Borussia Dortmund:Ein Fall für die Teamgeistjäger

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Dortmunds Julian Brandt übte nach dem 2:3 gegen Hoffenheim deutliche Kritik: Sein BVB macht immer wieder dieselben Fehler. (Foto: Tom Weller/dpa)

Am Ende pfeift das Publikum: Beim 2:3 gegen Hoffenheim wird deutlich, dass selbst Trainer Edin Terzic die Leistungsschwankungen seiner Elf nicht mehr erklären kann - dafür findet Julian Brandt deftige Worte.

Von Ulrich Hartmann

Zur Erforschung unerklärlicher Phänomene bedarf es wahlweise eines renommierten Wissenschaftlers, eines dubiosen Parapsychologen oder eines diplomierten Fußballlehrers. Wobei man den Eindruck bekommen könnte, der Trainer Edin Terzic weiß bei Borussia Dortmund manchmal auch nicht mehr so richtig, wie er die Dinge noch schlüssig darlegen soll. "Das ist schwer zu erklären", sagte er am Sonntagabend, nachdem sein BVB gegen die TSG Hoffenheim eine halbwegs souveräne 2:1-Pausenführung lapidar verspielt und die Partie am Ende unter Publikumspfiffen 2:3 verloren hatte.

Es war für Dortmund zwar die erste Niederlage in diesem Kalenderjahr, allerdings war die vorangegangene Entwicklung mit drei Unentschieden binnen vier Pflichtspielen und einem mauen 1:1 in der Champions League in Eindhoven auch schon nicht mehr allzu gut gewesen.

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Wenn schon der Trainer die Dinge nicht so genau erklären kann, dann aber vielleicht ein involvierter Spieler - doch auch von Alexander Meyer erhielt man, jedenfalls kurz nach dem Spiel, allenfalls eine schulterzuckende Reaktion. "Unerklärlich" fand auch der Torwart den abrupten Absturz der Mannschaft von einer Halbzeit zur nächsten. Vorerst trösten sich die Dortmunder zwar damit, dass sie weiterhin Tabellenvierter (Champions League!) sind, sie ärgern sich aber, dass sie versäumt haben, ihren Vorsprung auf RB Leipzig auf vier Punkte auszubauen.

Brandt nennt den Leistungsabsturz in der zweiten Hälfte schlicht "Wahnsinn"

Geisterjäger mit Protonenstrahlern zur Untersuchung seltsamer Vorgänge im Signal-Iduna-Park hat man am Sonntagabend zwar keine gesehen, trotzdem sind dort immer mehr Experten auf Geisterjagd, oder besser: Teamgeistjagd. Der BVB hat in der Winterpause seine Belegschaft eigens erweitert, hat die ehemaligen Spieler Nuri Sahin und Sven Bender als Assistenten in den Trainerstab geholt sowie die Premier-League-erfahrenen Spieler Ian Maatsen und Jadon Sancho in den Kader. Doch von Sancho zum Beispiel war am Sonntag schon im dritten Pflichtspiel nacheinander wenig zu sehen.

Losgegangen war der Abend damit, dass Terzic beim Sender Dazn vor dem Spiel über kurze Pässe und Vertikalspiel doziert hatte und dass dann kurz nach dem Anpfiff ein sehr langer Querpass vom Aushilfsinnenverteidiger Emre Can beim Gegenspieler Ihlas Bebou landete, sodass dieser nach 97 Sekunden zum Hoffenheimer 1:0 einschießen konnte. Donyell Malen (21.) und Nico Schlotterbeck (25.) drehten das Spiel dann zwar zunächst in eine 2:1-Pausenführung um, doch nach dem Wiederanpfiff gestatteten hilflose und verunsicherte Dortmunder mit kapitalen Ballverlusten dem gegnerischen Stürmer Maximilian Beier in der 61. und 64. Minute zwei Treffer zum Hoffenheimer 3:2-Sieg. "Am Ende war nur noch Chaos", beschrieb Dortmunds Angreifer Julian Brandt die BVB-Reaktion.

Hoffenheims Trainer Pellegrino Matarazzo rief diesen ersten Erfolg seiner Mannschaft nach zuvor acht sieglosen Spielen zum positiven "Momentum-Changer" aus. In Dortmund müssen sie just einen solchen in die andere Richtung befürchten. Coach Terzic lobte zwar "unsere Torgefahr in der ersten Halbzeit", beklagte aber, "dass wir in der zweiten Halbzeit besser absichern wollten und das auch klipp und klar thematisiert hatten mit Namen und Wenn-dann-Bedingungen". Trotzdem sei man "wieder nicht gut in die zweite Halbzeit gestartet", sondern "nervös und mit vielen einfachen Ballverlusten". Terzic sprach von einem "frustrierenden Tag mit einer unnötigen Niederlage".

Noch tiefer in seinem Unmut ging Julian Brandt. "Ich habe keinen Bock mehr auf Niederlagen und Unentschieden", schimpfte der Nationalspieler und nannte den Leistungsabsturz von der ersten zur zweiten Halbzeit schlicht "Wahnsinn". Brandts weitere Ausführungen könnten auch zum Trainer führen. "Wir haben eine schwere Entscheidungsfindung, wann wir spielen wollen und wann es Sinn macht, den langen Ball zu nehmen", klagte Brandt. "Das ärgert mich am meisten, das nervt mich und ist schwer zu akzeptieren."

Von den drei Jahresauftaktsiegen gegen Darmstadt, Köln und Bochum womöglich getäuscht, stehen den wankelmütigen Dortmundern unter anderem die laut Tabelle fünf stärksten Konkurrenten als Gegner alle noch bevor. Gerät der vierte Platz akut in Gefahr, wird über Terzic diskutiert werden. Diese Debatte wäre dann mitnichten ein unerklärliches Phänomen.

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