Bundesliga: FC Bayern:"Wir finden eine Lösung"

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Vor den Spielen in Hoffenheim und gegen Mainz wagt beim FC Bayern niemand das Wort "Fehlstart" auszusprechen. Während Trainer van Gaal über destruktive Gegner klagt.

Moritz Kielbassa

Das Wort "Fehlstart" hat am Montag im Beisein von Louis van Gaal niemand auszusprechen gewagt, der Bayern-Trainer hatte auf diese Vokabel nach dem 0:0 gegen Köln arg gereizt reagiert. Doch erneut brachte van Gaal eine Frage auf die Palme - die Frage nach dem Teampsychologen Philipp Laux: Was der gerade tue gegen die Verunsicherung nach drei torlosen Ligaspielen - und vor einer wegweisenden Woche, in der alle erwarten, dass die Bayern gegen die Eroberer der Tabellenspitze, Hoffenheim (Dienstag) und Mainz (Samstag), mal wieder die selbstbewusste Körpersprache des Gewohnheitsmeisters zeigen. Van Gaal missfiel dieser Themenansatz: "Der Psychologe ist immer da, aber es ist typisch, in so einer Phase das zu fragen. Da ist ein Unterton dabei, den mag ich nicht."

Der FC Bayern kann in dieser Saison noch nicht befreit aufspielen. Es ist, als trügen die Spieler eine Art Ballast mit sich über den Platz. (Foto: AFP)

Van Gaal ("ich mache keine Vorwürfe, nur Analysen") referierte am Montag ausführlich über die komplexe Gruppensportart Fußball. Tausende kleiner "Faktoren" sieht der Trainer als Ursache dafür, dass seine Bayern zuletzt so surreal selten ins Tor trafen: "Alle Spieler wollen, aber wollen ist nicht genug", die Eckbälle seien zu ineffizient, man provoziere kaum Freistöße, manchmal behindere ein Spieler (Ribéry) durch taktisches Fehlverhalten den anderen (Contento), was natürlich nur er, van Gaal, erkennt - und "wir haben bisher auch kein Glück genossen".

Ein kleines Statistik-Problem

Generell, sagt der Trainer, sei die Spielweise "viel besser als vor einem Jahr" - bis auf ein entscheidendes Detail: die Kunst des "letzten Passes", die den Bayern zuletzt abhanden kam. Was nutzen 70 Prozent Spielanteile und 124 Ballkontakte gegen Köln alleine von Schweinsteiger dem immerzu klaren Spitzenreiter in dieser Rubrik - wenn die wichtigste Statistik sagt: Bayern ist Neunter! Weil alle Passkreisläufe ohne Schuss ins Ziel enden.

Das liege allerdings auch: an den sehr destruktiven Gegnern. "Ich nenne es Fußball, wenn man wenigstens ein bisschen angreift", grummelte van Gaal. Seit dem Schmerz des verlorenen Champions-League-Endspiels gegen Inter Mailands kompaktes Bollwerk stichelt der Offensivliebhaber gegen alle Defensivprediger, deren Teams mit, ja, fieser Verweigerungshaltung gute Mannschaften wie die Bayern schlecht aussehen lassen. Siehe Köln: "Da steht Podolski als Stürmer 30 Meter vor dem eigenen Tor und 20 Spieler im Strafraum. 20! Jeder Flankengeber hat immer Druck, kein Stürmer hat Platz." Wie solle da der letzte Pass gelingen?

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Van Gaal verspricht bei allem Lamento: "Wir finden eine Lösung." Eine kurzfristige könnte sein, dass Hoffenheim und Mainz keinen Beton anrühren, sondern laufstarke, angriffslustige Kollektive mit kesser Vorwärtsverteidigung sind. "Ralf Rangnick ist eine Ausnahme, Hoffenheim will Fußball spielen", hofft van Gaal, und auch den von Rangnick inspirierten Trainer des Tabellenführers, Thomas Tuchel, erwähnt er lobend: "Mein Analytiker ist begeistert vom Mainzer Fußball, die sind nicht zufällig da oben" - Subtext: Wir müssen sie trotzdem besiegen. Denn van Gaal weiß: "Wir müssen oben stehen, sonst kommt Druck. Von den Medien, vom Vorstand, von allen."

Trotz des Wiesn-Auftakts war Louis van Gaal nach dem 0:0 gegen Köln nicht nach Feiern zumute. (Foto: AP)

Wo Mainz jetzt grüßt, dort war Hoffenheim im Herbst 2008, man erinnert sich an die psychologischen Scharmützel damals mit den Bayern. Eineinhalb lehrreiche, triste Jahre folgten für die TSG, im Sommer wurde daher an vielen Stellschrauben gedreht. Hoffenheims Kader ist wieder jünger, die Stimmung besser. Mittelfeldspieler Luiz Gustavo bringt den guten Saisonstart auf einen simplen Nenner: "Wir sind fit und motiviert, das ist der Unterschied zum letzten Jahr."

So einfach ist die Gemengelage bei den Bayern nicht. Personell rotierte van Gaal zuletzt nur innerhalb eines kleinen Zirkels auserwählter Spieler auf einzelnen Positionen (gegen Köln: Klose für Olic, Kroos rechts, Müller Zehner, kaum Effekte). Doch Spritzigkeit und Rhythmus fehlen nach wie vor, weil fast alle Bayern in Südafrika waren. So sehr dieses Argument langweilt, es stimmt, findet Torwart Jörg Butt: "Wäre die kurze Vorbereitung kein Faktor, dann könnten sich ja in Zukunft alle Teams erst eine Woche vor dem Start treffen."

© SZ vom 21.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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