Bundesliga:Plattenhardt wehrt Avancen von rechts ab

Lesezeit: 3 min

  • Marvin Plattenhardt erzielt mit einem sehenswerten Freistoß den Siegtreffer für Hertha BSC gegen Borussia Dortmund.
  • Danach profiliert sich ein AfD-Politiker mit einem Bild des Siegtorschützen auf Twitter - das passt Plattenhardt gar nicht.
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Von Javier Cáceres, Berlin

Wenn Angriffe von rechts kommen, ist Marvin Plattenhardt auf der Hut. Das ist insofern nicht weiter verwunderlich, als der Profi von Hertha BSC Berlin im Hauptberuf linker Verteidiger ist. Doch Plattenhardt, 25, ist nicht nur aufmerksam, wenn die Angriffe auf dem Platz kommen. Sondern auch, wenn sie jenseits des grünen Rasens erfolgen. Zum Beispiel: im VIP-Raum des Olympiastadions.

Dort hatte sich am Samstag auch ein Abgeordneter der AfD eingefunden und um ein Foto mit Plattenhardt gebeten. Nun steht er, dieser Mann namens Frank Scheermesser, als billiger Schmarotzer da, als Parasit des Ruhmes des Hauptdarstellers beim 2:1-Sieg der Hertha vom Samstag gegen Borussia Dortmund. "Unser Abgeordneter mit dem Siegtorschützen", twitterte die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Eine "Frechheit", fand Plattenhardt - und grätschte sofort dazwischen: "Foto bitte sofort löschen! Ich hatte keine Ahnung, wer sich da mit mir fotografieren lässt! Ich distanziere mich klar!", twitterte er zurück.

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Die AfD kam dieser Aufforderung nicht nach, offenbar will sie die Publizität des Falles weiter nutzen. Plattenhardt prüft daher rechtliche Schritte. Hertha BSC kündigte an, den Linksverteidiger im Falle einer juristischen Auseinandersetzung mit den Rechten zu unterstützen.

So oder so scheint der Ruhm von Marvin Plattenhardt in dieser Saison weiter zu wachsen. Seit 2014 ist er bei Hertha, er galt als Wunschspieler des damaligen Trainers Jos Luhukay und wurde von diesem danach dennoch auf so unerklärliche wie sträfliche Weise missachtet. Die Dinge wendeten sich für den Spieler mit der Absetzung des Niederländers - und der folgenden Installierung von Pal Dardai als Cheftrainer vor gut zwei Jahren. So wie die Hertha hat sich auch der in Filderstadt geborene Plattenhardt seither konsolidiert. In dieser Saison hat er 21 von 24 Spielen bestritten, jeweils über die volle Distanz. Und vor allem hat er mit drei direkt verwandelten Freistößen von sich reden gemacht, in Wolfsburg, gegen Darmstadt - und nun eben gegen den BVB.

Sein Treffer zum 2:1 gegen die Dortmunder (71. Minute) war von ausnehmender Schönheit; er hätte jedem brasilianischen Linksverteidiger zur Ehre gereicht - oder Herthas früherem Spielmacher Marcelinho, der mit sechs verwandelten Freistößen den Berliner Vereinsrekord hält (Plattenhardt kommt nun auf fünf für Hertha und zwei für seinen vorherigen Klub Nürnberg). Der Ball lag zentral, 17 Meter vor dem Tor, und Plattenhardt nahm, wie er es mag, nur zwei Schritte Anlauf. Dann landete der Ball mit einer Geschwindigkeit von 98 Stundenkilometern im Winkel, das heißt: mit einer enormen Wucht.

Wie schon vor dem Tor gegen Darmstadt war auch vor diesem Treffer im Gespräch mit dem Trainerstab diskutiert worden, dass es mal wieder Zeit sei, einen Freistoß direkt zu verwandeln. "Der Trainer hat zu mir gesagt: 'Schieß mal wieder in die Torwartecke'", verriet Plattenhardt, "ich habe mich gut gefühlt und bin volles Risiko gegangen." Auch dem Gästetrainer Thomas Tuchel rang Plattenhardts Kunstschuss Hochachtung ab. Es sei "ein spektakuläres Freistoßtor" gewesen, konzedierte Tuchel, der Zeuge eines ansprechenden Spiels von zwei offensiv ausgerichteten, gut organisierten Teams gewesen war.

Dass Hertha nach diversen vergeblichen Anläufen gegen die Branchenführer Bayern (1:1) und den BVB in Liga und Pokal (zwei Mal 1:1) nun endlich einen Sieg landete, hatte zudem mit einer bemerkenswerten Rückkehr zu tun. Den Freistoß, den Plattenhardt verwandelte, hatte der eingewechselte Mitchell Weiser herausgeholt, den die Hertha zuletzt überaus schmerzlich vermisst hatte. Seit Mitte Dezember hatte Weiser verletzungsbedingt passen müssen.

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Nun reichte ein unwiderstehlicher Solo-Sturmlauf Weisers, um den zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer der Dortmunder wieder vergessen zu machen. "Man hat gesehen, dass er bei uns den Unterschied macht", sagte Trainer Pal Dardai, "er ist unser einziger Umschaltspieler." Und auch Kapitän Vedad Ibisevic freute sich, dass "die Leidenszeit" des Kollegen Weiser endlich vorbei sei. "Jeder weiß, wie wichtig Mitch für unser Spiel ist."

Vor allem auswärts gilt dies, dort reißt er mit seinen abenteuerlichen Ausflügen Räume auf, die der Hertha sonst fehlen - und die erklären, dass das beste Heimteam der Liga (31 Punkte) auswärts nur neun Punkte sammeln konnte. Es ist auch kein Zufall, dass Hertha ausgerechnet gegen Dortmund und Bayern die besten Leistungen der Saison bot, "die Atmosphäre im (am Samstag wieder vollbesetzten) Stadion ist großartig, und sie wollen Fußball spielen", sagte etwa der 31-jährige Stürmer Salomon Kalou, der den Führungstreffer erzielt hatte (12.). Nun stehen die Berliner wieder an der Schwelle zu den Champions-League-Plätzen. "Es ist besser, nach oben zu schauen als nach unten", sagte Kalou.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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