FC Bayern in den USA:Dahoam in Hollywood

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  • Die USA-Reise des FC Bayern beginnt in Carson bei Los Angeles, wo dieser Tage ein Test gegen Arsenal ansteht.
  • Doch die Hauptfiguren des Münchner Transfersommers fehlen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Der FC Bayern nächtigt beim ersten Stopp seiner USA-Reise im Four Seasons in Beverly Hills, das neben dem Chateau Marmont auf dem Sunset Boulevard als wichtigste Begegnungsstätte dieser Stadt gilt. Wer etwas vermarkten will in Hollywood, der mietet hier ein paar Zimmer oder ein Stockwerk - vor ein paar Tagen zum Beispiel waren Brad Pitt und Leonardo DiCaprio anlässlich des Films "Once Upon a Time in Hollywood" da. Und dann gibt es dort diese Interview-Marathons, bei denen Promis wie am Fließband vorgeführt werden. Danach soll eine Schauspielerin, ein Sänger oder eben ein Fußballverein berühmter sein als davor.

"Alle großen Klubs sind im Sommer unterwegs, es gibt dazu keine Alternative. Wir haben den Leitspruch: In Bayern zu Hause, in der Welt dahoam", sagt Karl-Heinz Rummenigge zu Beginn der Reise auf der Terrasse neben dem Hotelpool. Der Vorstandschef dieses Vereins, der früher mal FC Hollywood genannt wurde, erinnert an einen Kalifornien-Ausflug der Münchner 1977 und daran, dass es vor zehn Jahren gerade drei FC-Bayern-Fanklubs in den USA gab: "Heute sind es mehr als 150, da wächst also was heran." Während er das sagt, schlurfen einige Spieler durch die Lobby. Sie haben direkt nach der Landung trainiert, nun geht es zum Interview-Fließband mit US-Journalisten. Es geht darum, den FC Bayern berühmter zu machen auf diesem Kontinent.

FC Bayern in den USA
:Viele Namen im Gepäck

Mit Transferdebatten, aber ohne Salihamidzic und Hoeneß brechen die Münchner nach Amerika auf. Mit jedem Tag, an dem sie keinen neuen Profi vorzeigen können, steigt der Druck.

Sportlich ist der International Champions Cup für den FC Bayern trotz der Duelle mit renommierten Gegnern (FC Arsenal am Mittwoch in Carson bei Los Angeles, Real Madrid am Samstag in Houston, vier Tage später AC Mailand in Kansas City, Kansas) eher irrelevant - und doch dürfte die Reise interessant werden, weil der Bayern-Kader derzeit so wirkt wie eine Hollywood-Produktion, bei der die Casting-Abteilung ein paar Wochen vor Dreharbeiten-Beginn noch nach berühmten Darstellern sucht. "Wir haben eine gute Mannschaft", sagt Rummenigge rund 20 Mal, er sagt aber auch: "Es geht auf dem Transfermarkt gerade erst los." Und er sagt: "Ich bin überzeugt, dass wir eine gute Mannschaft haben werden." Zukunft, nicht Gegenwart.

Es ist deshalb interessant, wer am Montag nicht nach L.A. geflogen ist: Sportdirektor Hasan Salihamidzic dürfte mit möglichen Zugängen verhandeln, die Abwesenheit von Präsident Uli Hoeneß und Finanzchef Jan-Christian Dreesen kann als Hinweis darauf gewertet werden, dass es sich dabei um einen Akteur der Kategorie "Hauptdarsteller" handeln könnte - einen, der in Bayern zu Hause sein soll, aber in der Welt schon dahoam ist.

FC Bayern
:Rummenigge: "Sehe wenig Besseres in Europa"

Der Bayern-Boss schwärmt von der Mannschaft und begrüßt Kampfansagen des BVB - Lewandowski soll bald verlängern. In Stuttgart macht der Name Klinsmann die Runde.

