Deutschland gegen Japan:Basketball aus der Vogelperspektive

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Schöne Szene, aus dem fünften Stock der Okinawa Arena aber nicht wirklich gut zu erkennen. (Foto: Alexander Trienitz/imago)

In Japan sprechen sogar die Toiletten, aber in der Hightech-Halle in Okinawa funktioniert das Wlan nicht.

Glosse von Ralf Tögel, Okinawa

"Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen", das wusste schon der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe. Und je ferner das Ziel, desto mehr erweitert sich der eigene Horizont. Im fernen Japan auf der wunderschönen Insel Okinawa, einem beliebten Ferienziel für geplagte japanische Großstädter, bleiben neue, eindrückliche Erfahrungen erwartungsgemäß nicht lange aus. Suppe und roher Fisch zum Frühstück, ein Tauchbecken für geschundene Füße vor der Hotellobby - oder weltmeisterlicher Basketball aus der Vogelperspektive.

Eigentlich erwartet man in diesem hoch technisierten Land, in dem Aufzüge und Türschlösser sprechen und sogar die Toiletten in einen Dialog mit ihren Benutzern treten, eine stabile Internetverbindung. Zumal in der schicken Okinawa Arena, einer brandneuen Multifunktionshalle, Eröffnung war vor ziemlich genau zwei Jahren. Sie wurde von Co-Gastgeber Japan auserkoren als einer der Austragungsorte für die Basketball-Weltmeisterschaft, die außerdem in Indonesien und auf den Philippinen stattfindet; genauer gesagt für die Vorrundenspiele der Gruppen E und F, und in erstgenannter spielt bekanntermaßen auch das deutsche Team. Doch genau hier, in diesem 10 000 Zuschauer fassenden Bauwerk, bekommt das Tech-Image des Landes einen ziemlichen Kratzer.

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Von Ralf Tögel

Zunächst einmal wurde der Arbeitsbereich für die Medien weit oben im fünften Stock der Arena eingerichtet, in einer Räumlichkeit, die sonst wohl für Veranstaltungen aller Art dient und durch dicke, bodentiefe Glasscheiben gesichert ist, damit niemand in die Tiefe stürzen möge. Ein bisschen weit weg vom Geschehen da unten auf der Spielfläche, könnte man meinen, aber das ist kein Problem, schließlich sind für die tippende Zunft ja noch Arbeitsplätze in der Arena reserviert.

Was sich bei Inbetriebnahme dann aber doch als wenig praktikabel erweist: Das Wlan, das zu Hause (wo das Image der hoch technisierten Nation nicht erst seit der Deutschen Bahn ganz schön gelitten hat) gefühlt in jeder größeren Schulturnhalle funktioniert, will in der Okinawa-Hightech-Arena so gar keine Verbindung herstellen. Auch der lapidare Hinweis des veranstaltenden Weltverbandes Fiba, man möge doch einfach auf eine Kabelverbindung zurückgreifen, ist bedingt tauglich, da es für drei Arbeitsplätze nur ein Kabel gibt.

Da schwinden selbst die körperlichen Nachteile der Japaner

Also schnellstens zurück nach oben unters Hallendach, wo es mehr Anschlüsse und damit auch eine Verbindung zur heimatlichen Redaktion gibt. Doch auch das ist leichter gesagt als getan: Zwar steht gefühlt alle zehn Meter ein Volunteer oder eine Volunteerin herum, der oder die eifrig überprüft, ob man die zugewiesenen Pfade auch ja nicht verlassen hat; den Weg aber können sie entweder nicht weisen oder sie verstehen kein Englisch. Irgendwann doch oben angekommen, ist der Zeitdruck bereits beträchtlich, aber gut, immerhin kann man nun anfangen zu arbeiten. Von wegen. Kaum steht die Verbindung, wird man wieder von seinem Platz vertrieben: Er ist reserviert für Right Holder, was auch immer damit gemeint ist.

Eine halbe Ewigkeit später ist dann endlich ein freier Platz mit einigermaßen freiem Blick und Internetkabel gefunden. Die Verbindung ist zwar nicht sonderlich stabil, dafür ist die Sicht einzigartig: Basketball aus der Vogelperspektive, Dennis Schröder von ganz oben. Da schwinden selbst die gerade noch so augenscheinlichen körperlichen Nachteile der Japaner: Der 1,67 Meter große Yuki Togashi, der gerade noch neben dem 2,11-Meter-Riesen Johannes Voigtmann wie ein Jugendspieler aussah, wirkt von hier oben gar nicht mehr so viel kleiner.

Und der Datentransfer gelingt dann auch noch in letzter Sekunde. Der Leser ist bedient. Der Autor auch.

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