Bundesliga: HSV:Hamburg? Mittelmaß!

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Viele Verletzte, die Spieler zu alt, kein klares Konzept - beim Hamburger SV läuft es wieder nicht rund. Vereinschef Bernd Hoffmann stellt die Zukunft des Kaders um Ruud van Nistelrooy in Frage - und damit auch seine eigene.

Jörg Marwedel

Wer in diesen Tagen nach etwas Positivem beim Hamburger SV sucht, wird nicht viel finden. Vielleicht, dass Torjäger Ruud van Nistelrooy einem 18-jährigen Koreaner eine große Zukunft prophezeit und Sportchef Bastian Reinhardt am Donnerstag verkündete, man habe den Vertrag mit Heung-Min Son bis 2014 verlängert. Das Talent, das vorigen Sonntag beim 2:3 in Köln sein erstes Bundesliga-Tor erzielte, hat sich trotz eines im Sommer erlittenen Fußbruchs in kurzer Zeit etabliert.

Stürmer Ruud van Nistelrooy kann den HSV derzeit nicht mitreißen. (Foto: dapd)

Heung-Min Son dürfte auch diesen Samstag gegen 1899 Hoffenheim in der HSV-Startelf stehen. Nicht nur, weil er ein Ausnahmetalent ist, sondern auch, weil Trainer Armin Veh die Spieler ausgehen. Die Lage erinnert fast schon an jene Phase unter Thomas Doll, der sich 2006 nach einer unglaublichen Verletzten- Serie auf Platz 18 wiederfand und im Winter gehen musste. Die neuesten Ausfälle sind van Nistelrooy und Collin Benjamin, die sich einen Muskelfaserriss zuzogen. Mladen Petric knickte im Training um und zog sich eine Dehnung am Knöchel zu, was einen Einsatz am Samstag ungewiss macht.

Und das sind nur die jüngsten Blessuren. Torwart Frank Rost (Außenbandanriss), die deutschen Nationalspieler Marcell Jansen (Zehenbruch) und Dennis Aogo (Schambein) sowie Eljero Elia (Ferse), Dennis Diekmeier (Fersen-Operation) und die Langzeitverletzten Tunay Torun und Romeo Castelen komplettieren das Lazarett. Schon wird darüber debattiert, ob der Trainingsrasen zu hart sei, wie einige Profis meinen. Doch auch das ist nur eines von vielen Problemen.

Heung-Min Son ist nämlich noch aus einem anderen Grund ein Hoffnungsträger beim mal wieder ins Mittelmaß abgestürzten HSV, der allein bei den Gehältern Champions-League-Niveau erreicht. Der Koreaner, so glauben sie in Hamburg, könnte ein wichtiger Baustein werden beim Aufbau einer neuen Mannschaft. HSV-Chef Bernd Hoffmann hat dieser Tage in einem wahren Interview-Marathon mit den Hamburger Zeitungen herausgestellt, dass die Mannschaft im kommenden Frühjahr vermutlich einer gravierenden Umgestaltung unterzogen werde, weil sie immer wieder als Team versagt habe. Es habe ihr, so Hoffmann, zu häufig "Gier und Galligkeit" gefehlt.

Das heißt, dass wohl nicht nur die alten Weltstars van Nistelrooy und Zé Roberto und der noch ältere Rost auf den Prüfstand müssen, sondern vermutlich auch Profis wie Guy Demel, der wechselwillige Petric und womöglich Elia, der seine Klasse nur in der Anfangsphase 2009 zeigte. Die jüngste Volte bedeutet offenbar, dass nun wieder eine jüngere Mannschaft aufgebaut werden soll, ähnlich wie in der ersten Phase unter Sportchef Dietmar Beiersdorfer, als hauptsächlich veranlagte junge Spieler verpflichtet wurden. Derzeit ist das HSV-Team eines der ältesten in der Liga. Schon jetzt glauben viele HSV-Anhänger, auch diese Saison werde so enttäuschend enden wie viele andere in der Ära des HSV-Chefs Hoffmann. Jedenfalls im Verhältnis zu den in Hamburg hohen Erwartungen und zum finanziellen Aufwand.

Auch das war offenbar ein Grund für Hoffmanns Interviews: Er weiß, dass die vielen Trainerwechsel (sieben in sieben Jahren) seinem Image geschadet haben. Und solange auch bei Armin Veh kein klares Konzept zu sehen ist, wird Hoffmanns Ansehen in der Stadt weiter sinken. Schon jetzt also versucht er, vor der Wahl des neuen Aufsichtsrates im Januar, sein Feld zu bestellen. Seinen Ende 2011 auslaufenden Vertrag, so ist nicht nur durch die Blume herauszulesen, werde Hoffmann nur dann verlängern, wenn auch im neuen Gremium Leute sitzen, die dem Vorstand "Vertrauen und ein klares Mandat" geben. Sollte das nicht so kommen, wird nicht nur die Zeit manches alternden Spielers, sondern auch die bald achtjährige Ära Hoffmann beim HSV zu Ende gehen.

© SZ vom 06.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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