28. Spieltag der Bundesliga:Stuttgart ist jetzt punktgleich mit den Bayern

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Stuttgarts Torschütze Serhou Guirassy (r.) (Foto: Martin Meissner/AP)

Der VfB gewinnt 1:0 in Dortmund und hat Platz zwei im Visier. Köln feiert in der Nachspielzeit ein Comeback im Abstiegskampf. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Sebastian Fischer und Gerald Kleffmann

Borussia Dortmund - VfB Stuttgart 0:1 (0:0), Tor: 0:1 Serhou Guirassy (64.)

Beim 2:0-Sieg beim FC Bayern am letzten Märzwochenende hatte Mats Hummels ein herausragendes Spiel gemacht, er hatte sich dafür auch gern und zu Recht feiern lassen, aber es half ja nichts: "Der April wird einer der schwersten Monate meiner Karriere", sagte er unter der Woche aufgrund der Gegner, die den BVB erwarten. Und schon im ersten Spiel sollte er mit seiner Prognose recht behalten. Denn ein Spiel gegen Stuttgart ist gerade wohl tatsächlich noch schwerer als eines gegen Bayern. Durch den 1:0-Sieg in Dortmund am Samstag ist der VfB nun punktgleich mit den Münchnern - und nur wegen des schlechteren Torverhältnisses Dritter.

Hummels war wieder gut drauf, jedenfalls bereitete er in der 31. Minute die bis dahin beste Chance der Dortmunder mit einem Steilpass vor: Karim Adeyemi scheiterte am VfB-Torwart Alexander Nübel. In einer umkämpften ersten Halbzeit hatten auch die Stuttgarter ihre Großchance, die Serhou Guirassy per Kopfball nach einer Flanke von Chris Führich vergab.

Vor einer imposanten Kulisse - Dortmund feierte 50 Jahre Westfalenstadion mit einer eindrucksvollen Choreografie vor dem Anstoß - war das Spiel auch in der zweiten Hälfte ausgeglichen. Doch dann schien das Publikum einmal staunend innezuhalten: nach einem perfekten Stuttgarter Konter, den Guirassy mit einem Schuss in den Winkel zum Führungstreffer abschloss. Nico Schlotterbeck hatte die Großchance zum Ausgleich, doch er schoss aus kurzer Distanz drüber. Dortmund hätte ein Unentschieden durchaus verdient gehabt.

1. FC Heidenheim - FC Bayern München 3:2 (0:2) , Tore: 0:1 Harry Kane (38. Minute), 0:2 Serge Gnabry (45.), 1:2 Kevin Sessa (50.), 2:2 und 3:2 Tim Kleindienst (51., 79.)

Thomas Tuchel in Rage, Schiedsrichter Patrick Alt zeigt ihm die gelbe Karte. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Für den FC Bayern geht es in der Bundesliga bekanntlich um nicht mehr viel, seit Thomas Tuchel nach dem 0:2 gegen Dortmund in der Vorwoche Bayer Leverkusen bereits zum Meistertitel gratulierte. Etwas zu gewinnen gibt es nur noch in der Champions League, wo am Dienstag das Hinspiel im Viertelfinale beim FC Arsenal ansteht. Und allen Beteuerungen des Trainers zum Trotz spielten die Bayern genauso, wie man sich eine Mannschaft in dieser Situation vorstellt: nachlässig, um es vorsichtig auszudrücken. Anders gesagt: Sie blamierten sich so sehr wie seit dem DFB-Pokal-Aus in Saarbrücken nicht mehr.

Die Bayern führten 2:0 zur Pause, hatten bisweilen bis zu 80 Prozent Ballbesitz, es sah alles nach einem sicheren Sieg aus. Doch dann folgten die Spielminuten 50 und 51: Zuerst traf Kevin Sessa nach einem langen Abstoß von Torwart Kevin Müller, wenige Sekunden später glich Tim Kleindienst nach einer Flanke von Jan-Niklas Beste aus. Einmal sah Dayot Upamecano schlecht aus, einmal Min-Jae Kim, damit patzten beide Abwehrspieler, die Tuchel anstelle der Stamm-Innenverteidiger Eric Dier und Matthijs de Ligt aufgestellt hatte. Und nachdem die Münchner Chance um Chance auf die erneute Führung vergeben hatten, schloss Kleindienst einen Konter zum 3:2 ab.

