Bundesliga: Saisonvorschau:Angriff der Windelfighter!

Wuselige Japaner übernehmen die Bundesliga, Schalke 04 setzt auf Marvin Anderbrügge, Michael Ballack gesellt sich zu Torsten Frings nach Kanada. Und die Bayern? Die haben zwar "Bateng" - was die Sorgen nicht ganz vertreibt.

Unsere besten Wünsche für eine fulminante Bundesliga-Saison

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(Foto: dapd)

Wuselige Japaner übernehmen die Bundesliga, Schalke 04 setzt auf Marvin Anderbrügge, Michael Ballack gesellt sich zu Torsten Frings nach Kanada. Und die Bayern? Die haben zwar "Bateng" - was die Sorgen nicht ganz vertreibt. Unsere besten Wünsche für eine fulminante Bundesliga-Saison. Endlich wieder Werder Es gab eine Zeit am Anfang dieses Jahrtausends, da war es avantgardistisch, ein Sympathisant von Werder Bremen zu sein. Dieser Kombinationsfußball! Dieses offensive Spiel! Diese wunderbaren Tore! Zu Beginn freute sich der Werder-Fan über die Zuneigung aus dem Lager der selbst ernannten Fußball-Ästheten. Es war irgendwie so, als wäre man schon jahrelang mit seiner Freundin zusammen und plötzlich erklären einem alle, wie wunderschön sie ist - obwohl man das selbst ja schon immer wusste. Irgendwann jedoch ging einem das gehörig auf die Nerven, wenn diese Ästheten auch dann noch mit der Zunge schnalzten, obwohl Werder mit 3:4 verloren hatte. Dieser Kombinationsfußball! Dieses offensive Spiel! Diese wunderbaren Tore! In der vergangenen Saison hat Werder mit schrecklichem Fußball alle Ästheten vergrault, nur Fans mit masochistischer Ader sahen sich jedes Spiel an. Die kommende Spielzeit dürfte kaum besser werden, obwohl natürlich alle Fans an Platz vier (oder noch besser) glauben. Man wird den Kollegen Holger Gertz auf dem Gang treffen und minutenlang mit ihm jammern. Man wird mit dem Schriftsteller Moritz Rinke stundenlange Debatten führen, warum es nicht funktioniert. Und man wird Nachrichten bekommen vom besten Werder-Freund, ob man wirklich - wie in jedem Jahr - mindestens ein Spiel im Stadion sehen soll. Und kein Fußballästhtet wird einen nerven! Es wird eine herrliche Saison! (Jürgen Schmieder, Sportredaktion von sueddeutsche.de)

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Michael Ballack - drahtig und fit Eigentlich soll es ja die letzte Saison von Michael Ballack werden. Aber im Spätherbst droht alles ganz anders zu kommen. Ballack spielt in Leverkusen selten von Beginn an, obwohl er drahtig und fit ist wie in besten Jahren. Er ist stinksauer. Aber dummerweise ist der junge Lars Bender irgendwie noch drahtiger und fitter, mit ihm im defensiven Mittelfeld übersteht Bayer 04 die Vorrunde in der Champions League und hält zunächst mit den Bayern mit. Ballack erhält einen Anruf von Torsten Frings, der alte Kumpel will ihn zum FC Toronto locken. Frings sagt, flache Hierarchien gebe es dort drüben nicht, und er werde sicher immer spielen. Ballack bleibt im Rheinland und schaut zu, wie die Kollegen im Frühjahr mehrfach eine 3:0-Führung verspielen. Am letzten Spieltag in Nürnberg, die Bayern stehen seit neun Wochen als Meister fest, gibt sich Trainer Dutt einen Ruck, er bringt Ballack, für ein paar allerletzte Bundesligaminuten. Der Capitano köpft Bayer nach einer Ecke zur umjubelten Vizemeisterschaft. Er weint ein wenig vor Glück. Ballack zieht dann nach Toronto zu Frings. Er fühlt sich drahtig und fit. (Andreas Burkert, SZ-Sportredaktion)

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die "Windelfighter" kommen Euroleague statt Meisterschaft: Nach einer turbulenten Saison gewinnt Schalke tatsächlich 2012 zum zweiten Mal den Europacup. Das erstaunliche Wunder ist aus der Not geboren: Weil Manager Horst Heldt noch vor Abschluss der Transferperiode merkt, dass der Verein doch klammer als angenommen ist, muss er gleich noch ein Dutzend weiterer Spieler verkaufen, darunter B-Stars wie Huntelaar, Jones und Metzelder. Beim Blick in die Schalker Geschichtsbücher entsteht ein genialer Notplan: Heldt und Rangnick holen die Kinder der als "Eurofighter" gefeierten Uefa-Cup-Sieger von 1997 in den Profikader, um die sowieso recht junge Mannschaft zu verstärken. Die zu Beginn als "Baby-Schalker" (Altersdurchschnitt: 18,748394 Jahre) verspottete Mannschaft belegt zwar in der Bundesliga wieder nur den enttäuschenden 14. Rang des Vorjahrs, im internationalen Wettbewerb aber drehen die "Windelfighter" auf und wirbeln, angeführt von Namen wie Philipp Max (17), Marvin Anderbrügge (20) oder Patrick Nemec (14, sieht aber deutlich älter aus) ins Finale. Dort besiegen sie den FC Bayern München, der zuvor in der Gruppenphase der Champions-League gescheitert war, im Elfmeterschießen. Nach dem entscheidenden, von Ralf Fährmann getretenen Elfmeter, feiert Gelsenkirchen die Windelfighter und Raul, als einziger in der Mannschaft über 26, erhält zum Ende seiner Karriere ein Ehrendenkmal am Schalker Markt. (Johannes Kuhn, Digitalredaktion von sueddeutsche.de)

