Beachvolleyball-WM:Publikumsmagnet mit Problemen

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Laura Ludwig gehört bei der Beachvolleyball-WM mit Partnerin Margareta Kozuch zu den Außenseitern. (Foto: imago images / Beautiful Sports)
  • Bei der Beachvolleyball-WM in Hamburg ist Olympiasiegerin Laura Ludwig die prominenteste Spielerin.
  • Doch mit ihrer neuen Partnerin Margareta Kozuch gehört die 33-Jährige zu den Außenseitern.
  • Das Team muss sich erst finden, Kozuch ist eigentlich Hallenspielerin - und Ludwig kämpft nach der Geburt ihres Sohnes noch mit der Form.

Von Jörg Marwedel und Sebastian Winter, Hamburg

Für die Werbung ist Laura Ludwig, die Olympiasiegerin von 2016 und Weltmeisterin von 2017, der Leuchtturm. Die Beachvolleyball-WM in Hamburg beginnt am Freitag im sandbefüllten Tennisstadion am Rothenbaum, aber schon Anfang Juni hat Ludwig losgelegt. Mit ihrer Partnerin Margareta Kozuch spielte sie auf einem Ponton im Hafen ein Show-Match auf dem Wasser gegen Tschechiens Weltklasse-Duo Hermannova/Slukova. Schöne Bilder ergab das. Und auch im Miniatur-Wunderland, in dem Hamburg und andere Teile der Welt filigran nachgebaut sind, ist Ludwig dabei, jedenfalls gibt es dort nun einen kleinen Laura-Ludwig-Platz.

Das Problem der Publikumsmagneten ist eher sportlicher Natur. Denn die 33-jährige Ludwig musste nach dem gesundheitsbedingten Rücktritt ihrer Blockerin Kira Walkenhorst und nach der Geburt ihres Sohnes Teo im vergangenen Jahr einen Neustart hinlegen. Kozuch, 32, hat zwar auch schon eine eindrucksvolle Karriere hinter sich, nur in einer anderen Sportart: Sie bestritt 336 Länderspiele im Hallenvolleyball, ist erst seit zwei Jahren Beachvolleyballerin und hat längst gemerkt: Sand ist etwas anderes als ein Hallenboden, und sportlicher Druck in einem Zweierteam ist heftiger als im ihr vertrauten Volleyball.

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Die einst beste Hallenangreiferin, Kozuch, und die dominierende Abwehrspielerin im Sand, Ludwig, zu einem Team zu formen, gilt als eines der größten Experimente im deutschen Beachvolleyball. Auch die Techniken ähneln sich ja nur auf den ersten Blick. Im Sand kommt es mehr auf taktische Aufschläge, auf gefühlvolle Drive-Schläge, auf Spielwitz und Antizipation an. Die Frage ist: Reicht die Zeit, damit sich Kozuch die nötige Wettkampfhärte zulegen kann? Und wird Ludwig, die Mutter, wieder so konkurrenzfähig wie früher? Ihr Vorbild ist die US-Amerikanerin Kerri Walsh. Die Olympiasiegerin von 2004 und 2008 holte als Mutter 2012 in London noch mal Gold und gewann 2016 in Rio immerhin Bronze. Möglich ist die Rückkehr also, aber sie ist schwerer als gedacht.

Derzeit sagt Trainer Jürgen Wagner über das Team Ludwig/Kozuch, ihm fehle die Stabilität. In guten Momenten blitze schon mal die Weltklasse auf, aber nichts koste mehr Energie, als sich auf die Eigenarten eines neuen Partners einzustellen. Wagner, 63, muss es wissen, vor Ludwig/Walkenhorst hat er mit seinem Stab 2012 auch Jonas Reckermann und Julius Brink zu Olympiasiegern gemacht. Doch die Zeit rinnt auch ihm durch die Finger. Seit sechs Monaten arbeitet das neue Duo zusammen. Bis zum Olympiasieg Ludwigs mit Walkenhorst hatte Wagner dreieinhalb Jahre für die gemeinsame Arbeit, nun sind es bis Tokio 2020 nur noch 13 Monate.

Wagner ist dafür bekannt, dass seine Schützlinge sich quasi neu erfinden, sich einen neuen Spielstil aneignen müssen, um bestmöglich zu harmonieren. Normalerweise sind es 150 kleine und größere Details, an denen er bastelt. Nun muss er zunächst mal vor allem an der Blockarbeit und der Athletik werkeln, an den Grundlagen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Weltmeisterin Ludwig mit Kozuch, die sie schon seit der Jugend-Nationalmannschaft kennt, bisher nur den 68. Platz in der Weltrangliste belegt und sich bei Turnieren ständig durch die Qualifikation kämpfen muss. Nur dank einer Wildcard dürfen sie an der WM teilnehmen.

Und noch ein Problem: Nicht die Neue, sondern "Laura ist der limitierende Faktor", sagt der DVV-Sportdirektor Beach, Niclas Hildebrand. Seit dem ersten Turnier dieser Saison spielen die Gegner eher über die erfahrene Ludwig. Denn deren Werte bei eigenem Angriff sind im Vergleich zur Weltspitze nicht mehr gut genug. "Sie ist von ihrem negativen Niveau überrascht worden, sie schafft es mental noch nicht, konstant zu spielen", urteilt Hildebrand. Zudem setze sie sich stark unter Druck, um der Welt zu zeigen, dass sie weiterhin die beste Abwehrspielerin ist. Kozuch wiederum spiele noch zu sehr mit Hallentechniken. "Wir hatten gehofft, dass das Anfangsniveau des Teams höher ist", sagt Hildebrand.

Helfen kann vielleicht die Psychologin Anett Szigeti, die schon an den Erfolgen von Ludwig und Walkenhorst beteiligt war und auch jetzt bei jedem Turnier dabei ist. Wobei Kozuch sich noch immer der Olympiasiegerin unterordnet, die "das Spiel besonders gut lesen kann", wie Trainer Wagner sagt. Wenn bei einer Partie die Strategie gewechselt werde, hat man ja nur wenige Sekunden, um sich zu einigen. Gleichwohl bleibt die Frage, ob es passen kann mit zwei so extrovertierten Spielerinnen. Die größten Erfolge haben sowohl Brink/Reckermann als auch Ludwig/Walkenhorst vielleicht auch deshalb erreicht, weil sie sehr gegensätzlich waren. "Mäggi", sagt Hildebrand, "ist ein komplett anderer Typ als Kira, die introvertierter ist."

Erst nach der WM kann man eine erste Bilanz ziehen auch für die anderen deutschen Frauen-Equipes. Durch Kozuchs Wechsel zu Ludwig hatte sich ja eine Spirale in Gang gesetzt, die nicht nur für gute Stimmung bei den Nationalteams sorgte. Kozuch war Partnerin von Karla Borger, die sich dann Julia Sude angelte. Deren Partnerin Chantal Laboureur blieb als Gelackmeierte übrig, obwohl sie mit Sude 2018 sogar kurz die Weltrangliste angeführt hatte. Nun spielt sie mit Sandra Ittlinger. Doch in dieser Saison suchen all die neu formierten deutschen Frauen-Nationalteams noch nach ihrer Form, im Gegensatz zu Julius Thole / Clemens Wickler bei den Männern, dem wohl aussichtsreichsten deutschen Duo bei dieser WM.

Am Freitag um 18 Uhr werden Ludwig und Kozuch erstmals aufschlagen. Gruppengegner sind die US-Amerikanerinnen Kelly Larsen und Emily Stockman, derzeit Nummer elf der Welt, später die Brasilianerinnen Maria Antonelli und Carolina Solberg Salgado (Nummer neun) und die Außenseiterinnen aus Nigeria, Tochukwu Nnoruga / Francisca Ikhiede. Jürgen Wagner sieht die Auslosung nicht als Glücksfall an. Für ihn wäre schon das Viertelfinale ein großer Erfolg. So ist das, wenn man wieder ganz von vorne anfängt.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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