Basketball-Nationalspieler Lucca Staiger:"So tickt eben der FC Bayern"

Lesezeit: 3 min

"Wenn da Hoeneß, Schweinsteiger oder Guardiola sitzen, ist zu spüren, dass der Klub eng zusammenhält": Lucca Staiger vom FC Bayern. (Foto: imago sportfotodienst)

Die Bayern-Basketballer starten in die Saison - und er soll eine der prägenden Figuren werden: Im Interview spricht Nationalspieler Lucca Staiger über den Wahnsinn des teuren Münchner Projekts, den besonderen Erwartungsdruck und das Gefühl, plötzlich vor Pep Guardiola zu spielen.

Von Jonas Beckenkamp

Lucca Staiger (25) hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Obwohl er bei den Neckar Riesen Ludwigsburg regelmäßig viele Punkte erzielte, konnte er den Abstieg aus der Basketball-Bundesliga nicht verhindern. Der 1,95 Meter große Flügelspieler suchte eine neue Aufgabe und fand sie ausgerechnet in München, wo die Bayern noch einmal kräftig aufrüsteten. Staiger, der im September mit dem Nationalteam an der EM teilnahm, passt dort gut ins Gefüge, denn er kann vor allem eines: den Dreipunktewurf - in diesem Segment fehlte dem FCB bisher das Personal. An der Seite der DBB-Kollegen Heiko Schaffartzik und Robin Benzing soll Staiger der Mannschaft ein einheimisches Gesicht geben, denn noch immer dominieren in der BBL vor allem ausländische Profis.

SZ.de: Im Netz kursiert ein Video aus ihrer Zeit am College. 2009 trafen Sie in einem Spiel zehn Dreier. Nicht schlecht!

Lucca Staiger: Ja, ich habe mir das früher auch öfter angeschaut. Aber das ist lange her, mittlerweile ist das fast schon vergessen.

Sie sind bei den Bayern einer von insgesamt neun Zugängen. Wie oft müssen Sie die Kollegen noch nach dem Namen fragen?

Ich glaube, ich habe alle Namen drauf, obwohl ich selbst erst seit knapp zwei Wochen hier bin.

Saisoneröffnung der Bayern-Basketballer
:Am besten zweimal auf den Balkon

Acht namhafte Zugänge und jede Menge Ambition: Der FC Bayern und Präsident Uli Hoeneß haben für Trainer Svetislav Pesic ein neues Basketball-Team nach dessen Wünschen zusammengestellt - das Ziel ist die Meisterschaft. Mit dieser Mannschaft sind große Erfolge beinahe Pflicht.

Von Ralf Tögel

Welchen Eindruck macht der Basketball-Standort München bisher auf Sie?

Es ist schon Wahnsinn, was hier los ist. Ich fühle mich sehr wohl, alles läuft höchst professionell in diesem Verein.

Sie kommen gerade von der EM in Slowenien - wie haben Ihre Kollegen auf das expandierende Münchner Basketball-Projekt reagiert?

Natürlich wird viel geredet. Die meisten haben sich für mich gefreut. Aber klar: Es werden auch Witze gemacht. Da gibt es verschiedenste Reaktionen. Neidisch oder missgünstig ist zum Glück keiner.

Der FC Bayern besitzt eine tiefe Tradition des "Mia san mia." Merken Sie als neuer Spieler sowas?

Auf jeden Fall. Bei unserem Testspiel gegen Barcelona war die halbe Fußballmannschaft unter den Zuschauern - wenn da Hoeneß, Schweinsteiger oder Guardiola sitzen, ist zu spüren, dass der Klub eng zusammenhält. Nur so funktioniert ein großer Klub. Ich hoffe, dass wir Basketballer die Gelegenheit bekommen, auch die Fußballer zu unterstützen.

So lange gibt es die Basketball-Abteilung ja noch nicht. Was hat Sie trotz fehlender Tradition zum Wechsel an die Isar bewegt?

