Es ist nicht lange her, da durften sich die besten deutschen Biathleten noch Analysen wie "historisches Debakel" anhören. Bei der Weltmeisterschaft in Oberhof Mitte Februar war es der männlichen Belegschaft des Deutschen Skiverbands (DSV) erstmals seit relevanten Aufzeichnungen gelungen, sich ohne Medaille zu verabschieden. Wenig, ganz wenig, fast nichts sprach dafür, dass dieses Team noch im selben Jahr einen Weltcupsieg einfährt, erst recht keinen sogenannten Doppelsieg. Aber: Östersund 2023 ist nicht Oberhof 2023.
Ganz wahrhaftig ist den beiden deutschen Biathleten Roman Rees, 30, und Justus Strelow, 26, etwas gelungen, was den Männern des DSV zuletzt am 8. Januar 2017 widerfahren war, als Simon Schempp im Massenstart von Oberhof vor Erik Lesser gewann: ein deutscher Doppelerfolg im Weltcup, geglückt beim ersten Individualwettkampf der Saison an diesem Sonntag in Östersund, Schweden. Rees holte sich mit einem Schießfehler samt Strafminute den Sieg vor Strelow, der ebenfalls einen Fehlschuss platzierte, aber für die 20-Kilometer-Strecke 12,1 Sekunden länger brauchte. Johannes Thingnes Bö, der überragende Dominator aus Norwegen und fünffache Weltmeister von Oberhof, wurde mit 25 Sekunden Rückstand (zwei Strafminuten) Dritter.
Strelow hatte bereits wie der wahrscheinliche Sieger dieses Rennens ausgesehen. Der nach ihm gestartete Rees fing ihn aber noch ab. Für beide war es der jeweils größte Erfolg, nie waren sie im Weltcup zuvor so gut platziert gewesen. "Dem Roman gönn' ich es natürlich", erklärte Strelow nach dem Rennen in der ARD. Rees indes konnte es zu diesem Zeitpunkt noch kaum fassen. "Unglaublich, ich war mir so lang nicht sicher, ob das jetzt wirklich wahr sein kann", sagte Rees. Vergangene Saison hatte ja fast jedes Weltcuprennen Johannes Thingnes Bö gewonnen. Er habe ganz automatisch noch lange den Verdacht gehabt, erklärte Rees, "der Bö muss doch noch irgendwo lauern". Diesmal aber lauerte er vergeblich.