FC Bayern in der Einzelkritik:Boatengs Slam-Dunk von einem Tor

Lesezeit: 4 min

Der Verteidiger empfiehlt sich für einen Verbleib. Marc Roca nutzt seine Chance. Und Thomas Müller zeigt ein wunderbares Schusskuriositätenkabinett. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider

Manuel Neuer

(Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Wie bei Lewandowski vergeht auch bei ihm gerade kein Spiel ohne Weltklasse-Aktion, mit dem Unterschied, dass man die des Stürmers in der Torschützenliste dokumentiert findet. Spreizte nach acht Minuten seinen Unterschenkel in einem Winkel ab, sodass es Ihlas Bebou aus kurzer Distanz unmöglich war, den Ball an ihm vorbeizuschieben. Gegen Pavel Kaderabek dann mit starkem Reflex, gegen Havard Nordtveit mit schöner Flugeinlage - aber da war das Spiel schon entschieden.

Benjamin Pavard

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nach gut 21 Minuten traf ihn ein Kramaric-Schuss aus kurzer Distanz unter der Gürtellinie, dort, wo man niemals einen Ball hinbekommen möchte. Und jeder, der schon Mal einen solchen Treffer abbekommen hat, hatte Verständnis, dass er ein paar Momente brauchte, um wieder auf die Beine zu bekommen. Glück und Pech hielten sich bei ihm danach die Waage. Hatte Glück, dass der VAR bei seinem Foul an Baumgartner im Sechzehner nicht so genau hinguckte. Hatte Pech, weil der VAR bei seinem Treffer zum 5:1 genau hinguckte und erkannte, dass Sané dabei im Abseits stand.

Jérôme Boateng

Bald Vergangenheit in München? Boateng im Bayern-Trikot, hier mit Joshua Kimmich. (Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Ist bekennender Basketball-Fan und als solcher wird ihn sein Treffer besonders gefreut haben: Hochsteigen, Ball erreichen, versenken - ein Slam-Dunk von einem Tor. In die Fußballsprache übersetzt war es ein technisch perfekter Kopfball ins lange Eck nach Kimmich-Ecke (siehe dort), sein erstes Bundesliga-Tor seit Januar 2018, damals auch gegen Hoffenheim. Vor dem Spiel bestätigte Sportvorstand Hasan Salihamidzic, dass er sich mit den Beratern von Leipzigs Dayot Upamecano getroffen hatte. Thomas Müller empfahl ja eine Woche vorher schon, sich vielleicht mal mit diesem Jérome Boateng zusammenzusetzen. Dessen Vertrag läuft im Sommer aus.

David Alaba

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Bekam von Hansi Flick auch öffentlich den Ratschlag, seine Abwehr bei Ballverlustsituationen auch mal tief verteidigen zu lassen - und berücksichtigte das gegen Hoffenheim sichtlich. Hatte den Laden im Griff, forderte auch mal selbst den Ball intensiv ("Hier! Hier! Hier!"), verbaselte aber die anschließende Offensiv-Aktion.

Alphonso Davies

(Foto: Andreas Gebert/Pool via REUTERS)

Ein bisschen überraschend, dass der Kanadier den Vorzug vor Lucas Hernández bekam. Der Franzose überzeugte gegen Augsburg, Davies zeigte bei seinen Einsätzen ein paar Wackler. Auch nach dem Spiel gegen Hoffenheim ist die Hierarchie-Frage auf der linken Abwehrseite unklar. Der 20-Jährige ist weiterhin für spektakuläre Sprints und Dribblings ebenso zu haben wie für haarsträubende Fehlpässe und Stellungsfehler - so zum Beispiel vor dem Hoffenheimer Tor.

Marc Roca

(Foto: Andreas Gebert/Pool via Reuters)

Bekam nach Leon Goretzkas positivem Corona-Test die Chance von Beginn an und nutzte sie. Spielte ein gutes Spiel, forderte viele Bälle, bekam viele Bälle, stellte mit den Bällen auch oft etwas Sinnvolles an - klassische spanische Schule, die in München ja geschätzt wird. Sorgte für Stabilität im Zentrum und hatte auch noch eine gute Schusschance. Kimmich wurde mit zunehmender Spieldauer immer offensiver, weil er merkte, dass der 24-Jährige das im Griff hatte. Zeigte schon bei seinen bisherigen Einsätzen gute Ansätze, machte sich aber durch einen Platzverweis (gegen Salzburg) oder durch einen verschossenen Elfmeter (gegen Kiel) vieles selbst kaputt.

