Werder Bremen:Zwei wie Klasnić und Klose

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Zwei, die oft und gerne treffen: Milot Rashica (li.) feiert mit dem Torschützen zum 3:1 Max Kruse (2.v.l). (Foto: dpa)
  • Bei Werder Bremen glänzt sein Wochen die Offensive um Max Kruse und den jungen Milot Rashica.
  • Beide wollen mit dem Klub in den europäischen Wettbewerb.
  • Ihr Zusammespiel erinnert an große Bremer Offensivduos.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Manches darf sich Max Kruse in Bremen herausnehmen. Zum Beispiel, dass er nach Spielen meist nur Interviews führt, die ihm genehm sind. Etwa mit dem Stadionsprecher Christian Stoll, der ein Fan von ihm ist und dem Bundestrainer Jogi Löw gerade dringend ein Comeback des Werder-Kapitäns im Nationalteam empfahl. Auch Werder-Trainer Florian Kohfeldt ist vehementer Kruse-Anhänger.

Als einen der Gründe, weshalb der 31-Jährige seinen auslaufenden Vertrag im Sommer verlängern solle, führt er nicht ganz unbescheiden auch sich selbst an - als großen Förderer des nicht gerade angepassten Profis. Nur wenn der FC Barcelona anrufe, hätte Werder wohl keine Chance, witzelt Kohfeldt. Ansonsten wisse Kruse doch sehr genau, was er an Werder habe.

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Das 3:1 gegen Mainz 05, mit dem die Bremer erstmals nach langer Zeit auf den Europa-League-Platz sechs vorstießen, war nicht das erste Match in dieser Saison, in dem Kruse den Unterschied ausmachte. Diesmal erzielte er zwei Tore, und das frühe 1:0 durch Milot Rashica (3.) bereitete mit einem Pass vor, den Kohfeldt schon mal "nahe an der Weltklasse" einstufte.

In Bremen wird vom MM-Angriff gesprochen

Kaum ein anderer Spieler habe so viel Sinn für Räume, lobte der Trainer. Allein in den vergangenen fünf Spielen steuerte Kruse sechs Tore und vier Vorlagen und damit zehn sogenannte Scorerpunkte bei. Europaweit gelang dies keinem anderen Top-Profi. Barcelonas Lionel Messi kam Kruse mit neun Torbeteiligungen am nächsten.

Was Kruse in Bremen auslöst, ist dies: eine Sehnsucht nach alten Erfolgen. Nach dem Schlusspfiff, als die Fans Europapokal-Gesänge anstimmten, kamen nicht nur Erinnerungen ans letzte Champions-League-Spiel im Dezember 2010 gegen Inter Mailand (3:0) hoch. Es kamen auch Gedanken an große Sturmduos der Vergangenheit. An das Duo Ailton/Claudio Pizarro oder an Ailton/Ivan Klasnić, die Werder 2004 mit 41 Toren zur bislang letzten Meisterschaft schossen. Oder an den K&K-Angriff mit Miroslav Klose und Klasnić.

Neuerdings wird in Bremen vom MM-Angriff gesprochen, denn Kruse und der flinke Kosovare Milot Rashica bilden immer mehr ein Gespann, das sich fast blind versteht. Der 22 Jahre alte Linksaußen weiß genau, dass Kruse ihn ins Spiel bringt, wenn er einen seiner blitzschnellen Spurts hinlegt. Und Rashica übersieht seinen Chef auch nicht. Etwa beim 3:1 (63.), als er auch selbst hätte schießen können, aber den Überblick behielt: "Der Torwart und die Verteidiger waren auf mich fixiert, aber Max war komplett frei", analysierte Rashica später seine durchdachte Aktion.

Die hatte wohl auch damit zu tun, dass der vom DFB gerade als Trainer des Jahres geadelte Kohfeldt im Wintertrainingslager mit seinen Profis daran arbeitete, "ein Spiel zu fühlen". Die Spieler sollten erkennen, wann der richtige Moment sei, um zuzuschlagen. Das, lobte Kohfeldt, habe man "gegen Mainz schon sehr gut gemacht". Wie lange Werder die Effektivität des MM-Duos noch genießen darf, bleibt aber die Frage. Hatte Rashica zuletzt noch betont, man brauche sich vorerst keine Sorgen machen, dass er im nächsten Jahr ein anderes Trikot trage, ließ Kruse seine Zukunft offen. Es gebe noch keine Tendenz, ließ er wissen. Nur eines sei ihm wichtig, er würde gern wieder "europäisch spielen".

Vielleicht sind da die jüngsten Aussagen des Kollegen Martin Harnik besonders interessant, der ja seit den Jugendjahren beim SC Vier- und Marschlande vor den Toren Hamburgs als enger Freund von Kruse gilt. "Max ist ein überragender Pokerspieler. Wenn es auf die Zielgerade geht, kommt er in absolute Topform. Es ist brutal schwer, ihn in dieser Form zu halten. Ich glaube, dass das eine oder andere gute Angebot auf den Tisch kommt."

Angeblich interessieren sich Tottenham Hotspur und Inter Mailand für Kruse. Für Werder spreche, "dass Max hier ein unglaubliches Standing hat", sagte Harnik, die Liste mit Gründen pro Werder sei lang: "Es gibt aber auch Argumente für andere Vereine."

Vor dem nächsten Ligaspiel in Gladbach, in dem Werder bis auf zwei Punkte an den Tabellenvierten herankommen kann, steht allerdings noch das Viertelfinale im DFB-Pokal am Mittwoch auf Schalke an. Ob er sich lieber über die Liga oder über einen Pokalsieg europäisch qualifizieren würde, fragte Lieblings-Interviewpartner Stoll. "Lieber über einen Pokalsieg", entgegnete Kruse. Dann hätte man doppelt was zu feiern.

© SZ vom 01.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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