemacht. Die Botschaft ist klar: nur noch fünf!

Zurück zu den Windhunden des BVB, die das zarte Pflänzchen Hoffnung nähren, dass nicht wieder nur ein Bayern-Solo zu beklatschen ist. Dass sich ein bisschen Spannung einstellen möge vor der Vergabe der Meisterschale. Zurück zu Reus und Aubameyang. Diese Windhunde wurden in Bremen von den Kollegen derart gekonnt auf die Jagd geschickt, dass sie, einmal im Tempo, kaum aufzuhalten waren. Minute neun: Ilkay Gündogan hebelt die Werder-Abwehr mit einem Pass zu Henrikh Mkhitaryan aus, der den Ball mit gefälliger Hilfestellung von Bremens Torwart Wiedwald zu Reus bugsiert - 1:0. Minute 44: Mats Hummels gibt den Beckenbauer von einst und schaufelt den Ball mit dem Außenrist präzise auf den Kopf von Mkhitaryan - 2:1. Minuten 72: Mkhitaryan auf Reus - 3:1.

Zu vernachlässigen war, dass Stürmer Aubameyang nicht nur leer ausging, sondern mindestens drei Riesenchancen ungenutzt ließ. Im Torjäger-Fernduell mit dem Münchner Robert Lewandowski bleibt es bei einem 13:13, im Duell der Verfolger kommt der Dortmunder Reus (sieben) dem Münchner Thomas Müller (zehn) langsam näher. In dieser Rangliste spiegelt sich bereits die obere Tabellenlage. Doch mit dieser wird sich Tuchel kurzfristig allenfalls insgeheim, aber nicht öffentlich beschäftigen. Es sei jetzt "eine Kunst, erst einmal zu genießen", so Tuchel. Obwohl die Pause kurz ist, schon am Donnerstag steht die Europa-League-Partie gegen FK Qäbälä aus Aserbaidschan an, am Sonntagabend folgt das immer wieder wegweisende Ruhrpott- Derby gegen den FC Schalke.

Remis des FC Bayern
:"So etwas habe ich noch nicht erlebt"

Jérôme Boateng ist ratlos, Arturo Vidal schimpft: Die extrem defensive Spielweise der Frankfurter sorgt beim FC Bayern für Kopfschütteln. Doch sie hat einen Schönheitsfehler.

Von Christopher Gerards, Frankfurt

Tuchels Kunst-Genuss liegt auch darin, dass er seine Profis in einer immer besseren Tagesform präsentieren kann. Zum Beispiel diesen Julian Weigl, der in der Vorsaison oft auf der Bank beim Zweitligisten TSV 1860 München saß, der nun aber blitzartig in eine BVB-Chefrolle im defensiven Mittelfeld hineinwächst. Oder diesen Reus, über den sich jüngst noch die Republik mokierte, weil er im Länderspiel in Leipzig, beim mühsamen 2:1 gegen Georgien, das Ziel nicht fand.

Am reanimierten Torjäger schätzt Tuchel vor allem "seine Selbstkritik, ohne grundsätzlich an sich zu zweifeln". Und seine "Offenheit für Input". Heißt konkret: Reus sei interessiert an neuen Laufwegen, die er in Bremen nach mühsamer Startphase gefunden hat. Sein Spiel besteht eben nicht nur aus Toren, sondern auch aus Tempo und aus Finten. Zum Leidwesen der Bremer, die sich nach der vierten Heimniederlage in Serie mit dem Abstiegskampf befassen müssen.

Positiv aus der Perspektive Tuchels dürfte auch die neue Wettkampfhärte der Borussia sein. In vielerlei Hinsicht. Regisseur Mkhitaryan, der herausragende Spieler auf dem Platz, ließ sich von gar nichts beeindrucken. Nach dem Aufwärmen, nach dem die Mannschaften noch einmal zurück in die Kabine gehen, war er von einem Pappbecher am Kopf getroffen worden. Der BVB machte daraus keine große Szene. Der Becher war leer, der Täter wurde identifiziert und wird angezeigt.

Auch eine weitere Begebenheit zeugt von großer Nervenstärke. Irgendwann spielte Bremens Junuzovic in einer einzigen Szene dem BVB-Verteidiger Sokratis dreimal den Ball durch die Beine. Im Fußballer-Kodex ist so ein dreifacher Tunnel eigentlich die Höchststrafe. Was aber tat der Grieche Sokratis? Er brachte wie alle Borussen sein Spiel nervenstark zu Ende.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: