Bundesliga: FC Bayern:Alles ist möglich

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Das 4:1 gegen Eintracht Frankfurt steht beispielhaft für eine Saison, von der der FC Bayern noch nicht so recht weiß, was er damit anfangen soll. Und bei der keiner vorhersagen kann, wie sie enden wird.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Der amerikanische Mathematiker und Philosoph Nassim Nicholas Taleb hat kürzlich das Buch Der schwarze Schwan geschrieben, in dem es um die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse und den Umgang mit dem Zufall geht. Es ist ein höchst erfolgreiches Werk, weshalb der Verlag bald eine neue Auflage herausgeben wird.

Befreiender Bayern-Sieg: Thomas Müller und Franck Ribéry freuen sich über das 4:1 gegen Eintracht Frankfurt. (Foto: AP)

Um sein Buch noch interessanter zu machen, könnte Taleb durchaus die Saison des FC Bayern als Sonderkapitel integrieren.

Eine Partie mit unvorhersehbaren Wendungen

Sie erleben eine skurrile Spielzeit beim FC Bayern. Das 4:1 gegen Eintracht Frankfurt darf als weiterer Beweis dafür herangezogen werden. "Vielleicht war den Zuschauern kalt und sie wollten sich deshalb bewegen, um sich aufzuwärmen", sagte Trainer Louis van Gaal nach der Partie. "Aber ich glaube, dass sie auch deshalb aufgestanden sind, weil sie von der Mannschaft gut unterhalten wurden."

Es war in der Tat eine interessante Partie mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Als die Zuschauer in der Arena zu mosern beginnen wollten, erzielte Anatolij Timoschtschuk mit einem feinen Schlenzer die Führung. Theofanis Gekas schaffte dann den Ausgleich, als die Münchner das Spiel unter Kontrolle zu haben schienen. Eine der vielen unglücklichen Entscheidungen von Toni Kroos - er schoss anstatt abzugeben - führte zur erneuten Führung der Bayern, weil Oka Nikolov den Ball nicht festhalten konnte und Thomas Müller abstaubte.

Plötzlich tauchte auch Franck Ribéry auf, der 70 Minuten lang nur auf dem Spielberichtsbogen in Erscheinung getreten war. Seinen Schuss klatschte Nikolov vor die Beine von Mario Gomez, der zum 3:1 einschob. Und kurz vor Schluss durfte Timoschtschuk seinen zweiten Treffer das Tages markieren, weil van Gaal zuvor nicht den Ukrainer, sondern Bastian Schweinsteiger vom Feld genommen hatte. "Bastian war ein bisschen böse, aber ich glaube, dass es die richtige Entscheidung war", sagte van Gaal nach dem Spiel.

Dieser deutliche Erfolg gegen eine wahrlich nicht schlecht agierende Frankfurter Elf passt zu dieser Saison, von der sie beim FC Bayern noch nicht so recht wissen, was sie mit ihr anfangen sollen.

Formidable Auftritte (das 2:0 gegen Rom, das 3:0 gegen Hannover oder das 3:0 gegen Nürnberg) wechseln sich ab mit hanebüchenen Vorstellungen (das 0:2 in Dortmund, das 1:2 gegen Mainz oder das 2:3 in Rom) und grotesken Ergebnissen (das 3:3 gegen Gladbach etwa).

"Wir haben nun drei Punkte Rückstand auf Platz drei, das ist das Minimalziel. Wir sind in der Champions League dabei und auch im DFB-Pokal", sagte van Gaal. "Ich glaube nicht, dass viele Mannschaften das von sich behaupten können."

Es können auch nicht viele Vereine von sich behaupten, innerhalb von vier Monaten derart viel erlebt zu haben wie die Münchner in dieser bald beendeten Hinserie. Es gab zahlreiche Ausfälle, die nicht zuletzt mit dem erfolgreichen Abschneiden vieler Spieler bei der WM in Südafrika zu begründen waren und für die der FC Bayern nun wahrlich nichts kann.

FC Bayern: Einzelkritik
:Kermit und der neue Chef

Timoschtschuk dirigiert, Ribéry motzt, van Buyten irrt herum: Beim 4:1 gegen Frankfurt, mit dem sich die Bayern auf Platz fünf der Tabelle schieben, fallen zwei Spieler mit Carsten-Ramelow-Gedächtnispässen auf. Die Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Erstaunlich ist jedoch, dass gerade jene Spieler wie Timoschtschuk oder Gomez zu Leistungsträgern wurden, die vor der Saison als Ersatzspieler der Ersatzspieler galten - und dass Leistungsträger wie Franck Ribéry oder Mark van Bommel eher mitgeschleppt werden müssen.

Es gab eine Watschn für den Trainer von Präsident Uli Hoeneß, es gab eine Watschn für den Trainer von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

Ein Sieg fürs Betriebsklima

"Der Erfolg gegen Frankfurt war auch wichtig für die Ruhe", sagte Philipp Lahm. Sein Trainer van Gaal ergänzte: "Es war die beste Leistung meiner Mannschaft in dieser Saison."

Die Vorstellung war auch deshalb wichtig für das Betriebsklima, weil am kommenden Dienstag die Jahreshauptversammlung des Vereins stattfindet, auf der es in den vergangenen Jahren mitunter hoch hergegangen war.

Aus dieser Leistung indes einen Trend für die verbleibenden drei Partien vor der Winterpause abzulesen, ist so unmöglich wie die Zahlen für die Ziehung der Lottozahlen vorherzusagen. Der FC Bayern ist zwar näher an Platz drei herangerückt, aber der Rückstand zur Tabellenspitze blebt gleich, weil auch Borussia Dortmund am Abend deutlich gewinnen konnte.

Was also ist möglich für den FC Bayern in dieser Saison?

"Wir können immer noch in allen drei Wettbewerben erfolgreich sein", hatte Louis van Gaal schon in der vergangenen Woche gesagt. Es wäre bei dieser so unwahrscheinlichen Saison der Münchner nicht verwunderlich, wenn der FC Bayern am Ende trotz des momentanen Rückstands noch Deutscher Meister werden würde. Dann allerdings sollte van Gaal das zusätzliche Kapitel in Nassim Talebs Buch selbst schreiben.

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