Bundesliga: VfL Wolfsburg:Einen Polo für Diego

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Bei Schalke 04 zoffte sich Felix Magath mit Albert Streit, in Wolfsburg droht ein ähnliches Drama mit Diego. Vermutlich wird der Brasilianer in Gnaden wieder aufgenommen - und dann bei der erstbesten Gelegenheit verkauft.

Philipp Selldorf

Den Höhepunkt seines Fußballjahres erlebte Albert Streit Ende November, als er sich vor dem Training mit Schalkes Regionalliga-Team fotografieren ließ. Streit trug eine Mütze, hielt demonstrativ seine Handschuhe ins Bild und zelebrierte seine Schadenfreude. Denn an jenem bitterkalten Tag hatte Felix Magath, damals noch Schalkes Allmächtiger, seine Spieler in Sommermontur auf den schneebedeckten Trainingsplatz befohlen.

Kleinwagenfahrer: Diego. (Foto: dpa)

Zur Strafe für ein 0:5 in Kaiserslautern sollten sie frieren. Magath bekam hier und da Beifall für die Vergeltung, aber bei der Klubführung verlor er an Ansehen. Sie fanden sein Handeln populistisch und unzeitgemäß, zudem hatten sie Angst vor Erkältungen.

Wenigstens Streit hatte seinen Spaß. Ansonsten war seine Saison nämlich so mies wie die vorige. Seit mehr als zwei Jahren führt Streit in Schalke das groteske Dasein eines verstoßenen Fußball-Millionärs. Der Klub bezahlt ihm 175.000 Euro Monatsgehalt, lässt ihn aber nicht mal in der Regionalliga-Elf mitspielen.

Nachdem Magath entlassen wurde, hat Streit geklagt, der Trainer habe seine Karriere ruiniert und ihn gemein gedemütigt - Magath soll ihn bei der Zuteilung von Dienstautos benachteiligt haben: Während die anderen Schalker Profis Limousinen und dicke Geländewagen wählen durften, bekam Streit nur einen Polo.

Nun wird spekuliert, ob der tragikomische Präzedenzfall Streit in Wolfsburg eine Fortsetzung erfährt. Auch beim VfL hat Magath einen Gegner gefunden, aber es ist kein teurer Nebendarsteller wie Streit, sondern der viel kostspieligere Hauptdarsteller Diego, der am Wochenende davongelaufen war, weil er nicht zur ersten Elf gehören durfte.

Eine demonstrative Verbannung der Diva in die vierte Liga wäre populär, aber Magath lässt das Strafmaß noch offen. Selbst der großzügig alimentierte VfL muss aufs Budget achten. Magath weiß aber, wie er sowohl die öffentliche Meinung bedient als auch Vorsorge für die Klubkasse trägt.

Er hat das vorige Woche schon gezeigt, als er den Spielern mitteilte, dass sie im Abstiegsfall den Schaden in der zweiten Liga selbst reparieren müssten. Er hat es aussehen lassen wie eine moralische Geste, in Wahrheit war es ein professioneller Winkelzug zur Sicherung von Vereinsvermögen.

Prognose: Diego wird aus taktischen Gründen in Gnaden wieder aufgenommen - und dann bei der ersten besten Gelegenheit verkauft. Alternativ empfiehlt sich eine Lösung, die nach Wolfsburg passt: die Zuteilung eines Kleinwagens.

© SZ vom 19.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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