Meldungen im Überblick

17 Spieler umfasst der Kader des FC Bayern derzeit. Das 18-jährige Sturmtalent Leon Dajaku, das die Bayern am Dienstag vom VfB Stuttgart verpflichteten, ist eher nicht gesuchte Nummer 18, sondern zunächst für die Drittliga-Mannschaft eingeplant. Jérôme Boateng und Renato Sanches wollen den Verein außerdem noch gerne verlassen. Die Verantwortlichen haben registriert, dass ihnen der Satz von Hoeneß im Februar ("Wenn Sie wüssten, was wir alles schon sicher haben...") an jedem Tag ohne Transferknüller vorgehalten wird. 118 Millionen Euro hat der Klub bislang investiert, davon 115 Millionen in die Verteidiger Lucas Hernández und Benjamin Pavard. Dazu könnte eine neue Abbuchung in Höhe von 40 Millionen Euro kommen, denn wie die spanische Zeitung Marca nun berichtete, soll sich Bayern mit dem spanischen U21-Europameister Marc Roca einig sein, der im zentralen Mittelfeld agiert. Dessen Verein Espanyol Barcelona will den 22-Jährigen offenbar aber nur gegen die festgeschriebene Ablöse (40 Mio.) aus dem Vertrag entlassen, der noch bis 2022 läuft. Ob Roca indes schon jener Akteur der Kategorie "Hauptdarsteller" wäre, bleibt abzuwarten. In jedem Fall steht der FC Bayern vor einer Vertragsverlängerung mit Robert Lewandowski (Rummenigge: "Er kann noch ein paar Jahre auf höchstem Niveau spielen - so einen Spieler gibt man nicht ab"), was noch fehlt, das sind Spektakel-Spieler wie Arjen Robben und Franck Ribéry, und sie haben in München schon bemerkt, dass Borussia Dortmund gerade zwei dieser Flügelflitzer (Thorgan Hazard und Julian Brandt) verpflichtet hat. Die Dortmunder sind am Montag ebenfalls in den USA gelandet, mit 26 Spielern, sie werden am Mittwoch in Seattle gegen die Sounders spielen und am Freitag in South Bend gegen den FC Liverpool. Das Saisonziel des BVB: der Gewinn der deutschen Meisterschaft. "Wir freuen uns über Konkurrenz und über emotionale Duelle, da ist es absolut korrekt, wenn Dortmund solche Ansprüche anmeldet", sagt Rummenigge. Natürlich wird Bayern in der kommenden Saison versuchen, zum achten Mal nacheinander den Bundesliga-Titel zu gewinnen - bedeutsamer sind aber die Spiele auf europäischem Parkett. "Wir sind in der vergangenen Saison die eine oder andere Runde zu früh ausgeschieden", sagt Rummenigge.

Der FC Bayern will keine Spieler verpflichten, mit denen man deutscher Meister werden kann, sondern Leute, mit denen sie in der Champions League mindestens das Halbfinale erreichen, so wie sieben Mal in den vergangenen zehn Jahren. Sie wollen Pitt-DiCaprio-Berühmtheiten, und sie warten nun auf den Dominoeffekt, diesen einen Transfer, der alles andere in Bewegung setzt. Nur: Könnte es sein, dass auch die wechselwilligen Spieler auf diesen Dominoeffekt warten? Dass wie bei Film-Produktionen in Hollywood der eine Star erst dann mitmacht, wenn auch der andere zusagt? Dass ein Akteur der Kategorie "Hauptdarsteller" erst dann nach München kommt, wenn er weiß, dass diese Produktion aufgrund prominenter Mitspieler bedeutsame Auszeichnungen verspricht?

"Ich habe keine Angst", sagt Rummenigge: "Wir werden eine gute Mannschaft haben, bange machen gilt nicht." Dann schaut er von der Terrasse im Four Seasons hinüber in Richtung Rodeo Drive. Dort wird beinahe alles feilgeboten, was unfassbar viel Geld kostet - nur halt keine Fußballspieler.

© SZ vom 17.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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