Sieg von Leverkusen:Havertz löst Schwärmereien aus

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Durchsetzungsstark für Bayer Leverkusen: Kai Havertz. (Foto: Ronald Wittek/Pool via Getty)

Leverkusen untermauert mit einem erkämpften Sieg in Freiburg seine Champions-League-Ambitionen. Dank Kai Havertz blitzen im richtigen Moment Qualitäten einer Spitzenmannschaft auf.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Freiburgs Trainer Christian Streich hatte bereits am Tag vor der Partie seinen Respekt vor dem Spieler bekundet, der beim Leverkusener 1:0-Sieg in Freiburg dann auch prompt zum Mann des Tages werden sollte. Kai Havertz, dessen Treffer in der 55. Minute die Partie entschied, sei fußballerisch so stark, dass dessen Puls bei Spielbeginn wahrscheinlich "nur halb so hoch" wie sein eigener sei. "Wenn du so eine Qualität hast wie er, kannst du dich natürlich vollständig auf deine Fähigkeiten verlassen."

Streichs Worte sollten sich als prophetisch erweisen, denn es war der Jung-Nationalspieler, der nach feinem Doppelpass mit Leon Bailey SC-Torwart Alexander Schwolow den Ball durch die Beine manövrierte und das einzige Tor des Abends schoss (55.) - gleichmütig beobachtet von einem Dutzend Fledermäusen, die sich im stillen Schwarzwaldstadion mit den Insektenschwärmen unter den Flutlichtmasten amüsierten. Havertz ist nun der erste Spieler, der vor seinem 21. Geburtstag 35 Bundesliga-Tore erzielt hat. Statistiker haben eine große Freude an solchen Zahlen. Fußballlehrer bräuchten sie wahrscheinlich gar nicht, um festzustellen: Der Mann ist einfach gut.

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Peter Bosz sagte dennoch nicht viel über seinen Musterschüler, den er ja nicht noch mehr anpreisen muss, um ihn zum Objekt der Begierde für allerlei Top-Klubs aus dem In- und Ausland zu machen. Der Leverkusener Coach beließ es beim Hinweis, dass die Verletzung, die Havertz Mitte der zweiten Hälfte zur Auswechslung zwang, wohl nicht so schlimm sei, dass dem 36. Treffer als 21-Jähriger etwas entgegenstünde - am kommenden Samstag gastieren die Bayern in Leverkusen: "Es geht ihm gut. Ich weiß nicht, wie schlimm es ist. Aber das geht schon in Ordnung."

Freiburg vergibt zwei große Chancen

Boszs Kollege Streich, dem es eher egal sein kann, wo Havertz in der kommenden Saison spielt, schwärmte hingegen noch einmal unbefangen über dessen Treffer, der dank viel Gefühl in Leverkusener Füßen und etwas Glück gefallen war: "Und dann ist da Kai Havertz. Da kriegen wir dreimal den Tunnel und der Ball geht rein, das ist genial." Ansonsten hatte er nicht viel auszusetzen an seiner Mannschaft, die tatsächlich topfit und engagiert aufgetreten war, aber eben auf einen Champions-League-Aspiranten mit entsprechender individueller Qualität getroffen war: "Heute haben wir gegen eine hochmotivierte Mannschaft ein für unsere Möglichkeiten perfektes Spiel gemacht. Mehr kann ich nicht verlangen", lobte Streich.

Dass das Havertz-Tor nach der einzigen echten Leverkusener Torchance gefallen war, interessierte nach dem Spiel nicht mehr so richtig. Gut gespielt hatten die Rheinländer nicht, außer dem Treffer gab es keine wirkliche Torchance in einem insgesamt umkämpften, aber alles andere als dramatischen oder gar hochklassigen Spiel. Optisch dominant waren die Gäste beim allerseitigen Mittelfeld-Rochieren trotzdem, wie auch 68 Prozent Ballbesitz dokumentieren. Auch deshalb gab es nach dem Spiel nicht viele, die das Ergebnis eine himmelschreiende Ungerechtigkeit gefunden hätten - trotz der Tatsache, dass das Leverkusener Spiel im vorderen Drittel nicht mehr ganz so gut war: "Wir haben in der ersten Halbzeit gut den Ball laufen lassen", fand Bosz. "Aber am Ende, wenn die Räume sich öffnen, muss man nach vorne spielen. Und da waren wir nicht gut."

Zumal die Chancenverwertung ja auch gerade eine Spitzenmannschaft von einer ganz ordentlichen unterscheidet. Von drei echten Chancen im Spiel hatte Freiburg nämlich zwei. Doch Höler vergab die erste vor dem Ende des ersten Durchgangs nach tollem Zuspiel von Roland Sallai kläglich (43.), ebenso wie Nils Petersen in der 88. Minute - beide waren völlig frei vor Leverkusens Torwart Lukas Hradecky zum Abschluss gekommen. "Bei uns fehlt ein kleiner Schritt", seufzte Freiburgs Christian Günter, der Petersen seine Chance aufgelegt hatte. "Das ist die Qualität, die Havertz hat. Dass er nur eine Situation braucht."

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