Bayern gegen Leipzig:Zwei Halbzeiten, zwei völlig verschiedene Spiele

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Mit der ersten Halbzeit endete vorläufig auch die Überlegenheit der Bayern. (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern kommt zu Hause gegen RB Leipzig nicht über ein 0:0 hinaus, verteidigt aber die Tabellenführung.
  • Die Münchner dominieren die erste Halbzeit, die Gäste kontern. Doch nach der Pause beginnt ein völlig anderes Spiel.
  • Hier geht es zur Tabelle der Bundesliga.

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Dani Olmo sah das weite, leere Grün, er sah die Verheißungen schon vor sich, und das war sein Problem. Er sah nicht, was hinter ihm war. Olmo, der Offensivspieler von RB Leipzig, rannte auf das Tor des FC Bayern zu, vor ihm der Ball und der Torwart Manuel Neuer, neben ihm zwei Mitspieler und nur ein Verteidiger. Die Aussicht auf ein Tor, sie kann nicht viel besser werden; Olmo musste sich nur noch für eine Option entscheiden. Doch ein paar Meter hinter Olmo rannte Alphonso Davies los. Mit jedem Schritt beschleunigte Davies, er rückte Olmo näher und näher. Als Olmo endlich am Ball angekommen war, war dieser eigentlich schon wieder weg. Davies hatte ihn sich zuerst geschnappt. Das Stadion applaudierte.

Nicht einmal vier Minuten waren gespielt, als Olmo vom Fahrtwind von Davies' Siebenmeilenschritten abgekühlt wurde, und doch hatte dieses Spitzenspiel am Sonntagabend zwischen dem FC Bayern und Leipzig nun schon seine Geschichte. Da war eine Mannschaft, die überwiegend den Ball hatte, die damit auch einige kluge Dinge anstellte; das war der FC Bayern. Und da war eine Mannschaft, die lauerte, mal weiter hinten, mal weiter vorne, und die dann losstürmte, wie ein Rudel Windhunde. Und die Geschichte dieses Sprints in der vierten Minute war auch die Geschichte dieses Spiels: Das Duell des Tabellenersten gegen den Tabellenzweiten, es war ausgeglichen. Und blieb torlos.

Dieses 0:0 verdiente es dennoch, als eine Spitzenpartie bezeichnet zu werden, auf dem Rasen fand ein ernsthaftes Kräftemessen statt, beide Teams setzten ganz auf ihre jeweiligen Stärken, und so entwickelte sich eine Begegnung, die in jeder Minute, bei jedem Ballkontakt in die eine oder in die andere Richtung hätte kippen können. Durch das Unentschieden hat der FC Bayern weiterhin einen Punkt Vorsprung auf seinen ersten Verfolger.

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Bayern-Trainer Hansi Flick hatte wie erwartet seine Elf auf zwei Positionen verändert, für Corentin Tolisso und Philippe Coutinho spielten Thiago Alcántara und Leon Goretzka. Es war eine Aufstellung, wie sie sich Flick nicht besser bauen kann für seine Vorwärtsverteidigung, für seinen zügigen, dynamischen Ballbesitzfußball. Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann baute seine Elf gleich auf vier Positionen um, seine taktische Marschroute war auch klar: Er setzte ganz auf Geschwindigkeit, auf schnelle Gegenangriffe durch die flinken Timo Werner und Christopher Nkunku, unterstützt von Marcel Sabitzer und eben Olmo. Er habe eine Mannschaft, die "schnell umschalten" könne, sagte Nagelsmann vor dem Anpfiff, und da hätten die Bayern in den vergangenen Wochen "nicht immer gut ausgesehen".

Wie sich die Gäste das vorstellt hatten, das war dann bereits in der vierten Minute zu erkennen. Aber Davies' Schritte waren eben schneller als Olmos Gedanken.