Da gibt es viele Gründe. Zum einen freut es mich, unter Trainer Pesic zu spielen, den ich aus der Nationalmannschaft kenne. Ihm habe ich viel zu verdanken, weil er mir damals nach einer schwierigen Zeit in Berlin (Staiger saß bei Alba oft auf der Bank, d. Red.) wieder Vertrauen gab - so kam ich aus meinem Loch heraus. Zum anderen natürlich die Marke FC Bayern. Dieser Verein hat einen Riesennamen, das ist eine enorme Herausforderung. Außerdem wollte ich unbedingt Euroleague spielen.

Dass der FCB mit einem teuren Team die Meisterschaft erzwingen will, finden nicht alle gut.

Aber Berlin hat zum Beispiel auch fast eine komplett neue Mannschaft aus Spielern zusammengekauft, die von anderen Klubs kamen. Ich wüsste nicht, warum das bei uns negativ sein sollte. Es pusht den Basketball hierzulande ungemein, wenn so ein bekannter Verein plötzlich mitmischt. Und es ist doch logisch, dass man hier "groß" denkt. So tickt eben der FC Bayern.

Mit dem aktuellen Kader ist die Meisterschaft Pflicht, auch der Präsident formuliert hohe Ziele. Haben Sie Bammel wegen der Erwartungen?

Wenn irgendein Spieler den Druck nicht aushalten würde, wäre er nicht hier. Unsere Mannschaft wurde so zusammengestellt, dass wir natürlich um die Meisterschaft mitspielen können. Die Verantwortlichen des Klubs und unsere Trainer haben schon ein Gespür dafür, wer für dieses Projekt geeignet ist.

Neues Basketball-Team in Hamburg
:"Das ist kein FC Rosenkohl"

Die Hamburg Towers wollen für die kommende Saison mit einer Wildcard in die Basketball-Bundesliga. Vom Projekt FC Bayern grenzen sich die Verantwortlichen allerdings ab. Statt mit Geld eines Großsponsors wollen es die Hamburger mit Jugendarbeit und Emotionen versuchen.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Im Gegensatz zu den seit Jahren eingespielten Bambergern muss Ihr Team erst zusammenwachsen.

Ja, einfach ist das nicht - vor allem, wenn man Zeitdruck hat. Aber wir sind Profis und wissen, was wir können. Auch menschlich passt es in unserer Mannschaft, hier hilft jeder dem anderen. Das macht das Kennenlernen und die Abstimmung leichter.

Uli Hoeneß will nicht zuletzt mit jungen Deutschen wie Ihnen eine "Corporate Identity" der Bayern-Basketballer erzeugen - ganz schön viel Verantwortung, oder?

Ich finde das gut, auch wenn ich mir nicht jeden Tag einen Kopf darüber mache, ob ich meiner Rolle als Markenträger gerecht werde. In erster Linie denke ich ans Basketballspielen.

Der Fußball hat Bayern-Idole wie Lahm oder Schweinsteiger hervorgebracht. Was fehlt im Basketball noch zu solchen Identifikationsfiguren?

Erfolg. Wenn wir gewinnen, kommen viele Leute zu unseren Spielen, dann ist die Halle ausverkauft. Wenn mehr Basketball im Fernsehen läuft, wächst die Popularität der Akteure. Nur mit gutem Sport können wir die Stadt und unsere Fans begeistern. Um eine Kontinuität im Teamgefüge zu entwickeln wie bei den Fußballern, braucht es aber auch Zeit.

Welche Rolle erhoffen Sie sich bei den Bayern? Bei der Konkurrenz wird es schwer, viele Minuten zu erhalten.

Ich bin ein guter Werfer und sehe mich als Option von draußen. Nicht zuletzt dafür hat mich der Klub geholt.

Bei Ihrer ersten Profistation in Berlin klappte das weniger gut. In der abgelaufenen Saison wurden Sie dann in Ludwigsburg mit einem Punkteschnitt von 12,2 bester deutscher BBL-Scorer - ist das Talent Lucca Staiger nun erwachsen?

Definitiv. In Ludwigsburg konnte ich zeigen, was ich drauf habe. Auch in der Nationalmannschaft klappt es mittlerweile viel besser ( bei der EM war Staiger einer der treffsichersten Deutschen, d. Red.). Jetzt muss ich versuchen, mich noch weiter zu steigern.

© Süddeutsche.de/jbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: