Bundesliga-Vorbereitung:Wie die Klubs das Sommerloch bekämpfen

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Die Fußball-Bundesliga macht die längste Sommerpause ihrer Geschichte, da passen schon mal drei Trainingslager hintereinander in die Vorbereitung. Klubs und Profis stellt das vor eine ungewohnte Aufgabe: Was tun in all der Freizeit?

Christof Kneer

Der Fürstenberg Polo Cup ist angeblich sehr zu empfehlen, er wird noch bis Sonntag im Schlosspark ausgetragen. Es ist aber nicht so, dass der Polo Cup konkurrenzlos wäre an diesem Wochenende in Donaueschingen. Das Waldfest beim Eidechsenbrünnele hat ebenso seine treuen Anhänger wie die Jungtierschau im Haberfeld, und am Sonntag kommt auch noch Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident, zu Besuch. Wem dieses abwechslungsreiche Programm immer noch nicht reicht, dem bleibt höchstens noch der FC Schalke 04. Der ist auch in der Stadt.

Bundesliga-Vorbereitung von Borussia Dortmund: Trainingslager in Tirol. (Foto: dapd)

Donaueschingen ist schon jetzt der Gewinner der Saisonvorbereitung, noch vor Matthias Sammer. Vom 13. bis 19. Juli sind die Profifußballer von Schalke 04 zu Gast, sie schlagen dort ihr Trainingslager auf, am 22. Juli übernimmt der VfB Stuttgart. Am 8. August schauen dann noch schnell die Fußballer von Werder Bremen vorbei, sie bleiben nur vier Tage, aber immerhin. Wenn sie Donaueschingen am 12. August wieder verlassen, wird die kleine Stadt im Schwarzwald-Baar-Kreis vier Wochen lang Bundesligafußball beherbergt haben.

Es ist erstaunlich, wie locker Donaueschingen diesmal Kitzbühel, Leogang und Bad Tatzmannsdorf als Sommerpausen-Hauptstadt abgehängt hat. Viel erstaunlicher ist aber, dass drei Trainingslager nacheinander in eine Sommerpause passen.

Am 24. August startet die Bundesliga in ihre Jubiläumssaison, es wird ihre fünfzigste sein. Der 24. August ist dabei ein besonders schöner Tag, an diesem Tag stieg vor 49 Jahren das Premierenspiel Bremen gegen Dortmund, weshalb man den Termin-Sachbearbeitern der Deutschen Fußball Liga (DFL) einen Sinn für Romantik unterstellen darf: Meister Dortmund eröffnet die Saison natürlich gegen Bremen.

Aber nach Romantik ist den Verantwortlichen der Erstliga-Klubs eher nicht zumute zurzeit, sie haben genug damit zu tun, die Tage bis zu diesem Saisonauftaktspiel sinnvoll zu füllen. Vor ihrer 50. Saison gönnt sich die Bundesliga nämlich einen Rekord, auf den sie gar nicht stolz ist: Sie muss vorher durch die längste Sommerpause der Ligageschichte. 109 Tage vom letzten Spieltag der alten Saison bis zum ersten Spieltag der neuen - das gab's noch nie.

Die alte Saison ist schon ewig vorbei, und es dauert jetzt immer noch sechs Wochen, bis die neue beginnt. Bis zur neuen Saison ist es noch länger hin als das EM-Eröffnungsspiel her ist.

"Sowas habe ich selbst in Turnierjahren noch nie erlebt", sagt Heribert Bruchhagen, 63, der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, der schon sehr viel erlebt hat. "Das bislang letzte Heimspiel im Jahr 2012 hatten wir am 26. April, das nächste haben wir erst am 25. August", sagt er, "vier Monate ohne Heimspiel-Einnahmen, da kommt Freude auf."

Im Kleingedruckten der Liga kennt sich Bruchhagen aus wie kein Zweiter, aber bei den genauen Gründen für diese kuriose Saisonplanung muss selbst der statutenfeste Funktionär passen. Ein paar fallen ihm schon ein, aber insgesamt ist das Geflecht aus Argumenten und Interessen so verschlungen, dass es kaum mehr zu entwirren ist.

Einerseits musste die alte Saison extra früh enden, weil die Verbände Uefa und DFB im Mai inzwischen auf eigenen Wochenenden für ihre Endspiele (Champions League und DFB-Pokal) bestehen. Andererseits haben die Strategen der DFL den Start der neuen Saison extra weit nach hinten verschoben, damit der Bundesliga alle Aufmerksamkeit gewiss ist; damit kein Länderspiel gegen Argentinien stört (15. August) und schon gar nicht diese angeblich wichtige Sportveranstaltung in London, die sich Olympia nennt.

Bayern-Testspiel gegen Unterhaching
:Dante rabiat, Shaqiri explosiv

Mit vier neuen Spielern absolviert der FC Bayern sein erstes Testspiel der Saison. Gegner ist die Spielvereinigung Unterhaching - erst durch ein spätes Tor von David Alaba gewinnen die Bayern 1:0. Matthias Sammer, der neue Sportvorstand, darf neben Trainer Jupp Heynckes auf der Bank Platz nehmen.

Bilder vom Testspiel

So kommt es, dass selbst die routiniertesten Bundesligisten Vorbereitung neu lernen müssen. Nirgendwo sieht man besser als in Donaueschingen, mit welch unterschiedlichen Strategien die Klubs das Sommerloch bekämpfen. Die einen gehen früh ins Trainingslager, die anderen spät, viele gehen zweimal, manche - wie Werder Bremen - sogar dreimal. Während Mainz und Hoffenheim schon Mitte Juni den Trainingsbetrieb wieder aufgenommen haben, haben die Verantwortlichen von Schalke 04 ihren Profis Urlaub bis zum 7. Juli verordnet. Die Schalker vertrauen wie der FC Bayern dem klassischen Muster einer Saisonvorbereitung, während sich Klubs wie Mainz, Hoffenheim oder auch der VfB Stuttgart zu kreativem Sommerloch-Management inspirieren ließen. Sie werden ihre Spieler mitten in der Vorbereitung nochmal für eine Woche nach Hause schicken.

"Ich glaube aber nicht, dass das völlig verschiedene Denkschulen sind", sagt der Mainzer Trainer Thomas Tuchel, "bei so einer langen Pause versucht eben jeder Klub, eine pragmatische Lösung zu finden. Wer Nationalspieler bei der EM hatte, fängt sicher später an als wir. Aber wenn man so früh startet, muss man aufpassen, dass man das Momentum nicht verliert. Man kann den Spannungsbogen nicht über eine so lange Phase aufrechterhalten." Für Mainz hat Tuchel deshalb einen neunwöchigen Formaufbau nach dem 4-1-4-Prinzip konzipiert, vier Wochen Training, eine Woche Urlaub, vier Wochen Training.

"Die ersten vier Wochen muss man sich wie eine Rampe vorstellen", sagt er, "Intensität und Umfang steigen langsam, aber kontinuierlich." Im Moment sind seine Spieler ganz oben an der Rampe, es sind die letzten Tage des ersten Vier-Wochen-Zyklus', das Training tut weh jetzt, aber ab Montag locken sieben freie Tage "mit nur drei Hausaufgaben", wie Tuchel die individuellen Laufprogramme nennt.

Die Bundesliga weiß es noch nicht, aber ein bisschen darf sie dieser sonderbaren Sommerpause auch dankbar sein. Die Pause ist diesmal so lange, dass selbst die turniergestressten Nationalspieler des FC Bayern ausreichend Zeit zum Üben finden sollten, weshalb die klassische Ausrede diesmal wegfällt. Wobei: Ausreden gibt es jetzt ja sowieso nicht mehr im Klub von Matthias Sammer, der Donaueschingen als Gewinner der Vorbereitung wirklich langsam Konkurrenz macht.

© SZ vom 13.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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