Heidenheim besiegt Union:Beste ist Heidenheims Bester

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Sein Freistoß sitzt perfekt: Jan-Niklas Beste jubelt. (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Imago)

Ein Freistoß wie ein geschwungener Pinselstrich: Heidenheim verschafft sich dank eines spektakulären Treffers gegen Union weitere Anerkennung. Die Berliner erleben dagegen ihre schwierigste Phase seit dem Aufstieg 2019.

Von Maik Rosner, Heidenheim

Hinterher wurde der freudestrahlende Jan-Niklas Beste von seinen Kollegen und seinem Trainer Frank Schmidt lange geherzt und gedrückt. Während der Offensivspieler des 1. FC Heidenheim aus den Umarmungen kaum herauskam, konnte man sich schon die Geschmacksfrage stellen, was denn nun spektakulärer ist: Bestes linker Fuß mit dieser bemerkenswerten Schusstechnik oder doch sein ähnlich beeindruckender Bart? Ersteres jedenfalls hatte am Samstag beim 1:0 (0:0)-Sieg gegen den 1. FC Union Berlin erneut viel Aufmerksamkeit erregt und dafür gesorgt, dass sich der Aufsteiger Heidenheim in der Bundesliga weitere Anerkennung verschafft.

Das lag in erheblichem Maße an Bestes direkt verwandeltem Freistoß aus rund 25 Metern. Fast genau in den Winkel war der Ball eingeschlagen, von der Unterkante der Latte war er ins Tor geprallt, begleitet von einem Scheppern, das wie ein Tusch auf dieses Traumtor daherkam. Nach seinem ersten Tor im ersten Heimspiel gegen Hoffenheim war Beste noch schnell ins Krankenhaus gefahren, zu seiner Frau und seinem gerade erst geborenen Sohn. Nun, erzählte sein Trainer Schmidt, sei der Kleine erstmals im Stadion gewesen, "und dem wollte er was zeigen". Schmidt lächelte, und auch Beste berichtete vergnügt von seinem Sohn Charly. "Das ist ein Glücksbringer, er muss jetzt zu jedem Heimspiel", sagte Beste, noch immer freudestrahlend.

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In jedem der drei Heimspiele hat der 24-Jährige nun getroffen, und diesmal wurde er von Schmidt zum entscheidenden Faktor des Spiels erhoben. "Wenn es diesen Freistoß nicht gibt, geht das Spiel wahrscheinlich 0:0 aus", sagte Schmidt, "aber es gab den Freistoß und wir haben Jan-Niklas Beste. Das ist unglaublich, mit welcher Selbstverständlichkeit er an diese Bälle geht."

Beim 1. FC Union ist es mit der Heiterkeit gerade nicht so weit her. Das liegt vor allem daran, dass die Berliner durch die fünfte Pflichtspielniederlage in Serie ihre bisher schwierigste Phase seit dem Aufstieg 2019 erleben. Es ist sogar so, dass sie noch nie in den fünf Amtsjahren von Trainer Urs Fischer so oft hintereinander verloren haben. Der Schweizer wirkte hinterher ein bisschen ratlos, hatte den Humor aber immerhin nicht verloren. "Danke noch mal für dein Buch", sagte Fischer zum Kollegen Schmidt auf der Pressekonferenz: "Ich werde versuchen, das so schnell wie möglich zu lesen. Vielleicht ist da ein Tipp dabei, wie wir wieder herauskommen aus dieser Situation."

Bei Union Berlin sind wichtige Säulen verletzt

Stets war es unter Fischer bergauf gegangen bis hinein in die Champions League, in der die Berliner am Dienstag auf Sporting Braga treffen. Es wird ihr erstes Heimspiel in Europas Eliteliga sein, wenngleich es nicht in der Alten Försterei stattfindet, sondern im Olympiastadion, das sonst dem Stadtrivalen Hertha BSC als Heimstätte dient. Doch von Vorfreude auf die Premiere war wenig zu spüren nach dem nächsten Rückschlag in Heidenheim, durch den Union vom Aufsteiger in der Tabelle sogar überholt wurde.