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Mehr Facebook wagen Fußballfans wollen mitbestimmen, das zeigt der Fall Michael Thurk. Manager und Trainer können nicht mehr einfach so über die Fans hinweg entscheiden - sonst formieren sich die Fans nach dem Vorbild deutscher Wutbürger via Facebook und organisieren Demonstrationen, um ihren Liebling zurück in die Mannschaft zu brüllen. Felix Magath hat die Macht des Internets schon in der vergangenen Saison erkannt, auch wenn ihm seine verkrampften Kumpeleien auf Schalke letztlich nichts halfen. Doch in dieser Spielzeit wird sich der Trend durchsetzen: Um Demonstrationen oder Pfiffe zu vermeiden, werden alle potentiellen Aufstellungen auf Facebook zur Abstimmung gestellt. Jeden Donnerstag um Punkt 12 Uhr wird gefragt: Wer spielt am Wochenende? Wer von Beginn an? Soll außer Podolski überhaupt jemand spielen? So werden klubinterne Spannungen vorab vermieden und nebenbei die Demokratie in der ohnehin streng demokratischen Fußball-Bundesliga noch weiter gestärkt. Auch Torhüterdiskussionen erledigen sich so von selbst. Wenn sie beliebt sind, spielen einfach alle beide. (Thomas Bierling, Sportredaktion von sueddeutsche.de)

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Nie wieder Balldiskussionen Über Jabulani hat alle Welt gesprochen. Jabulani, das war dieser kleine Kerl, der ausgerechnet in die südafrikanische Höhenluft geschickt wurde, um die Torhüter mit seinen aberwitzigen Flugkurven zu narren. Zumindest sahen das die Torhüter so. Jabulani konnte ja nichts dafür, dass ihn die Marketingstrategen als den stabilsten Flieger seit Archaeopteryx angekündigt hatten. Und so flog er frohgemut durch die WM-Stadien und erzürnte ungewollt Absender wie Empfänger. Jabulani heißt: der, der gerne feiert. Am Ende schimpfte die Fußballgemeinde: Jabulani torkelt. Der arme Kerl. Aus Jabulani wurde hierzulande die Torfabrik. 27 Tore mehr als in der Spielzeit 2009/10 kamen mit dem ersten Einheitsball der Bundesliga zuletzt zusammen. Und wieder gab es Proteste, die Torfabrik sei ein flatterhafter Geselle. So gesehen haben es die Marketingstrategen nun ganz geschickt gemacht: Sie haben dem neuen Einheitsball keinen neuen Namen gegeben. Aus Torfabrik wurde Torfabrik, nun mit blauen und roten Mustern auf weißem Grund. "Der Hauptunterschied zur Torfabrik der vergangenen Saison ist, dass man sich sehr schnell an ihn gewöhnen kann", teilte der Hersteller mit. Was auch am Namen liegen könnte. Bis zum Ende der Saison 2013/14 wird die Torfabrik der Bundesliga erhalten bleiben, selbst wenn der Ball seine Gestalt jährlich verändert. Am Ende wird es wohl noch so kommen: Der neue Einheitsball ist der, über den keiner spricht. (Maik Rosner, Mitarbeiter der Sportredaktion von sueddeutsche.de)

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Oder doch "Boamoschtschuk"? "Bateng!" Das erste Unwort der Saison ist schon mal gefunden. Natürlich gibt es mittlerweile ein berechtigtes Interesse, die mitunter kuriosen Personalentwicklungen in der Münchner Innenverteidigung mit immer neuen Spitznamen zu begleiten. Nach "Taps & Taumel" nun also "Bateng!" Damit wir uns nicht falsch verstehen: Jérôme Boateng (im Bild) ist selbstverständlich der beste Außen- respektive Innenverteidiger der Welt, weshalb er gesetzt ist. Fragt sich, wer sein kongenialer Partner werden soll, sollte es mit dem Kollegen Holger Badstuber ("Bateng!") nicht funktionieren. Vielversprechendes bietet sich nicht. "Boa Buyten" klingt nach einem verdammt schlechten Schlangenkünstler, "Gustateng" eher nach einer asiatischen Feinkostmarke, als nach einem fürchtenswerten Bollwerk. Gar nicht zu denken an "Boamoschtschuk", was fast so skurril klingt wie "Brenoteng" (wahrscheinlich eine Sonnenmilch). Vielleicht spielen Boateng und Badstuber auch einfach eine grandiose Saison, schießen vorne mehr Tore als sie hinten kassieren und setzen den Siegeszug von "Bateng" bis in die Nationalmannschaft fort. Ja, vielleicht... (Carsten Eberts, Sportredaktion von sueddeutsche.de)

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(Foto: N/A)

Der Reiz einer Bad-Taste-Party Die Bundesliga musste in Sachen Trikotdesign schon einiges ertragen. Bochums halbseitig-asymmetrischen Regenbogen-Farbkasten aus den Neunzigern (im Bild: Dariusz Wosz), Schalkes chemisches Rosa aus dem vergangenen Jahr oder die gelb-grüne Kanarienvogel-Variante der Bayern aus der Saison 1993/94. Warum wühlen junge Menschen für Bad-Taste-Parties stets in Mamas 80er-Jahre-Relikten, wo doch ein einfacher Griff in die Trikot-Mottenkiste des kleinen Bruders viel schrillere Schätze zu Tage bringen würde? In der neuen Spielzeit ist wieder einiges zu erwarten, auch wenn der VfL Bochum zunächst weiter nur in der zweiten Liga für Farbtupfer sorgt. Zum schicksten Shirt wählte eine Fachjury pünktlich zum Saisonstart übrigens das Outfit des 1. FC Nürnberg. Begründung: In seiner Schlichtheit passt das dunkelrote Dress gar nicht zu einem Fußballklub. Tatsache, man ist tatsächlich weitaus Schlimmeres gewohnt. (Jonas Beckenkamp, Sportredaktion von sueddeutsche.de)

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Japaner überall Die Bundesliga ist im Kagawa-Rausch. Weil Borussia Dortmund einst einen unbekannten Kicker aus Osaka verpflichtete, der seinen Marktwert binnen weniger Wochen verfünfundzwanzigfachte, wollen nun immer mehr Vereine ihren eigenen Japaner. Zum Saisonstart haben neun Bundesligisten einen Kicker aus Fernost vorzuweisen -  wenn am 31. August die Transferperiode endet, sind es schon zwölf. Vier Spieltage sind zu diesem Zeitpunkt absolviert, sämtliche BVB-Partien hat Shinji Kagawa mit Treffern in der Nachspielzeit entschieden. Bei den Bayern wartet Takashi Usami derweil auf seinen ersten Einsatz. Als der VfB Stuttgart seinen traditionellen Trainerwechsel vollzieht, gibt Präsident Gerd Mäuser unmissverständlich die Richtung vor: "Wir müssen japanischer spielen!" Damit sind die Hoffnungen von Winnie Schäfer, Peter Neururer und Rolf Schafstall erst mal dahin. Es kommt: Pierre Littbarski. Am Wasen geht die Sonne auf. Im Revierderby siegt Dortmund am 14. Spieltag mit 3:1. Atsuto Uchida bringt Schalke in Führung, danach trifft nur noch Kagawa. In der Winterpause ziehen vier weitere Klubs mit Verpflichtungen nach, nun sind nur noch der HSV und Hertha BSC ohne Japaner. Usami trainiert weiter fleißig für seine Bundesliga-Premiere. Zum Rückrundenauftakt werden zwei Drittel aller Spieltagtore von Japanern erzielt. In Leverkusen verliert Michael Ballack seinen Stammplatz an einen 19-Jährigen, der von Kawasaki Frontale gekommen ist. Beim VfB muss Littbarski schon wieder gehen. Yasuhiko Okudera übernimmt, führt Stuttgart zum Klassenerhalt. Kagawa wird selbstverständlich Torschützenkönig, Meister jedoch die Bayern. Als den Münchnern der Titel nicht mehr zu nehmen ist, kommt auch Usami zu seinem ersten Einsatz. Er wechselt anschließend zur Hertha. Und die DFL ergänzt ihre Statuten um einen Passus, wonach jeder Bundesligist künftig mindestens einen Japaner im Kader zu haben hat. (Philipp Kreutzer, Mitarbeiter der Sportredaktion von sueddeutsche.de)

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Die Einsicht des Fußballgotts Der 1. FC Nürnberg hält die Klasse, hundertprozentig und trotz des Verlustes von vier immens wichtigen Spieler. Denn wenn ein Verein schon als amtierender Deutscher Meister abgestiegen ist, schon als amtierender Deutscher Pokalsieger abgestiegen ist und schon mal am letzten Spieltag vom zwölften Platz auf einen Abstiegsplatz zurückgefallen, dann hat er sämtliche vorstellbaren Dramen schon in seine Historie integriert - und muss vom Fußball-Gott auch mal verschont werden. (Johannes Aumüller, Wirtschaftsredaktion von sueddeutsche.de)

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