Basketball:Für die Ahnengalerie

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"Es liegt nicht in meinem Wesen, ich bin ein eher ruhiger Typ": Darrun Hilliard II fühlt sich nicht als geborene Führungspersönlichkeit, geht aber, wie hier gegen Barcelonas Brandon Davies (re.), trotzdem voran. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Darrun Hilliard II überzeugt bei der 72:80-Euroleague-Niederlage gegen Barcelona als einer von wenigen Bayern-Basketballern in der Offensive - und als fürsorglicher Familienvater.

Von Sebastian Winter

Darrun Hilliard II hatte noch nicht genug, und ohnehin auch eine kleine Verpflichtung als liebender Vater. Also lief der Guard der FC-Bayern-Basketballer am späten Donnerstagabend, lange nach dem Euroleague-Spiel gegen den FC Barcelona, noch einmal aufs Parkett. "Defense, Defense", rief er, doch sein zweijähriger Sohn lachte nur und rannte wieder weg. Jeden Tag trainiere er mit Darrun III, sagte Hilliard, was nun etwas verwirrend klang. Aber um die Ahnenreihe der Namensgleichen fortzuführen - bei Darrun IIIs Opa Darrun I begann sie - haben sie den Kleinen eben auch Darrun getauft. Der Einfachheit halber rufen sie ihn aber Tre.

Im Dezember kommt Tres kleine Schwester zur Welt, die Mama war mit im Audi Dome, und diese kleine Familiengeschichte weist auch darauf hin, dass sich Familie Hilliard ziemlich wohlfühlt in ihrer neuen Heimat München. Dass Hilliard, der Papa, an diesem Abend zuvor gegen den großen FC Barcelona eine ziemlich gute Figur gemacht hatte, passte zum gelungenen Abend. Nur das Ergebnis stimmte nicht. 72:80 (33:44) hatten die Bayern gegen das Starensemble aus Spanien verloren, der Finalist der vergangenen Euroleague-Saison hatte ihnen im zweiten und dritten Viertel die Grenzen aufgezeigt. "Wir hatten ein paar Fehler, kleine Missverständnisse, das dritte Viertel war ziemlich hart für uns. Aber wir haben gekämpft, es war eine gute Lektion für uns", sagte Hilliard. Mit 18 Punkten war er Topscorer nicht nur des FC Bayern, sondern des gesamten Spiels, besonders freute sich der 28-Jährige aber "über meine vier Steals".

Hilliard war einer der wenigen Bayern-Akteure, die die starke Defense Barcelonas durchbrechen konnten, neben Deshaun Thomas (14 Punkte, vier Rebounds) und Augustine Rubit (13 Punkte). Doch nach ihrer schnellen 13:7-Führung hatten die Münchner immer mehr Schwierigkeiten vor dem gegnerischen Korb, viele Turnovers, auch die Dreier-Quote passte nicht (35 zu 50 Prozent). "Und wenn man vorne nichts trifft, ist es sehr schwer, auf dem gleichen Level in der Defense zu bleiben", sagte ihr Trainer Andrea Trinchieri. In den letzten Minuten des zweiten Viertels ließen mehrere Ballverluste Barcelona davonziehen, der Vorsprung wuchs danach zwischenzeitlich auf 20 Punkte an.

Marko Pesic besuchte Hilliard in Spanien, um ihn zum FC Bayern zu lotsen

Hilliard und die anderen stemmten sich gegen die Niederlage, was die 3814 Zuschauer, die 582 Tage nach dem letzten Euroleague-Heimspiel vor Fans erstmals wieder den Audi Dome betreten durften, bejubelten. Immerhin fehlt den Münchnern, bei denen Gavin Schilling aufs Feld zurückkehrte, ja immer noch ein Quintett an wichtigen, aber verletzten und erkrankten Profis. Hilliard trieb jedenfalls seine Kollegen an, obwohl er von sich selbst sagt, nicht die geborene Führungspersönlichkeit zu sein: "Es liegt nicht in meinem Wesen, ich bin eher ein ruhiger Typ." Dafür hat er 91 Spiele in der NBA für Detroit und San Antonio absolviert.

Sein Weg nach München deutete sich schon vor zweieinhalb Jahren an. "Damals besuchte mich Marko Pesic in Vitoria, wo ich gerade das Final Four spielte. Ich spürte, dass er zuverlässig ist und weiß, wofür er steht. Ich hatte die Bayern von da an immer im Hinterkopf. Und meine Frau liebt München." Nach seinem Wechsel aus Spanien zu ZSKA Moskau wechselte er in diesem Sommer zu den Bayern, wo der 1,96-Meter-Mann einen Ein-Jahres-Vertrag mit Option auf Verlängerung unterzeichnete - und bislang einer der überzeugendsten Akteure ist.

Trotz seines starken Auftritts haben die Münchner nun auch ihr zweites Euroleague-Spiel verloren, kommende Woche stehen sie bei ihrer Russland-Reise nach Kasan und St. Petersburg bereits unter Druck. Da helfen auch die Komplimente nicht, die Barcelonas Trainer Sarunas Jasikevicius nach der Partie verteilte, als er sagte, "dass dies ein großer Sieg für uns ist, denn es kommen viele Teams nach München und sehr viele werden hier noch verlieren".

Zunächst einmal reist am Sonntag (15 Uhr) Braunschweig mit dem früheren Bayern-Guard Robin Amaize als Außenseiter zum Bundesliga-Spiel nach München, es gelten dann die neuen 3-G-Plus-Regeln. Auch die Maskenpflicht entfällt, was den Besuch des Spiels sicher angenehmer macht - auch für die Familie Hilliard.

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