Die Bayern bestimmten dennoch die ersten Minuten. Teils drängten sie mit ihren Pässen die Leipziger nach hinten, teils zogen sich diese freiwillig zurück. Thiago scheiterte mit einem Schlenzer an Peter Gulasci (5.), Dayot Upamecano klärte vor Thomas Müller (10.), Marcel Halstenberg räumte im eigenen Strafraum auf (11.). Doch in diesen Minuten deutete sich auch schon an, wie zäh dieser Abend für die Münchner werden würde. Die Leipziger verdichteten die Mitte, manchmal verteidigten sie zu fünft an der Strafraumgrenze. Die Bayern kamen zwar zu Gelegenheiten, aber selten zu wirklich klaren. Die beste Chance in der ersten Hälfte hatte Robert Lewandowski, doch dessen Schuss aus spitzem Winkel wehrte Upamecano ab (39.).

Leipzig schaute sich den Münchner Fußball knapp 20 Minuten lang interessiert an, konzentrierte sich zunächst auf Konter. Nach der Hälfte der ersten Halbzeit schoben die Gästen aber weiter nach vorne, sie kamen nun selbst vermehrt zu Strafraumszenen, in der 24. Minute zum Beispiel lief der Ball über Nkunku, Olmo und Sabitzer am Sechzehnmeterraum entlang zu Werner, der aber vorbeischoss.

Dann endete die erste Halbzeit, die zweite begann. Es begann ein anderes Spiel.

Plötzlich ging es wild hin und her

Leipzig setzte weiter auf Geschwindigkeit, aber nun aktiver, mit dem Willen, selbst das Spiel zu gestalten. Eine knappe halbe Minute war in der zweiten Halbzeit gespielt, da hatte Sabitzer im Strafraum viel Platz - er schoss über das Tor. Sinnbildlich für die neue Leipziger Dynamik war eine Szene zwei Minuten später: David Alaba spielte den Ball zu kurz zu Neuer zurück, Tyler Adams wäre fast dazwischen gesprintet. Eine weitere Minute später rannte Neuer raus, kam aber nicht an den Ball - Alaba warf sich noch in einen Schuss von Werner.

Das Spiel war nun nicht mehr geprägt von taktischen Fesseln, es ging wilder hin und her, auch die Bayern hatten nun Platz für Konter. In der 54. Minute legte sich Lewandowski den Ball auf dem Elfmeterpunkt zurecht, er war von Upamecano gefoult worden. Doch er durfte nicht schießen, die Szene wurde vom Videoschiedsrichter überprüft - Lewandowski war auch im Abseits gestanden.

Weiterhin beschäftigten die Leipziger mit ihrem Tempo die Münchner Abwehr, in der 63. Minute legte Nkunku den Ball quer, Werner stand völlig frei vor Neuer; es war die beste Chance des Spiels. Werner schoss vorbei. Dann beruhigte sich die Partie ein wenig, beide Mannschaften kontrollierten nun die eigene Abwehr; die Bayern hatten wieder mehr Ballbesitz. In der 80. Minute stand noch einmal Goretzka frei vor Gulasci, doch der RB-Torwart lenkte den Ball mit den Fingerspitzen zur Ecke.

Und so endete das Spiel dann doch so, wie es angefangen hatte. Die Bayern hatten den Ball, die Leipziger konterten, und so schalteten sie sich gegenseitig auf hohem Niveau aus.

"Ich bin mit unserem Auftritt grundsätzlich zufrieden", sagte Nagelsmann anschließend. Leipzigs Trainer nahm viel Selbstvertrauen mit aus diesem Spiel, er resümierte für sich: "In der zweiten Hälfte hatten wir die deutlich klareren Chancen und hätten die Partie sogar gewinnen können." Flick bewertete das Remis ebenfalls als ein gerechtes Ergebnis: "Die erste Halbzeit hat mir sehr gut gefallen von meiner Mannschaft, besonders mit den ersten 25 Minuten war ich sehr zufrieden", sagte Bayerns Trainer, gab aber auch zu: "Danach ist uns etwas die Seriosität abhandengekommen, wir hatten auch Glück. Es ist ein harter Weg, dieses Jahr Meister zu werden."

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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