4:2 in Freiburg:Dortmund feiert "großen Schritt nach vorne"

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Nichts geht über Routine: Mats Hummels gelingt in Freiburg das Kunststück, sogar zwei Treffer zu erzielen - hier der erste, per Kopf. (Foto: Jan Huebner/Imago)

Lange sieht es im Breisgau nach einer erneuten Enttäuschung für den BVB aus, weil das Team wieder den Matchplan missachtet. Aber dann schwächt sich Freiburg selbst - und zwei altgediente Borussen bringen die Wende.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Ein "2:4" stand am Ende auf der Anzeigetafel, vor der sich die Freiburger Spieler nach der Niederlage gegen Borussia Dortmund aufmuntern ließen. 2:4, das klingt deutlich. Doch es täuschte am Samstagnachmittag darüber hinweg, dass noch wenige Minuten vor Abpfiff wohl jeder Stadionzuschauer den Eindruck hatte, dass da zwei Mannschaften auf dem Rasen standen, die vermutlich mit einer Punkteteilung zufrieden gewesen wären.

Für die Freiburger, die sich durch ein böses Foul von Nicolas Höfler kurz zuvor selbst von elf auf zehn reduziert hatten, galt das allemal. Für den BVB aber ebenfalls. Die Borussia hatte in der Schlussphase zwar noch einmal offensiv gewechselt, war aber weit davon entfernt, mit aller Macht auf den Sieg zu drängen. Das musste sie auch gar nicht. Schließlich besorgte die Freiburger Abwehr, allen voran der junge Keeper Noah Atubolu, das Dortmunder Geschäft in der Abkühlphase der Partie freundlicherweise selbst.

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So erlaubte das Heimteam den Borussen rund um die 90. Minute noch zwei weitere Tore. Und damit den ersten Sieg nach den zwei Remis gegen Bochum und Heidenheim. "Es gibt nicht viele Mannschaften, die hier gewinnen können und Rückstände aufholen", sagte ein gelöster Trainer Edin Terzic und vergaß nicht, den Doppeltorschützen Mats Hummels zu preisen: "Es hilft, jemanden auf dem Platz zu haben, der schon alles gesehen hat."

Dabei verfolgten die Zuschauer im spätsommerlich wohltemperierten Freiburger Westen ein Spiel zwischen zwei erkennbar angeschlagenen Mannschaften. Dass die Dortmunder einigermaßen schwach in die Saison gekommen sind, ist hinreichend erörtert worden. Doch auch der Sportclub war nach dem 0:5 in Stuttgart waidwund.

Das Freiburger Abwehrverhalten wird gegen Dortmund zum Problem

Das sah man am Abwehrverhalten beim frühen Dortmunder Führungstreffer durch den völlig unbehelligten Hummels, ohne ins Detail gehen zu müssen - denn es gab kein Abwehrverhalten. Und das sah man an der Freiburger Startaufstellung. Dort sollte Vincenzo Grifo, den Trainer Christian Streich als eines der Gesichter der Niederlage im Schwäbischen ausgemacht hatte, auf der Bank bleiben. Das allerdings nur knapp eine halbe Stunde.

Dann musste Michael Gregoritsch vom Feld, und es kam der Mann, der mit seinen Flanken und Standards schon so viele Tore vorbereitet hat. Grifo tat also Grifo-Dinge: Er chippte einmal einen Ball auf den Kopf von Lucas Höler und einmal auf den von Nicolas Höfler; und ein Spiel, das nach 45 Minuten noch 0:1 aus Freiburger Sicht stand, ging nach Beendigung der Nachspielzeit mit einer Freiburger 2:1-Pausenführung in die Unterbrechung.

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Und zwar auch, weil der BVB nach der frühen Führung - in der elften Minute hatte Hummels zum ersten Mal getroffen - den Glauben an sich zu verlieren schien. Dortmund zeigte in dieser Phase ein Phänomen, wie es für verunsicherte Mannschaften nicht untypisch ist: Obwohl der Sportclub den Dortmunder Angriffen oft erstaunlich viel Platz auf beiden Außenbahnen überließ, gab es recht viele Dortmunder Fehlpässe zu bestaunen. Zudem gönnte sich Keeper Gregor Kobel schon Mitte der ersten Hälfte unendliche Abstoßzeiten - als verteidige er in der 89. Minute einen knappen Vorsprung in der Champions League.

Dass sein Team in dieser Phase dermaßen abwartend spielte, entsprach allerdings nicht der Vorgabe, wie Terzic betonte: "Was mir nicht gefällt, ist, dass wir nach der frühen Führung nicht die Kontrolle hochhalten konnten." Das Resultat der zwischenzeitlichen Lethargie gefiel Terzic auch nicht. Stattdessen konstatierte er erneut eine Missachtung des Matchplans: "Wir wollten vermeiden, dass es in Strafraumnähe viele Freistöße gibt. Bei den Gegentoren haben wir zwei Mal geschlafen."

All das blieben aus Dortmunder Sicht jedoch Randnotizen, schließlich schoss Donyell Malen ja nach einer Stunde den Ausgleich, und es folgten zehn Minuten, die das Spiel zu Ungunsten der Freiburger entschieden. Nach der roten Karte für Höfler brach die Mannschaft auseinander - was für den SC umso bedauerlicher war, als hinter dem letzten Riegel in dieser Saison ein junger Torwart steht, dem man keinen Gefallen getan hat, als man ihn schon vor dem ersten Bundesligaspiel in Nationalmannschaftsnähe sang. Beim Dortmunder 3:2, dem zweiten Treffer von Hummels, wirkte er hilflos, bei einer weiteren Strafraumaktion kurz darauf ebenfalls - ehe beim 4:2 durch Marco Reus die komplette Freiburger Defensive die Arbeit einstellte.

Während Freiburgs Coach später schon von der Möglichkeit einer "knallharten Saison" für sein Team sprach, überwog bei BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl selbstverständlich die gute Laune: "Ich würde nicht sagen, dass die Mannschaft bei 100 Prozent ist, aber ich finde, dass wir einen großen Schritt nach vorne gemacht haben." Übrigens auch zum richtigen Zeitpunkt: Am kommenden Dienstag spielt die Borussia bei Paris Saint-Germain.

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