Arbeitssiege zeichnen sich dadurch aus, dass man meist schon während des Spiels an kommende, noch wichtigere Gegner denkt. Oder darüber grübelt, wer rechtzeitig bis zum nächsten Anpfiff wieder fit wird. Und so drehte sich auch in Dortmund schnell alles um Inter Mailand, um Bayern München und um das Sprunggelenk von Marco Reus - und kaum noch um dieses 3:0 gegen den VfL Wolfsburg.
Borussia Dortmunds Klettern auf den zweiten Platz, drei Punkte hinter Borussia Mönchengladbach, wurde offenbar auch von den normalerweise überschwänglichen Fans nicht überbewertet. Zu schwer war der BVB ins Spiel gegen die unter der Woche im DFB-Pokal verprügelten Gäste (1:6 daheim gegen RB Leipzig) gekommen, zu viele Torchancen hatte Dortmund dem robusten, aber nervlich strapazierten Gegner überlassen. Außerdem verrät der Blick auf die Tabelle, dass es auch nur zwei Punkte bis runter zum deutlich weniger glamourösen achten oder neunten Platz sind. Und der nächste Gegner am Samstag ist schließlich Bayern München.
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Das Achtelfinale des DFB-Pokals verspricht spannende Partien - und alles andere als leichte Lose für die Tabellenoberen.
Schon Dienstagabend hingegen dürfte es für Dortmund noch viel ernster werden. Denn aller Voraussicht geht es gegen Inter Mailand vorentscheidend um den zweiten Platz in der Champions-League-Gruppe, und damit um die Millionen, die ab Frühjahr und Achtelfinale weiter zu verdienen wären.
Das Hinspiel in Mailand verlor der BVB mit einer unterirdisch schwachen, auf reine Defensivtaktik ausgerichteten Spiel mit 0:2. Da in der Gruppe bei Punktgleichheit zuerst der direkte Vergleich zählt, sollte Borussia also mindestens ebenfalls 2:0 gewinnen, um den Aussetzer rechnerisch auszugleichen. Als Primus der Gruppe gilt der FC Barcelona. Weder Inter noch die Borussia können heute noch davon ausgehen, dass sie als Gruppenerster einlaufen.
Nach der Pause raffte Dortmund sich auf
Gemessen an diesen Vorzeichen, die Mannschaften oft mental oft derart beschäftigen, dass sie die Ligaspiele kurz vor solchen Showdowns vernachlässigen, war Dortmunds Auftreten gegen Wolfsburg durchaus passabel. Wenn auch kaum mehr. Wolfsburgs Fünferkette gab der BVB-Offensive - wie üblich - erhebliche Rätsel auf. Als sich dann Marco Reus bei einem Pressschlag verletzte und Mario Götze nach einer halben Stunde seinen Platz als - wie üblich - nur verkappte Spitze überlassen musste, deutete sich eine zähe zweite Halbzeit an. Bis dahin hatte Wolfsburg zwei gute Torchancen, inklusive eines Lattentreffers von Lukas Nmecha, und der BVB hatte keine.
Dortmund raffte sich jedoch nach der Pause zu guten 20 Minuten auf. Das genügte schon, um durch Thorgan Hazard und Raphael Guerreiro mit 2:0 in Führung zu gehen: kurz vor Schluss verwandelte Mario Götze dann noch einen Handelfmeter zum 3:0. Dabei hatte Trainer Lucien Favre, der am Spieltag seinen 62. Geburtstag feierte, erneut rotiert und nach dem Ausfall von Reus nochmal neu justieren müssen. Unter anderem gönnte der Trainer seinem Mittelfeld-Duo Witsel und Delaney eine Pause, aber auch dem erst 19-jährigen Sancho und den zum Stammpersonal zählenden Alcácer und Schulz. Dafür überraschte der Schweizer im Mittelfeld mit der extravaganten Doppel-Sechs Weigl und Dahoud. Kein sonderlich gelungenes Experiment zwar, aber immerhin der Ausdruck des guten Vorsatzes bei Favre, den zuletzt auf wenige Spieler beschränkten Kader wieder etwas breiter auszuschöpfen.
Spielerisch lässt der BVB immer noch zu wünschen übrig
Die Diagnose von Vereinsarzt Markus Braun für den angeschlagenen Reus fiel am Sonntag dann auch noch ganz hoffnungsvoll aus. Es scheint, als sei beim zuletzt erfreulich lange gesund gebliebenen Nationalspieler auch diesmal nicht allzu viel kaputt gegangen. Die Einsatzchancen des Kapitäns gegen Inter Mailand stehen wohl besser als zunächst befürchtet.
Auf der Trainerbank, so berichtete Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspielerabteilung, hatte man die Spielstände aus Frankfurt (1:5 des FC Bayern) "mit etwas Überraschung" zur Kenntnis genommen. Zu wichtig aber ist für Dortmund das Duell mit Mailand, als dass man sich schon ernsthaft mit den Eventualitäten in München befassen könnte. Mats Hummels, der auch gegen Wolfsburg eine makellose Defensivpartie absolvierte, hatte schon zuvor wissen lassen, dass es "im Rückspiel zu Hause ganz anders zur Sache gehen" werde.
Das wird nötig sein, denn eine Selbsteinschläferungstaktik wie in Mailand wird die Elf kaum noch einmal befolgen. Nach den schwachen Partien bei Inter und auf Schalke (0:0) hat sich Favres Mannschaft ergebnismäßig berappelt, mit einem 2:1 gegen Gladbach im Pokal und dem Sieg gegen Wolfsburg. In beiden Spielen aber ließ der BVB spielerisch zu wünschen übrig. Dass alle mediale Aufmerksamkeit gerade auf die Situation beim FC Bayern gerichtet zu sein scheint, dürfte dem BVB gut tun.