Joshua Kimmich

(Foto: Adam Pretty/Getty Images)

Hat sich die Haare schneiden lassen und weil er gut mit Serge Gnabry (siehe dort) befreundet ist, wäre es schön, wenn ein Reporter mal fragen würde, ob sie sich gegenseitig geholfen haben. Die beiden gehen ja auch zusammen Rodeln (mit Alaba und Choupo-Moting). Trat frisch frisiert, man möchte sagen, endlich mal eine Ecke, die zum Torerfolg führte. Der FC Bayern bekommt die meisten Eckbälle der Bundesliga und ist notorisch erfolglos bei der Ausführung - mit Kimmich als Stammeckenschütze. Bedankte sich mit einem anständigen Handschlag bei Boateng für das Beenden dieser Serie. Ist nun mit zehn Torvorlagen der beste Vorbereiter der Bundesliga und überholt Thomas Müller.

Kingsley Coman

(Foto: Andreas Gebert/AFP)

Kann wieder zwei Vorlagen in seine Statistik schreiben, bereitete das 3:1 und das 4:1 vor und ist nun nach Kimmich zweitbester Vorbereiter der Liga. Hat es auf seiner Seite immer ein bisschen einfacher, weil der FC Bayern meist über Pavard aufbaut und dann auf seine linke Seite verlagert, wo er dann ein bisschen mehr Platz hat als Gnabry. Aber das sind Details, lieferte wieder ein Spiel auf hohem Niveau ab und macht es damit vor allem für Leroy Sané schwer, in die Mannschaft zu kommen. So stellt sich das jeder Trainer vor.

Thomas Müller

Gibt es für Thomas Müller einen Weg zurück? Im Märchensommer 2014 war der Bayern-Profi der Animateur im DFB-Team. (Foto: Andreas Gebert /Reuters)

Die ewige Frage bei Thomas Müller ist ja: Hat er das nun mit Absicht gemacht? Sein Schuss zum zwischenzeitlichen 2:0 war so ein Fall. Der Ball sprang kurz vor ihm auf und Müller schoss ihn als Aufsetzer mit seltsam flacher Parabel-Flugbahn unhaltbar ins kurze Eck. Wenn das so gewollt war, dann kriegt es weltweit kaum ein Kicker hin, aber das trifft ja auf viele Müller-Aktionen zu. Definitiv mit Absicht war ein Versuch in der ersten Halbzeit - da zirkelte er aus dem Fußgelenk den Ball an die Latte. Solche Kunststücke hat man in Fröttmaning schon Mal gesehen, aber eher von Menschen namens Coutinho. Zeigte jedenfalls ein wunderbares Schusskuriositätenkabinett, leitete nebenher sein Tor zum 2:0 auch noch selbst ein und scheint wie so viele Bayern-Spieler sein Januar-Tief überwunden zu haben.

Serge Gnabry

(Foto: Andreas Gebert/AFP)

Hat sich die Haare schneiden lassen und weil er gut mit Joshua Kimmich befreundet ist, wäre es schön, wenn ein Reporter mal fragen würde, ob sie sich gegenseitig geholfen haben. Und so, wie Kimmichs Eckenserie endete, endete Gnabrys Warten auf ein Tor. Es hatte ja bei ihm zuweilen etwas Tragisches - er spielte wirklich immer gut, sorgte mit seiner Dynamik für extreme Unordnung in der gegnerischen Abwehr, aber Zählbares wie Tore oder Vorlagen war einfach nicht drin. Diesmal passte alles, die Vorlage von Coman, sein Timing beim Sprint und der Tunnel gegen Oliver Baumann. Hat wieder Energie - in der ersten Halbzeit kamen seine Pässe so scharf, selbst Ballannahme-Künstler Lewandowski hatte Probleme damit.

Robert Lewandowski

(Foto: Andreas Gebert/AFP)

Entdeckte den Super-G-Fahrer in sich und wackelte vor Müllers 2:0 durch die ganze TSG-Abwehr wie Lara Gut-Behrami am Morgen am Hang in Garmisch-Patenkirchen. Ein Kunststück von einer Vorlage und vermutlich von keiner Abwehr der Welt ohne Foul zu verteidigen. Sein Tor zum 3:1 (es vergeht gerade kein Spiel ohne Lewandowski-Tor) erzielte er auch, weil er das richtige Gefühl für die Situation hatte. Posch schoss Baumann an, und Lewandowski zögerte so perfekt, dass er den Ball ins Tor schieben konnte. Ist weiterhin konstant in Weltklasse-Form, aber die Erkenntnis ist bei 24 Toren in 18 Spielen auch nicht so sensationell.

Einwechselspieler

(Foto: ANDREAS GEBERT/AFP)

Haben es bei Hansi Flick gerade schwer, der Bayern-Trainer baut wieder erkennbar auf eine Stammformation und auch diesmal kamen Jamal Musiala, Leroy Sané, Douglas Costa, Eric Maxim Choupo-Moting und Niklas Süle in ein bereits entschiedenes Spiel. Nur Sané machte ein bisschen Werbung für sich.

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