Die irrwitzige zweite Hälfte (die in Patrick Alt ein eingewechselter Schiedsrichter-Debütant pfiff, weil Robert Schröder wegen Kreislaufproblemen nicht mehr konnte), hatte natürlich auch sehr viel mit der erstaunlichen Widerstandskraft des vermeintlich kleinen 1. FC Heidenheim zu tun. Aber es überwog womöglich selbst beim euphorisierten Publikum in der kleinen Voith-Arena auf der Ostalb das Erstaunen darüber, wie die Bayern die nächsten Punkte verloren - es sind nun 16 Zähler Rückstand auf Leverkusen.

Dass Serge Gnabry eine schöne Comeback-Geschichte schrieb und bei seinem ersten Einsatz von Beginn an nach seiner Verletzungspause ein Tor vorbereitete und eins selbst schoss, das geriet leider schnell in Vergessenheit. Und Tuchel, der vorher betont hatte, wie "mega unzufrieden mit mir selbst" er sei? Sah seine vierte gelbe Karte und ist am kommenden Wochenende gegen Köln gesperrt, wenn Leverkusen schon Meister werden könnte.

Union Berlin - Bayer Leverkusen 0:1 (0:1) , Tor: Florian Wirtz (45., Elfmeter)

Florian Wirtz kann natürlich auch das: Per Elfmeter traf er zum 1:0 in Berlin. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Bayer Leverkusens Trainer Xabi Alonso entschied sich diesmal für die große Rotation. Auf sechs Positionen unterschied sich seine Startelf zu der vom DFB-Pokal-Halbfinalsieg am Mittwoch gegen Fortuna Düsseldorf. Erwartungsgemäß spulte der Tabellenführer seine programmatischen Kurzpass-Ketten ab und filetierte Unions Abwehr, doch erst in einer wilden Minute der Nachspielzeit fiel die Führung.

Zunächst kassierte Robin Gosens Gelb-Rot, dann traf Odilon Kossounou aus einem Gewühl heraus. Der Treffer wurde aufgrund einer Abseitsstellung eines Leverkuseners jedoch nicht gegeben. Bei der Video-Analyse des Schiedsrichters wurde nun aber auch ein Handspiel zuvor von Unions Christopher Trimmel erkannt (er fuhr den rechten Ellbogen raus, woraufhin der umgeleitete Ball am Pfosten statt im Tor gelandet war), sodass Bayer den Elfmeter zugesprochen bekam. Florian Wirtz schob sicher links oben ein.

Union bemühte sich nach dem Seitenwechsel, kam zu zarten Chancen. Leverkusen aber spielte ausgebufft zu Ende.

SC Freiburg - RB Leipzig 1:4 (0:3) , Tore: 0:1 Amadou Haidara (2.), 0:2 und 0:3 Lois Openda (16., 45.), 0:4 Benjamin Sesko (54.), 1:4 Vincenzo Grifo (59.)

Freiburg-Coach Christian Streich erlebte mit dem Sportclub einen bitteren Nachmittag gegen Leipzig. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Anstoß, Tor. So ging diese Partie los. Zwar fiel der erste Treffer nicht nach neun Sekunden, wie es jüngst Florian Wirtz im Länderspiel gegen Frankreich gelang. Aber keine zwei Minuten waren vorbei, als Leipzigs Amadou Haidara im Strafraum eine scharfe Hereingabe von Lois Openda verwandelte. Noch vor der 20. Minute erhöhten die Gäste, Dani Olmo schlug einen weiten Ball in die Spitze auf Openda. Lukas Kübler schien zunächst in diesem Sprintduell im Vorteil zu sein, doch Openda luchste ihm den Ball ab und traf clever mit einem trockenen Schuss.

Der SC hätte in dem munteren Kick den Rückstand verkürzen können, doch den Hand-Elfmeter (verursacht von Openda) vergab Lucas Höler, er knallte den Ball an die Unterkante der Querlatte, die Kugel sprang zurück. Openda, ja, schon wieder Openda erhöhte vor der Pause auf 3:0, der Belgier nutzte einen Stolperer von Yannik Keitel (nicht verwandt oder verschwägert mit Harvey Keitel), der nun wissen dürfte: Ein amateurhafter Flugkopfball ist kein gutes Mittel, um ein Gegentor zu verhindern.

