Borussia Dortmund vor dem Pokalfinale:Der BVB fährt angeknackst nach Berlin

Lesezeit: 2 min

Die Luft ist raus: Der BVB um Julian Weigl (links, im Zweikampf mit Milos Jojic) spielte gegen Köln nicht wie ein Bayern-Bezwinger. (Foto: Sascha Steinbach/Getty)
  • Nach dem 2:2 gegen Köln ist Trainer Thomas Tuchel geladen.
  • In der nachlassenden Spannung seiner Fußballer sieht er eine Gefahr fürs große Spiel gegen die Bayern.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Fünf Minuten vor dem Ende erhielten die Fußballer von Borussia Dortmund vom Publikum noch einen Auftrag für den kommenden Samstag in Berlin: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus!", befahlen die Fans ihrem BVB und sangen damit nonchalant über ein maues 2:2 (1:2)-Unentschieden gegen den 1. FC Köln hinweg.

Dabei konnte dieses Remis im letzten Saisonspiel durchaus am Dortmunder Selbstvertrauen nagen: Es hatte ihnen ja die Spitzenposition in der Heim-Tabelle geraubt, keine einzige Niederlage hatte man in dieser Saison zu Hause kassiert und trotzdem ist der FC Bayern nun auch in der Heimtabelle vorne. Er stellt die beste Mannschaft insgesamt und ist auch bestes Heim-, bestes Auswärts-, bestes Hinrunden- und bestes Rückrundenteam. Die Borussia ist in jeder dieser fünf Rubriken Zweiter.

FC Bayern
:Robert Lewandowski - Torjäger mit Helfersyndrom

Mit historischen 30 Treffern wird Robert Lewandowski Torschützenkönig. Auf Treffer Nummer 31 verzichtet er - und zeigt damit eine feine Geste.

Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Aber nicht deshalb war Dortmunds Trainer Thomas Tuchel am Samstagabend geladen. Ihm hatte im Laufe der strapaziösen Saison gefallen, dass seine Fußballer in der Bundesliga, in der Europa League und im Pokal stets am Limit gespielt haben. Aber damit, klagte Tuchel, habe man nach dem 32. Spieltag beim 0:1 in Frankfurt sowie nun beim 2:2 gegen Köln leider aufgehört. Er finde es schade, "dass wir die Bayern noch auf zehn Punkte haben wegziehen lassen - und es wird jetzt schwierig, Form und Haltung zum Pokalfinale gegen München wiederzufinden."

Nach der Führung lässt der BVB den Kölnern freie Bahn

In der Tat wird dazu ein enormer Qualitätssprung erforderlich. Die Dortmunder haben gegen Köln eine uninspirierte Vorstellung gezeigt und bei deutlich mehr Ballbesitz und trotz versierter Ballzirkulation viel zu wenig aus ihrer Überlegenheit gemacht. Zunächst hatte Gonzalo Castro die Borussen mit einem ungestörten 20-Meter-Schuss mit 1:0 in Führung gebracht (11.). Allerdings ließen sie den Kölnern bei deren anschließenden Entlastungsangriffen zu viel Raum und gestatteten Anthony Modeste (1:1, 27. Minute, Vorlage Marcel Risse) sowie Milos Jojic (1:2, 43. Minute, Vorlage Leonardo Bittencourt) zwei herrliche herausgespielte und vollendete Treffer.

Bundesliga
:Zum Abschied Tränen oder ein buntes Bärchen

Guardiola, Hummels, Heidel: Einige bekannte Kräfte der Bundesliga verabschieden sich von ihrem Publikum. In Schalke haut sich Horst Heldt "die Hucke voll".

Nach dem Wechsel war den Dortmundern vor allem noch wichtig, nicht ausgerechnet im letzten Saisonspiel noch die erste Bundesliga-Heimniederlage zu erleiden. In der Europa League haben sie gegen Saloniki 0:1 verloren, aber in einem Bundesligaspiel hat der BVB seit einem 0:1 gegen Bayern München vor 13 Monaten zuhause nicht mehr verloren. Marco Reus war der Treffer zum 2:2 vorbehalten. In der 75. Minute schoss er einen 20-Meter-Freistoß an der schlecht gestellten Kölner Mauer vorbei fast schnurgerade und knapp neben dem rechten Pfosten zum Ausgleich ins Kölner Tor.

Letztes Spiel in Dortmund: Hummels kaum ausgepfiffen

Mats Hummels bestritt sein letztes Heimspiel für Borussia Dortmund solide, aber wenig gefordert als Mitglied einer Dreierabwehrkette. Verabschiedet hatte der Klub ihn vor oder nach dem Spiel nicht, schließlich sei die Saison ja noch nicht zu Ende. Nach dem Spiel klatschte Hummels den Anhängern gemeinsam mit der Mannschaft vor der Südtribüne brav Beifall und wurde von den Fans auch nicht mehr ausgepfiffen wie noch vor zwei Wochen, als sein Wechsel nach München ruchbar geworden war.

"Ich habe große Sorge, dass wir die verlorene Form zum Endspiel nächsten Samstag nicht mehr wiederfinden", sagte Tuchel und analysierte in ungewohnt scharfem Ton: "Wir können nächsten Samstag nur in absoluter Topform Pokalsieger werden, aber von der sind wir momentan leider so weit entfernt wie noch überhaupt nicht in dieser Saison."

Tuchels Missstimmung hatte nicht einmal Kölns Trainer Peter Stöger lindern können, der den Dortmundern nach dem Spiel "großartige Fußballkunst" in dieser Saison attestierte. "Vielen Dank für die Blumen", antwortete Tuchel höflich, konnte sich aber nicht trösten. "Leider hat es sich heute überhaupt nicht so angefühlt."

© SZ vom 15.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: