FC Bayern vor der Meisterschaft:Der mit Abstand seltsamste Titel

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Die jüngsten Triumphe begingen die Münchner Dauersieger eher routiniert, doch jetzt wirkt alles anders: Die Liga braucht Bilder eines hygienisch sauber ermittelten Meisters.

Von Christof Kneer

Diese Frage ist im Streit der Virologen bisher untergegangen: Hält sich das Virus im Weißbier? Oder, weitergedacht: Kann man Weißbier sicher machen, indem man es zum Beispiel chlort? In keiner Talkshow wurde das besprochen, man muss sagen: ein Versäumnis.

Ja, vielleicht ist es langweilig, wenn immer diejenigen den Titel feiern, die ihn im Jahr vorher und im Jahr vorher schon gefeiert haben, aber jetzt, da man auf so viele Bilder verzichten muss, merkt man erst, was man an ihnen hatte. Spieler, die mit erhobenen Humpen den Trainer jagen; Bosse, deren Frisuren vom Weißbier ruiniert werden; Klublegenden, die man beim feierlichen Aufmarsch studieren kann. (Ui, der hat aber eine Wampe gekriegt! Und schau, der könnt' ja noch mitspielen!)

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Während der FC Bayern vor seiner 30. Meisterschaft steht, ist aus Bremen nur ein weiterer chancenloser Ex-Rivale geworden - eine Geschichte von alter Größe und neuer Realität.

Von Ralf Wiegand

Der FC Bayern könnte am Dienstagabend Meister werden, ein Sieg in Bremen genügt. Es dürfte ein erheblicher Vorteil sein, dass der Titel eine Mannschaft trifft, die Titel gewohnt ist, denn das wäre ja sonst kaum auszuhalten: ein Team aus Dortmund oder Leipzig, das weder an Ort und Stelle feiern kann noch später auf einem Markt- oder sonstigen Platz? Das nicht mal einen Abstandsautokorso in Auftrag geben darf, und wenn, dann nur mit Autos, die im selben Hausstand wohnen?

Schon die jüngsten Bayern-Titel wurden eher routiniert begangen, aber die anstehende achte Meisterschaft in Serie (die 30. insgesamt) dürfte die mit Abstand seltsamste werden, die der FC Bayern je gefeiert (bzw: nicht gefeiert) hat.

Der FC Bayern wird mit Meistershirts den Titel feiern

Sollte es in Bremen passieren, wird irgendjemand die vorbereiteten Meistershirts zücken, das Weißbier wird entfallen, und dann, nach einer kleinen Armbeugenpolonaise vielleicht, werden sich Team, Trainerstab und handverlesene Funktionäre mit getrennten Bussen ins nahe gelegene Atlantic-Hotel fahren lassen, wo ein wenig gegessen und getrunken wird (Tische mit Abstand!). Uli Hoeneß werde auch zur Delegation gehören, heißt es, diese Art von Folklore wird vom DFL-Hygienekonzept keineswegs untersagt.

Die Bundesliga hat eine Vorbildrolle in Europa, der FC Bayern sowieso, da zählt jedes Bild. Das wichtigste Bild wird das mit der Meisterschale sein, die Bundesliga soll dabei den Vollzug des Wettbewerbs, aber eben auch einen hygienisch sauber ermittelten Meister dokumentieren. Noch ist nicht klar, wann und wo die Schale überreicht wird (Tendenz: 34. Spieltag in Wolfsburg), aber Christian Seifert, der Bote von der DFL, wird dann entweder einen Mundschutz tragen oder frisch getestet sein müssen. Bilder vom Rathausbalkon dagegen dürften dieses Jahr kaum schicklich sein - wohl auch nicht Ende August, nach dem Ende der Champions League.

© SZ vom 16.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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