Boris Becker:900 Pfund für Sweater, Schweißbänder und Socken

Lesezeit: 2 Min.

Nicht nur in Wimbledon noch immer im Fokus: Boris Becker. (Foto: Philip Toscano/dpa)
  • 82 Erinnerungsstücke aus der Karriere von Boris Becker werden von einem britischen Auktionshaus versteigert.
  • Darunter sind Schweißbänder, aber auch Fotos aus den Anfangsjahren des Tennis-Spielers.
  • Das britische Auktionshaus hat die Versteigerung bewusst in die Zeit des Wimbledon-Turniers gelegt.

Von Moritz Geier

Der Junge auf dem Foto, neun Jahre alt, steht auf einem Podest vor einem Tennisplatz, er hält einen kleinen Siegerpokal in der linken Hand, mit der rechten nimmt er Glückwünsche entgegen. Etwas welk klebt das Schwarz-Weiß-Bild hinter dem Glas eines rahmenlosen Wechselbildhalters auf einem Stück Papier, "1. Sieger des 1. Nationalen Deutschen Jüngsten-Tennis-Turniers in Bad-Salzuflen", steht darauf, und das Datum: 29. bis 31. Juli 1977. Die Schrift ist verblasst, das Papier vergilbt. Wie viel ist so eine Erinnerung wert? Also in diesem speziellen Fall: rein monetär natürlich?

Das Bild ist eines von 82 Memorabilien aus der recht ereignisreichen Karriere von Boris Becker, die bis zum Donnerstagabend vom britischen Auktionshaus Wyles Hardy & Co. zwangsversteigert wurden. Mit dem Erlös der Online-Auktion sollen Beckers Gläubiger zumindest besänftigt werden. Becker, der in einem früheren Leben einmal als aktive Tennis-Legende ein sorgenfreier Millionär gewesen sein muss, war im Juni 2017 von einem britischen Konkursgericht wegen unbeglichener Schulden für insolvent erklärt worden.

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Das Auktionshaus hat die Versteigerung bewusst in die Zeit des Wimbledon-Turniers gelegt

Am Ende kamen 763 000 Euro zusammen - 150 250 britische Pfund brachte bei der Auktion allein die Replik des US-Open-Pokals, den Becker 1989 gewann. Eine Davis-Cup-Trophäe verkaufte das Aktionshaus für 52 100. Einen von Becker getragenen Trainingsanzug der Marke Lotto, Größe XXL, ersteigerte ein Bieter für 800 Pfund, ein paar Tennisschuhe ein anderer für 3475. Ein unterschriebener Tennisschläger wiederum brachte 13 400 Pfund ein. Den wahren Wert der Erinnerungsstücke aber kann naturgemäß nur der kennen, der die Erinnerungen selbst gesammelt hat. Dass Becker an seinen Pokalen hängt, deutete er erst kürzlich in der Bild am Sonntag an: Bei dieser Versteigerung, sagte er, gehe es nur darum, "mir persönlich wehzutun, weil ich natürlich emotional an den Trophäen hänge". Vor einem Jahr konnte Becker die Auktion noch aufschieben, mit dem Argument, die Versteigerung sei demütigend. Juristisch und faktisch weniger solide war seine Behauptung, als Sport-Attaché der Vertretung der Zentralafrikanischen Republik bei der EU in Brüssel diplomatische Immunität zu genießen.

Das Auktionshaus hat die Versteigerung nun jedenfalls bewusst in die Zeit des Wimbledon-Turniers gelegt, mehr Aufmerksamkeit, mehr Gebote. Sie hätten nun sogar Bieter, sagte Auktionshaus-Direktor Terry Madden der SZ am Telefon, die von der Zuschauerbank in Wimbledon aus an der Versteigerung teilnehmen würden. Es gebe ein "globales Interesse", Bieter kämen aus über 30 Nationen, vor allem den USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Auch Becker ist derzeit in Wimbledon, als Kommentator für die BBC.

Und weil wer den Schaden hat auf den Spott nicht lange zu warten braucht, trat dann auch noch Beckers Erzfeind Oliver Pocher auf den Plan. "2 Pokale für den guten Zweck ersteigert", schrieb der Comedian auf Instagram. Laut Bild ersteigerte Pocher zwei Glas-Trophäen, darunter den Vize-Cup für die Tennis-WM 1994, für mehr als 25 000 Euro. Becker sei eine Tennislegende, die den Deutschen viele grandiose Stunden beschert habe, sagte Pocher der Zeitung süffisant: "Jetzt sollten wir auch mal was zurückgeben. Ich habe meinen Teil gern dazu beigetragen."

Beckers Insolvenzverwalter Mark Ford ist derweil noch auf der Suche nach weiteren Pokalen, er will die Insolvenz in den kommenden sechs bis neun Monaten abschließen. Das Geld aus der Auktion könnte dazu beitragen, zumindest einen kleinen Teil der millionenschweren Schulden zu begleichen. Es zählt also jedes Pfund, auch die 900, die jemand erfolgreich für einen ärmellosen Sweater, zwei Schweißbänder und ein Paar Socken geboten hat. Oder die 800 Pfund für das Bild des neun Jahre alten und von seiner turbulenten Zukunft noch wirklich gar nichts ahnenden Siegers von Bad Salzuflen.

© SZ vom 12.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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