Geschmückt von einem Kopfhörer zog Pierre-Emerick Aubameyang mit einer opulenten Zipfelmütze von dannen, nachdem die Dortmunder in der Kabine die Auslosung des Viertelfinals verfolgt hatten, das ihnen im Februar eine Reise zum VfB Stuttgart bescheren wird. Man darf wohl davon ausgehen, dass sich der Dortmunder Angreifer nicht von Weihnachtsliedern beschallen ließ. Doch wie er so davonstapfte mit seiner Zipfelmütze, erinnerte er beinahe an eine moderne und etwas eigenwillige Ausgabe des Weihnachtsmanns.
Als solcher durfte sich der 26-Jährige nach seinem wettbewerbsübergreifend 27. Pflichtspieltor der Saison durchaus fühlen, jedenfalls aus Sicht der beschenkten Dortmunder. Den 2:0 (2:0)-Sieg der Borussia beim FC Augsburg im Achtelfinale des DFB-Pokals hatte er ja entscheidend auf den Weg gebracht mit seinem 1:0 in der 61. Minute. Fünf Minuten später ließ Henrikh Mkhitaryan das Tor zum Endstand folgen. Doch es war vor allem Aubameyang gewesen, der den Wunschzettel von Thomas Tuchel erfüllt hatte.
Schöne Grüße an den Branchenführer
Weil der Trainer auch Adrian Ramos in der Startelf aufgeboten hatte, musste Aubameyang zunächst auf die Außenposition ausweichen. Nach einer Viertelstunde steckte Tuchel seinem Kapitän Mats Hummels einen Zettel mit taktischen Anweisungen zu, zu denen auch zählte, die beiden Angreifer Aubameyang und Ramos neu zu positionieren. "Auba fühlt sich in der Mitte wohler und hat wieder ein Tor gemacht", sagte Torwart Roman Bürki später, lachend und voller Bewunderung für den Stürmer, der noch mehr als alle anderen für die neue Angriffslust des BVB unter Tuchel steht.
Die ersten Fazits können nun auch vom abschließenden Ligaspiel beim 1. FC Köln am Samstag kaum getrübt werden. "Wir stehen sehr gut da", befand Bürki. "Ich bin total stolz auf jeden in der Mannschaft." "Kompliment an jeden Einzelnen, dass wir so gut abgeschnitten haben", sagte Marcel Schmelzer. Und auch Sportdirektor Michael Zorc zeigte sich mit der Zwischenbilanz "sehr zufrieden". Er schickte sogar mit vernehmbarem Stolz eine kleine Grußadresse an den deutschen Branchenführer. "Die Leistung in der Liga überstrahlt sogar ein wenig die anderen Ergebnisse. Wir haben sogar mehr Tore als Bayern München geschossen", sagte Zorc.
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Der BVB besiegt den FC Augsburg im DFB-Pokal mit 2:0 - hat allerdings zunächst mehr Mühe, als Trainer Thomas Tuchel lieb ist.
Bei 46:45 steht dieser Vergleich in der Bundesliga zwischen dem Tabellenzweiten BVB und dem Ersten FCB, vor allem dank Aubameyang. 18 Tore hat er dazu beigetragen. In Augsburg erzielte er zudem seinen zweiten Pokaltreffer der Saison. Und in der Europa League, in der die Dortmunder ebenfalls überwintern, waren es bisher sieben. Wie Mkhitaryan kommt er auf bereits 33 Torbeteiligungen in dieser Saison, auch im europäischen Vergleich fällt Aubameyangs Quote herausragend aus. Kein anderer Angreifer hat in einer der großen Ligen häufiger getroffen.
Seine phänomenale Ausbeute hat auch viel mit dem neuen Trainer zu tun. Anders als Vorgänger Jürgen Klopp lässt Tuchel mit viel Ballbesitz spielen. Die Angriffe werden nicht mehr nach Ballgewinnen sofort und überfallartig durchgezogen, sondern sie werden bei Bedarf dosiert und präzise entwickelt, die Gegner werden nun mit Bedacht und Geduld seziert. Für die Angreifer fällt dadurch der unter Klopp übliche umgehende Abschluss nach der aufreibenden Hetzjagd beim Pressing weg. Mit mehr Kraft und Konzentration können sie nun die Zuspitzung vollenden.
Nicht nur beim flinken Aubameyang hat der neue Stil dazu beigetragen, dass er sein ganzes Talent entfalten kann, und er darf sich einen großen Anteil zuschreiben an Dortmunds nahezu perfektem ersten Halbjahr unter Tuchel. Nur die 1:5-Niederlage in der Bundesliga beim Meister FC Bayern fällt aus dem Rahmen.
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"Es fühlt sich gut an"
Tuchel hat es aber lieber vermieden, ein übergeordnetes Fazit zu ziehen nach dieser "Topleistung" und dem "sehr, sehr wertvollen Sieg", der bei ihm "ein ganz besonderes Gefühl" zurückließ wegen der Dominanz und Seriosität, mit der seine Mannschaft bei den zuletzt erstarkten Augsburgern aufgetreten war. Natürlich könne selbst eine Niederlage in Köln den sehr positiven Gesamteindruck nicht mehr "zerstören", sagte der Trainer. Doch seinem ersten Halbjahr ein Etikett anzuheften, möchte er wohl lieber anderen überlassen.
Tuchel zieht es vor, das "Hier und Jetzt zu genießen", wie er sagte, und er findet auch, dass dies die sinnvollste Herangehensweise für alles Weitere sei. "Es fühlt sich gut an, weil wir in allen drei Wettbewerben eine gute Rolle spielen. Es fühlt sich gut an, weil die Mannschaft Moral und Charakter zeigt", sagte er, "das Wichtige ist, dass wir uns nicht limitiert haben in unseren Gedanken. Wir haben uns nicht vorgestellt, wie gut oder wie schlecht es laufen könnte. Wir haben einfach gemacht, und das ist das, wo ich drin bleiben möchte."
Das empfiehlt er sicher auch seinem herausragenden Angreifer Aubameyang, der nach seinem Tor noch einmal Weihnachtsmann spielte, als er perfekt für Mkhitaryan servierte, der Armenier aber am leeren Tor vorbeischob. Nur die Farbe von Aubameyangs Zipfelmütze wollte nicht so recht zu seiner Rolle passen, nach seinem perfekten Halbjahr. Sie war grau.