Erling Haaland beim BVB:Wø ein Wille ist, då ist ein Nørweger

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Wieder zwei Treffer: Läuft doch für Erling Haaland beim BVB. (Foto: Ronny Hartmann/Reuters)

Dortmunds Erling Haaland übertrifft die höchsten Erwartungen und steht nun bei 25 Toren in 25 Ligaspielen. Julian Nagelsmann erinnert schmerzlich daran, wie gern er ihn in Leipzig gehabt hätte.

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Möglicherweise ist es an der Zeit, die Bibel des Fußballs zu erweitern um ein Evangelium nach Terzic, einen Text also, in dem sich zunächst zwar alle wie gewohnt brutal fürchten, weil aus dem Nichts extrem plötzlich ein Engel erscheint, in dem sich dann aber der Plot doch signifikant anders auflöst, wenn nämlich der Engel spricht - fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Fußballvolk widerfahren wird; denn euch ist der Haaland geboren, welcher ist Erling, der Herr, gelandet in Dortmund, der Stadt Borsigs.

Ja, so ließe sich beginnen, und irgendwann käme selbst diese Geschichte des Neu-Evangelisten und Neu-Cheftrainers Edin Terzic an beim vergangenen Samstag, beim 3:1-Auswärtssieg seines Vereins Borussia Dortmund gegen RB Leipzig, und vor allem bei der Mensch gewordenen Erscheinung Erling Haaland, die diesen Sieg wesentlich erst ermöglichte.

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Dank eines in der zweiten Halbzeit überragenden Erling Haaland gewinnt der BVB 3:1 in Leipzig. Mit dem Sieg gegen den direkten Konkurrenten bleibt die Borussia im Titelkampf.

Von Cornelius Pollmer

In Dortmund wussten sie schon vor der kürzlichen Rückkehr Haalands ein sehr altes, sehr ausgedachtes skandinavisches Sprichwort mit Leben zu füllen, das da lautet: Wø ein Wille ist, då ist ein Nørweger. Ja, selbst die restliche Liga hat mit dem konkreten Ausnahme-Norweger Erling Haaland bereits interessiert und ausführlich Bekanntschaft gemacht, seit nun 25 Spielen nimmt Haaland an dieser Liga teil, und genauso viele Tore hat er bereits erzielt.

Was einen Spieler wie Erling Haaland aber nach wie vor so verblüffend besonders macht, ist, dass er selbst höchste Erwartungen nicht einfach nur erfüllt, sondern dass man ihm beim Übertreffen solcher Höchsterwartungen einfach gerne zuschauen mag.

In Leipzig begann dies am Samstag nach einer ersten Hälfte, in der die Heimelf von Julian Nagelsmann zwar überlegen, aber nicht zwingend gewesen war. Es begann mit einem Einwurf Leipzigs, der in einen Ballbesitz Haalands überging und in einen gewaltigen, jagdfiebrigen Lauf über rechts, den Haaland mit einer fußfertigen Hereingabe an die Feinkostabteilung des BVB abschloss - Reus pirouettierte per Hacke zu Jadon Sancho, der seinen sogenannten Aufwärtstrend mit einer zügigen Verwertung ins untere Eck bestätigte (55.).

Bei anderen Spielern mit den körperlichen Außenmaßen Haalands heißt es gerne und oft nicht zu unrecht, sie seien wahlweise nicht laufstark oder nicht wendig genug. Nach der Antritts- und Laufstärke beim 1:0 zeigte Erling Haaland vor dem 2:0 auch eine Beweglichkeit, die der TÜV Rheinland mit Sehr gut (1,0) bewerten würde, beauftragte man diesen denn mit einem gründlichen Test.

Gleich vier Leipziger zog Haaland auf sich und öffnete damit jene Räume, die Dortmund wie kaum ein zweites Team der Liga zu nutzen versteht, wie auch Julian Nagelsmann später anerkennend analysierte. Der BVB nutzte diese Räume, bis Haaland den Torpfosten erreicht hatte und nach Assist von Sancho mittelwuchtig einköpfte (71.). Der Rest war Schwelgen.

Bittere Diagnose: Axel Witsel reißt die Achillessehne, für den Dortmunder ist die Saison beendet

Im direkten Vergleich bot sich das 3:0 (84., erneut Haaland) doch mehr für die Statistik an als fürs Auge. Ebenso das 1:3 in der 90. Minute, als der Noch-nicht-ganz-Ausnahme-Norweger Alexander Sörloth sein erstes Ligator für Leipzig erzielte. Dann pfiff Schiedsrichter Daniel Siebert das sehenswerte Treiben ab, das für Dortmund am Tag danach jedoch eine bittere, finale Diagnose bereithielt: Bei Axel Witsel, 31, riss früh im Spiel die Achillessehne, für den Zentralspieler ist die Bundesliga-Saison beendet, seine EM-Teilnahme mit Belgien im Juni unwahrscheinlich.

BVB-Trainer Edin Terzic hatte seine Mannschaft nach dem 2:0 gegen den VfL Wolfsburg unverändert hatte antreten lassen. Bei Leipzig übernahm Poulsen vom verletzten Kampl die offensive Rolle - Trainer Nagelsmann wollte nach dem Spiel eher keine Diskussion führen, inwieweit dieser Wechsel eine Rolle gespielt habe. Gesehen hatte er aber wohl, dass in der ersten Hälfte gerade im letzten Drittel Präzision, Geduld und Durchschlag (norwegisch: dørslag) fehlten. In der zweiten Hälfte fehlte noch viel mehr, und seine Mannschaft habe, sagte Nagelsmann, "gar keine Tiefe" mehr entwickelt. Eine neue Tiefe entwickelt hingegen der Blick auf den Saisonverlauf nach einem Spieltag, an dessen Ende Dortmund nicht, was am Samstag möglich gewesen wäre, neun Punkte hinter Tabellenführer Leipzig liegt, sondern drei hinter dem Tabellenzweiten Leipzig.

Überhaupt könnte sich dieser Januar, dem knackend kalten Frostboden in Leipzig entsprechend, als eine Art Crunchtime dieser Saison erweisen. Leipzig wird im Verlauf des Monats noch gegen Leverkusen, Wolfsburg und Union Berlin antreten, Dortmund gegen Gladbach und ebenso Leverkusen. Vor dem Spiel am Samstag hatte man über Leipzig gestaunt, über nur eine Saisonniederlage bei nur neun Gegentoren. Derlei löst sich auch jetzt nicht in Luft respektive Vergangenheit auf.

Ausgerechnet Trainer Nagelsmann erinnerte noch einmal daran, dass RB Leipzig an Haaland mehr als nur interessiert gewesen sei vor dessen Umzug aus Salzburg nach Dortmund. Und er formulierte zudem eine Möglichkeit, die dem Rest der Liga auch ganz ohne Engelserscheinung doch das Fürchten in Gedanken lehren könnte. Dieser Haaland, sagte Nagelsmann, der sei gewiss bereits "außergewöhnlich" gut - und er "hat wahrscheinlich auch noch Entwicklungspotenziale".

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