Basketball:Gestresst aus der Pause

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Mögliche Extraschicht: Andreas Obst (re., gegen Tel Avivs Scottie Wilbekin) erwägt, am Sonntag mit der Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation zu spielen. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Der FC Bayern steht im Euroleague-Heimspiel gegen ZSKA Moskau unter Zugzwang. Zudem ist fraglich, welche Spieler wieder in Vollbesitz ihrer Kräfte sind.

Von Ralf Tögel

Für die Spieler dürfte diese Neuigkeit unerheblich sein, nach allen Erkenntnissen zählt es zu den Ausnahmen, dass Basketball-Profis während eines Pflichtspiels feste Nahrung zu sich nehmen. Für den Verein ist die Neuerung schon eher von Bedeutung, bringt sie doch ein weiteres Stückchen Normalität in den Audi Dome zurück - und vielleicht ein paar Zuschauer mehr. Beim Euroleague-Heimspiel gegen ZSKA Moskau am Donnerstagabend (19 Uhr) ist den Zuschauern der Verzehr von Speisen und Getränken am Platz wieder erlaubt. Möglich machen es die neuen Zugangsregeln für Kultur- und Sportveranstaltungen der bayerischen Staatsregierung, die von der bisher geltenden 2G-Plus-Regel auf eine 2G-Regel abgeschwächt wurden. Fortan ist eine Booster-Impfung oder ein zusätzlicher Test nicht mehr obligatorisch, ein vollständiger Impfnachweis oder ein Genesenen-Status sind ausreichend für das Basketball-Vergnügen. Zudem reicht bei Schülern bis einschließlich 17 Jahren (vorher 14) das Vorzeigen eines Schülerausweises - wegen der regelmäßigen Testungen in der Schule.

Dass auch tatsächlich ein sportliches Vergnügen zu erwarten ist, dafür sollte allein schon der Gegner stehen. Denn der russische Serienmeister ZSKA Moskau ist eines jener Teams, das traditionell zur Elite in der europäischen Königsklasse zählt. Der ehemalige Armee-Sportklub aus der russischen Hauptstadt wird nach wie vor üppig subventioniert, zwar nicht mehr direkt vom Staat, aber über den Umweg staatlicher Großkonzerne. Wie üppig, das zeigt die Verpflichtung von Kevin Pangos am Mittwoch. Der Point Guard kommt aus der NBA von den Cleveland Cavaliers, wurde vergangene Saison zum besten Spielmacher der Euroleague gewählt und hat bei ZSKA bis 2024 unterschrieben. Das dürfte zum einen eine kostspielige Angelegenheit für den Klub sein, zum anderen untermauert es seine Ambitionen.

Die sind hoch, entsprechend liest sich die Kader-Liste, auf der die Namen diverser Topspieler wie Tornike Shengelia, Nikola Milutinov, Will Clyburn, Daniel Hackett, Alexey Shved und auch der deutsche Nationalmannschafts-Center Johannes Voigtmann zu finden sind. In welcher Formation die Gäste letztlich in München auflaufen werden, ist freilich in diesen Pandemie-Zeiten nie sicher, für Pangos dürfte ein Einsatz zu früh kommen. Bei den jüngsten Niederlagen in der Euroleague (75:84 bei Maccabi Tel Aviv) oder in der osteuropäischen VTB League (103:105 nach zweimaliger Verlängerung gegen den Euroleague-Konkurrenten Unics Kasan) fehlten jedenfalls ein paar illustre Namen auf dem Moskauer Statistikbogen.

Spannung garantiert: Moskau steht nach zwei Niederlagen unter Druck, die Bayern im Kampf um die Playoffs ebenfalls

Die Folge dieser beiden Pleiten ist jedenfalls, dass die Russen in München unter Druck stehen. Moskau ist derzeit mit 14 Siegen und zehn Niederlagen Tabellensechster in der europäischen Königsklasse - für dieses Team eine unbefriedigende Momentaufnahme. Das letzte Mal verpasste ZSKA das Final Four vor elf Jahren, der Einzug ins Halbfinale ist für den achtmaligen Titelträger folglich das Mindeste der Gefühle.

Die Münchner stehen vier Plätze schlechter und weisen zehn Spiele vor dem Ende der Hauptrunde eine Bilanz von 12:12 auf. Aber auch Bayern-Trainer Andrea Trinchieri weiß noch nicht, welche Besetzung er am Donnerstag auf das Spielfeld schicken kann. Zwar stehen bis auf Ognjen Jaramaz (Sprunggelenk) sowie die Dauerverletzten Paul Zipser und Darrun Hilliard alle Spieler wieder bereit, aber über einen Einsatz der nach einer Corona-Infektion zurückgekehrten Akteure wird erst eine gezielte medizinische Untersuchung entscheiden. Immerhin konnten sich die Bayern-Profis während der Pokal-Pause am Wochenende ein paar Tage erholen, der Titelverteidiger war bereits im Viertelfinale gegen Crailsheim ausgeschieden. Die Vorbereitung auf das Moskau-Spiel indes verlief nicht reibungslos, die zuvor in Quarantäne isolierten Spieler stellten den Trainer in Sachen Belastungssteuerung vor besondere Herausforderungen - Trinchieri musste praktisch in zwei Gruppen üben.

Aber es gibt auch gute Neuigkeiten aus dem Münchner Lager, Hilliard und Zipser trainieren bereits wieder individuell, eine Rückkehr auf das Parkett zeichnet sich langsam ab. Gerade Topscorer Hilliard wurde schmerzlich vermisst. Er hatte sein letztes Spiel vor seiner langwierigen Verletzung im Übrigen Ende November bei ZSKA Moskau absolviert - und war bei der knappen 72:74-Niederlage mit 28 Punkten der überragende Akteur auf dem Parkett. Ein Sieg im Rückspiel könnte folglich auch im Kampf um die acht Playoff-Plätze noch wichtig für die Münchner werden, denn bei Sieggleichheit entscheidet der direkte Vergleich.

Nach der Moskau-Partie haben die Münchner wieder eine knappe Woche Pause, weil die Bundesliga wegen der WM-Qualifikation pausiert. Die deutsche Auswahl trifft dabei zweimal auf Israel, am Freitag in Tel Aviv und am Sonntag in Heidelberg. Somit werden zumindest in Israel keine Nationalspieler des FC Bayern mitwirken können. Der Verein stellt seinen Spielern einen Einsatz im Nationalteam immer frei, wie Geschäftsführer Marko Pesic kürzlich im Gespräch mit der SZ erklärte. So könnte sich die Pause für Andreas Obst verkürzen, der nach SZ-Informationen erwägt, am Sonntag zu spielen. Danach werden die Bayern mit drei Heimspielen hintereinander - am Mittwoch gegen Hamburg, am Freitag gegen Piräus und am Sonntag gegen Bamberg - in den gewohnten Zweitagesrhythmus zurückkehren.

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