Bundesliga: München - Leverkusen 5:1:Bayerische Befreiung

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Der FC Bayern weicht gegen Leverkusen erfolgreich von den Regeln van Gaals ab und gewinnt mit erstaunlich wenig Mühe 5:1. Noch-Bayer- und Bald-Bayern-Trainer Jupp Heynckes reagiert zunächst wütend - später dürfte Schamgefühl hinzugekommen sein.

Andreas Burkert

Da hat der Stadionsprecher natürlich absolut recht gehabt, als er vor dem Spiel mitteilte, dass Jupp Heynckes "ja quasi noch Trainer von Bayer Leverkusen" sei. Darauf hatte der 65-Jährige selbst Wert gelegt vor seinem Gastspiel mit Bayer 04 in München, wo er trotz seines ab Sommer gültigen Vertrages mit dem FC Bayern eine kleine Dreistigkeit im Sinn hatte: einen Sieg gegen die alten, künftigen Weggefährten.

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Heynckes hat das sicher ernst gemeint, sein Haupt glühte jedenfalls nach wenigen Minuten aufrichtig vor Ärger, so fahrig waren seine Leverkusener gestartet. Vermutlich wich seine Wut dann bald einem unangenehmen Schamgefühl, denn schon zur Pause hieß es 0:4 in einem Spiel, in dem die Bayern unter Interimstrainer Andries Jonker phasenweise befreit aufspielten - und der Gast aus dem Rheinland im entscheidenden Moment mal wieder unterging, wie schon in den Jahrzehnten vor Heynckes.

Nach dem 1:5 sollte sich Heynckes nun auf die Konservierung von Platz zwei konzentrieren, denn die auf Rang drei vorgerückten Bayern um den dreifachen Torschützen Mario Gomez liegen jetzt nur noch sechs Punkte dahinter.

Heynckes zurück in München, das ist allerdings nur eine Facette dieses mit Spannung erwarteten Duells gewesen. Zurück kehrte ja auch Michael Ballack, der offiziell noch amtierende Kapitän der Nationalelf, der 2006 nach drei Double-Gewinnen und 47 Toren in 135 Spielen für die Bayern aus München fortzog und so wenig Sympathien hinterließ.

Mit Philipp Lahm, seinem angehenden Nachfolger im DFB-Amt, duellierte sich Ballack beim Wiedersehen so gut wie gar nicht, Heynckes bot den Routinier erneut als erste Nachhut der einzigen Spitze Derdiyok auf. Auf der anderen Seite betraute Andries Jonker ebenfalls einen alternden Weltstar mit der Rolle auf der Zehner-Position: Erstmals seit September stand Miroslav Klose wieder in der Startelf, was allerdings auch dem kurzfristigen Ausfall von Kroos und Altintop (erkältet) geschuldet war.

Ballack bot sich nach vier Minuten die erste Torchance, als er nach einem Konter über Sam am linken Strafraumeck auftauchte, den direkten Abschluss aber verweigerte. Damit gab der 34-Jährige irgendwie den Trend vor für seine Männer, denn Bayer stand sich an diesem Nachmittag in einem bedeutungsschweren Spiel selbst im Weg. Unentschlossen und fehlerhaft präsentierte sich der Tabellenzweite, obwohl auch die Bayern ohne ihren gesperrten Flügelsprinter Arjen Robben zunächst keineswegs selbstsicher und brillant auftraten.

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Aber ihnen gelang die Führung, vielmehr hielt Bayer-Kapitän Simon Rolfes nach einer Ribéry-Ecke und Schweinsteigers Verlängerung freundlicherweise sein Kinn hin zur Münchner Führung (7.). Sicherheit verlieh dieser Start den Bayern nicht, sie hielten sich nun noch penibler an ihren Plan: Hinfort mit van Gaals Idee vom Ballbesitz - Bayern ließ Bayer spielen, und das erwies sich als richtige Strategie.

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Leverkusen verlor reihenweise die Bälle in der Gefahrenzone, die neue Deckung mit van Buyten und Gustavo im Zentrum sowie Butt anstelle von Kraft im Tor geriet nie in Gefahr. Es gab kaum ein Durchkommen im dichten Mittelfeldbetrieb, wo Timoschtschuk und der rechtzeitig genesene Schweinsteiger kompromisslos wirkten.

Die Münchner Offensive musste ihrerseits nur auf Leverkusener Fehler warten, vor allem Thomas Müller lauerte mit Vergnügen auf solche Malheure. Wie vor dem 2:0, als er zunächst Reinartz den Ball abluchste und schließlich auch dem Nothelfer Vidal, der tatsächlich der Ansicht gewesen ist, die Situation an der Grundlinie per Hacke lösen zu können - Müller stoppte den Ball problemlos und legte für Gomez auf (28.). Angesichts dieser Peinlichkeit war die Frage erlaubt: Hat neben Heynckes womöglich auch schon der Chilene Vidal in München unterschrieben?

Nach dem 2:0 kollabierte der Gast, der kaum etwas von seiner technischen Klasse anbot und noch vor der Halbzeit geschlagen war. Nach einem Ballverlust machte sich wieder Müller über rechts auf den Weg, erneut ein Rückpass auf Gomez, ein Schuss - das 3:0 (44.). Den vierten Treffer setzten die Münchner über links an, Schweinsteigers Verlagerung brachte abermals Gomez in Position, bei dessen Flachschuss Bayer-Keeper Adler nicht gut aussah (45+1).

Erstmals seit einer Ewigkeit hatten die Bayern zur Pause weniger Ballbesitz als der Gegner, sie hatten manchmal sogar - wie der früh für Pranjic gebrachte Contento - den Ball hoch auf die Tribüne getreten statt ihn gemäß van Gaals Lehre kunstvoll weitergeleitet - aber sie führten 4:0.

Gegen die Rechtmäßigkeit des haushohen Erfolges hatte Leverkusen nichts mehr einzuwenden, Derdiyoks 1:4 (62.), dem ein Missverständnis zwischen Schweinsteiger und van Buyten vorausging, produzierte null Spannung. Die kampfstarken Bayern ließen kaum etwas zu und nutzten effektiv die nächste Chance: Ribéry tunnelte am Strafraum Reinartz auf demütigende Art und Weise und schob zum 5:1 ein.

© SZ vom 18.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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