"Wir tun uns wirklich schwer", sagte Fischer zu den fehlenden Toren nach nur einem Treffer in den vergangenen fünf Spielen. Hinzu kommen Verletzungen bei Säulen der Mannschaft wie Robin Knoche und Rani Khedira. "Wir sind derzeit nicht effizient und kriegen hinten immer eins", sagte Kapitän Christopher Trimmel und ergänzte: "Wir wissen, dass es nicht immer bergauf geht. Wir haben eine schwierige Saison mit der Doppelbelastung, wir hatten wieder einen großen Umbruch." Dennoch sei er zuversichtlich, dass es bald wieder aufwärts gehe.

Kämpferisch engagiert, aber bei Union und Kapitän Christopher Trimmel (li.) klappt gerade nicht so viel wie gewohnt. (Foto: Robin Rudel/Imago)

Es war auch ein Vergleich zweier Mannschaften und Vereine gewesen, die bei allen Eigenheiten und Alleinstellungsmerkmalen durchaus einige Ähnlichkeiten und Parallelen aufweisen. Ein bisschen darf der 1. FC Heidenheim sogar als eine neue Version des 1. FC Union in der Bundesliga betrachtet werden. Auch beim aktuellen Aufsteiger von der Ostalb vertrauen sie mit voller Überzeugung und sogar noch weitaus länger ihren überschaubaren Strukturen und ihrer sportlichen Führung von Trainer bis Management.

Auch die kleinen, engen Stadien und die ausgeprägte Identifikation des Publikums mit ihren jeweiligen Vereinen haben durchaus eine Schnittmenge. Und wer mag, kann sogar Gemeinsamkeiten zwischen dem 50 000 Einwohner zählenden Städtchen im Osten Baden-Württembergs und dem 70 000 Einwohner zählenden Stadtteil im Osten der Millionenstadt Berlin erkennen. Die Verbundenheit mit der Heimat und dem Schloss Hellenstein ist in Heidenheim ähnlich ausgeprägt wie in Köpenick mit dem Rathaus und dem davor stehenden Hauptmann als Bronzeskulptur.

Beste schießt einen Freistoß, als zeichne ein Künstler einen schwungvollen Pinselstrich

"Nachhaltigkeit, Zusammenhalt und Werte spielen bei Union eine große Rolle. Was die mannschaftliche Geschlossenheit angeht, gibt es definitiv Parallelen", hatte Schmidt schon vor dem sportlichen Vergleich gesagt, aber auch auf Unterschiede verwiesen. "Wir können uns nicht mit Union vergleichen, weil in Berlin alles viel größer ist, weil Union einen ganz anderen Weg genommen hat als wir", sagte Schmidt und hielt fest: "Wir gehen unseren eigenen Weg." Als Vorbild könne Union aber zumindest teilweise durchaus dienen. Auch die Berliner hätten eine Entwicklung genommen, die man ihnen nicht zugetraut habe, sagte Schmidt.

Auch im ersten Spiel gegeneinander in der Bundesliga ließen sich einige Überschneidungen erkennen. Das betraf sowohl die offensive Ausrichtung beider Mannschaften als auch die defensiven Defizite. Dass es zur Pause 0:0 stand, lag am verschwenderischen Umgang mit den Torchancen und an den gut aufgelegten Torhütern Kevin Müller (Heidenheim) und Frederik Rönnow (Union). Ähnlich forsch, aber zunächst torlos ging es in der zweiten Hälfte weiter.

Die Serie der vergebenen Großchancen endete erst nach einer knappen Stunde, obwohl zunächst einmal gar keine Großchance zu bestaunen war. Andererseits hatte sich 25 Meter vor Unions Tor ja Heidenheims Beste, in der bisherigen Saison auch Heidenheims Bester, den Ball zum Freistoß zurechtgelegt. Und wer Bestes Kunstfreistoß aus sehr spitzem Winkel in den Winkel zum ersten Bundesligator in der Vereinsgeschichte in Heidenheims erstem Heimspiel gegen Hoffenheim nicht vergessen hatte, der ahnte, dass Rönnows Tor trotz der großen Distanz einer akuten Bedrohung ausgesetzt war. Beste lief an und verlieh dem Ball mit seinem linken Fuß eine Flugbahn, als zeichne ein Künstler einen schwungvollen Pinselstrich. "Schöner kann man nicht gewinnen als mit so einem Tor", sagte Schmidt später.

Es war Bestes drittes Saisontor, von denen das erste und das dritte Heidenheims gefühlte Tore der Monate August und September waren. Vielleicht waren sie auch jeweils einfach Bestes Pinselstriche des Monats.

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