In der zweiten Halbzeit spielte Leipzig seine Überlegenheit souverän zu Ende, Benjamin Sesko schob noch zum 4:0 ein. Dem eingewechselten SC-Stürmer Vincenzo Grifo gelang die berühmte Ergebniskosmetik.

FSV Mainz 05 - SV Darmstadt 4:0 (1:0) , Tore: 1:0 Andreas Hanche-Olsen (32.), 2:0 Brajan Gruda (60.), 3:0 und 4:0 Jae-Sung Lee (80., 84),

Der Mainzer Brajan Gruda (re.) jubelt nach seinem Treffer zum 2:0. (Foto: Torsten Silz/dpa)

Für Darmstadt war das Spiel so etwas wie die letzte Chance im Kampf um den Ligaverbleib, doch mit dem schon nach 32 Minuten überfälligen Mainzer Führungstreffer wurde die Chance für den Tabellenletzten noch etwas kleiner: Nadiem Amiri holte einen Freistoß heraus und flankte ihn selbst in den Strafraum, und nach einem verunglückten Kopfball von Jae-Sung Lee drückte Abwehrspieler Andreas Hanche-Olsen den Ball über die Linie.

Amiri: ehemaliger deutscher U21-Nationalspieler, zuvor bei Bayer Leverkusen. Lee: aktueller südkoreanischer Nationalspieler. Hanche-Olsen: norwegischer Nationalspieler. Es sieht sechs Spieltage vor Schluss viel danach aus, als würde sich der Klub mit dem individuell am hochklassigsten besetzte Kader aller Abstiegskandidaten mindestens den Relegationsplatz sichern. Brajan Gruda, eines der größten Talente des deutschen Fußballs, traf zum 2:0 - und Lee auch noch zweimal. Der einzige Stimmungsdämpfer in Mainz war wohl das Ergebnis in Köln. Andererseits: Auch Bochum und Platz 15 sind nun wieder in Reichweite.

1. FC Köln - VfL Bochum 2:1 (0:0) , Tore: 0:1 Felix Passlack (53.), 1:1 Steffen Tigges (90.+1), 2:1 Luca Waldschmidt (90.+2)

Bochums Felix Passlack stand frei und nutzte die Gelegenheit zum 1:0 gegen den 1. FC Köln. (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Zwischendurch machte sich kurz wohl so etwas wie Ernüchterung breit im Kölner Stadion. Eine Heimniederlage gegen Bochum bei einem gleichzeitigen Mainzer Sieg, danach sah es aus, und es hätte in dieser vom Unglück verfolgten Kölner Saison einen großen Rückschlag im Kampf um den Relegationsplatz bedeutet. Doch vielleicht werden sie sich in der Domstadt an die Nachspielzeit an diesem 6. April noch eine Weile erinnern: Zunächst verlängerte der eingewechselte Steffen Tigges eine Ecke zum Ausgleich ins Netz, eine Minute später traf ebenfalls per Kopfball der nach langer Verletzungspause erst zum zweiten Mal eingewechselte Luca Waldschmidt. Und in Köln ging das Trömmelche.

Minutenlang wurden die Spieler später vor der Südkurve gefeiert. "Zieht den Bayern die Lederhosen aus", sangen die Fans - der nächste Gegner sind die Münchner, dann soll der Endspurt im Kampf gegen den Abstieg weitergehen. "Das war ein Spiel, das in Erinnerung bleibt", sagte Kölns Kapitän Florian Kainz. Trainer Timo Schultz lobte auch die Anhänger. "Ich glaube, in vielen Stadien wäre so ein Finish heute nicht möglich gewesen. Hier in Köln mit diesen Fans geht das."

Auch für die Kölner ist damit sogar der VfL auf Rang 15 nur noch vier Punkte entfernt. Bochum hat nun sechs Spiele hintereinander nicht gewonnen. "Es ist für uns mehr als nur eine Niederlage. So zu verlieren, das macht natürlich etwas mit einem", sagte Sportchef Patrick Fabian. Und zur Diskussion um Trainer Thomas Letsch: "Unmittelbar nach dem Spiel ist das kein Thema. Natürlich: Wir sind alle gefordert. Da gehört das Trainerteam dazu."

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