Odriozola beim FC Bayern:Ein seitenverkehrter Bernat

Bayern an Real-Profi Alvaro Odriozola interessiert

Alvaro Odriozola bei seiner Vorstellung in Madrid 2018.

(Foto: dpa)
  • Der FC Bayern wird Rechtsverteidiger Alvaro Odriozola von Real Madrid bis zum Sommer ausleihen.
  • Bei Real konnte er sich nicht durchsetzen und kam in dieser Saison nur auf vier Erstligaspiele.
  • In München rühmt man seine Schnelligkeit. Trotz Schwächen verleiht er Trainer Hansi Flick die gewünschten Optionen.

Von Javier Cáceres und Christof Kneer

Am Mittwoch spielt Real Madrid im Pokal bei Unionistas de Salamanca, was die Spieler des spanischen Rekordmeisters vor eine besondere Herausforderung stellt. Weniger in sportlicher Hinsicht, Salamanca ist Drittligist. Sondern eher, weil die dort ansässigen Spieler wissen, dass der langsamste unter der Dusche nur noch kaltes Wasser erwischt. Einer der Real-Spieler, die es besonders schnell unter die Dusche schaffen könnten, wird in Salamanca aber nicht mehr dabei sein: Rechtsverteidiger Alvaro Odriozola, 24, wurde vom Abschlusstraining freigestellt, Real verleiht ihn - der Sprinter geht zum FC Bayern, wie der Klub am Mittwoch bestätigte, wo der Rechtsverteidiger eine jener Kaderoptionen sein soll, die sich Trainer Hansi Flick zuletzt öffentlich und nicht öffentlich gewünscht hatte.

Zuletzt waren auch noch Athletic Bilbao und der FC Sevilla als mögliche Abnehmer für Odriozola genannt worden, aber bei Athletic haben sie das gleich ins Reich der Fabeln verwiesen, und bei Sevilla hieß es, dass man sich um den Spieler nicht verkämpfen würde. Man würde ihn nur holen, wenn die Konditionen stimmen. Als sie in Sevilla hörten, dass der FC Bayern den Preis treiben würde, stiegen sie aus.

Odriozola spielte in Madrid in anderthalb Jahren kaum eine Rolle

Dass Real Madrid bereit ist, einen Spieler an einen Champions-League-Konkurrenten abzugeben, ist nur auf den ersten Blick überraschend. Odriozola spielte in Madrid in anderthalb Jahren kaum eine Rolle. Er war 2018 zu Real gekommen, für 35 Millionen Euro - damals wurde gerade Julen Lopetegui Trainer bei Real, der Odriozola schon als spanischer Nationaltrainer gefördert und für die WM 2018 berufen hatte. Als Lopetegui aber noch vor der WM als Nationalcoach geschasst wurde und die Spanier im Turnier wegen Carvajals Ausfall rechts hinten Bedarf hatten, spielte nicht Odriozola, sondern Nacho.

Dasselbe wiederholte sich im Klub. Auch bei Real kam Odriozola nie an Carvajal vorbei, und falls der mal unpässlich war, zog Trainer Zinédine Zidane sowohl den gelernten Innenverteidiger Nacho als auch den gelernten Stürmer Lucas Vázquez vor. In der Hinterhand hatte Zidane auch noch den Brasilianer Militão. Hart gesagt ist es also so: Sportchef Hasan Salihamidzic hat den Bayern den fünften Rechtsverteidiger von Real Madrid gesichert. In dieser Saison kam Odriozola nur auf vier Erstligaspiele, einige auffällige Abwehrfehler und eine rote Karte nagten an seinem Selbstvertrauen und stärkten nicht gerade das Vertrauen von Trainer Zidane.

Dennoch haben sie in München die Fantasie, dass dieser Spieler ihnen weiterhilft - auch wenn er technisch und taktisch eher als mittelbegabt gilt. Zu den Schwächen, die Odriozola bei Real offenbarte, gehörte etwa sein Mangel an Kontrolle über das, was sich in seinem Rücken abspielte. Wobei mildernde Umstände gelten: Kaum einer hat einen undankbareren Job als ein Verteidiger beim stets nach vorne ausgerichteten Real Madrid. Härter als der Job bei seinem Stammklub Real Sociedad San Sebastián - der Opa machte ihn dort als Kleinkind zum Mitglied - war er allemal.

Bei den Bayern rühmen sie die herausragende Grundschnelligkeit des Neuen

Zu Odriozolas Stärken zählt indessen, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit einer der ersten wäre, der im Sprint bei den warmen Duschen ankommt. Bei den Bayern rühmen sie vorab schon mal die herausragende Schnelligkeit des Neuen, er könnte mit Alphonso Davies auf der gegenüberliegenden Seite ein rasendes Außenverteidiger-Pärchen bilden. Auch die Qualität seiner Flanken gilt als überdurchschnittlich. Eine Art seitenverkehrter Juan Bernat sei dieser Odriozola, sagen sie in Spanien, nur vielleicht nicht ganz auf dessen Niveau.

Einstweilen ist dem Sportchef Salihamidzic also etwas Ähnliches gelungen wie im Sommer mit der Leihe des Brasilianers Coutinho. Er hat Spieler geholt, deren Namen die Öffentlichkeit erst mal beruhigen werden - auch weil die abgebenden Vereine so cool klingen. Wer wie Coutinho und Odriozola in Barcelona und Madrid war, muss doch ein Riesentyp sein, oder?

Talent Nicolas Kühn soll auch kommen - zunächst fürs Drittliga-Team

Es sind keine leichten Tage für Salihamidzic. Er steht öffentlich unter Druck, er muss seinem Trainer Wünsche erfüllen, die Kandidaten müssen im Winter verfügbar und trotzdem gut genug für Bayern sein. Und kosten sollten sie wenig oder lieber gar nichts, um die für den Sommer vorgesehene Transferoffensive nicht zu belasten. Unter diesen Umständen könnte auch Reals fünfter Rechtsverteidiger eine taugliche Personalie sein, immerhin verleiht Odriozola dem Trainer Flick mehr Handlungsfreiheit. Bislang hatte Flick zwei Rechtsverteidiger-Kandidaten, aber den einen (Joshua Kimmich) will er dauerhaft ins Mittelfeld umziehen lassen, und den anderen (Benjamin Pavard) braucht er wegen des akuten Innenverteidiger-Schwunds zunehmend im Abwehrzentrum. Flick könnte sich gut noch einen weiteren neuen Defensivspieler im Kader vorstellen, aber ob er den bewilligt bekommt, ist offen.

Dafür wird Hansi Flick wohl bald ein Talent begrüßen dürfen, das er schon vielversprechend fand, als er noch nicht im Entferntesten daran dachte, jemals Bayern-Trainer zu werden. Als Flick noch Geschäftsführer in Hoffenheim war, hat er mal (vergeblich) versucht, einen damals 17-jährigen Stürmer namens Nicolas Kühn aus Leipzig zu holen. Kühn ging dann zu Ajax Amsterdam, wo er seither in der zweiten Mannschaft glänzt. Kühn, aktueller Inhaber der goldenen Fritz-Walter-Medaille als bestes deutsches U 19-Talent, soll auch nach München kommen, erst mal für Bayerns Drittliga-Elf. Aber er kann sich darauf verlassen, dass der Profi-Trainer Flick ihn wohlwollend im Auge behalten wird.

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